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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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2C_523/2017
Urteil vom 3. Januar 2018
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Mayhall.
Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Nideröst,
gegen
Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.
Gegenstand
Niederlassungsbewilligung (Widerruf),
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. April 2017.
Erwägungen:
1.
A.________ (geboren 1971) ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste am 25. Februar 2002 in die Schweiz ein. Nach rechtskräftiger Abweisung seines am Tag der Einreise gestellten Asylgesuchs heiratete er am 8. Januar 2004 die Schweizerische Staatsangehörige B.________ (Jahrgang 1954), worauf ihm das kantonale Migrationsamt am 6. Februar 2004 eine Aufenthaltsbewilligung erteilte. Am 24. März 2009 erhielt er die Niederlassungsbewilligung. Mit Urteil vom 5. März 2010 wurde die Ehe geschieden. Am 7. August 2013 heiratete A.________ die Landsfrau C.________a (Jahrgang 1973), mit der er drei gemeinsame Kinder hat: die Zwillinge D.A.________ und E.A.________ (Jahrgang 2002) und F.A.________ (Jahrgang 2007). Mit Gesuchen vom 19. August 2013 und 18. November 2013 beantragte die Ehefrau von A.________ die Bewilligung der Einreise für sich und die drei Kinder zum Verbleib beim Ehemann bzw. beim Vater. Das kantonale Migrationsamt widerrief am 17. November 2015 die Niederlassungsbewilligung von A.________, setzte ihm eine Ausreisefrist an und wies das Gesuch um Einreisebewilligung der Ehefrau und der Kinder ab. Nach erfolglosem Rechtsmittelverfahren vor der kantonalen Sicherheitsdirektion wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde von A.________ mit Urteil vom 19. April 2017 ab.
2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. Juni 2017 gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführersist zulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario; BGE 135 II 1 E. 1.2.1), aber offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren unter Verweisung auf den angefochtenen Entscheid nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG abgewiesen wird. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist insoweit unzulässig (Art. 113 BGG). Prinzipiell zulässig wäre sie, soweit sie sich mit spezifischen Verfassungsrügen gegen die Wegweisung richten würde (Art. 83 lit. c Ziff. 4 und Art. 116 BGG; BGE 137 II 305 E. 1.1 S. 307), wozu in der Beschwerde jedoch nichts vorgebracht wird, weshalb darauf nicht einzutreten ist.
2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann unter anderem widerrufen werden, wenn die ausländische Person oder ihr Vertreter im Bewilligungsverfahren falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. a des Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005 [AuG; SR 142.20]) in der zeitlich massgeblichen Fassung). Der entsprechende Widerrufsgrund gilt nicht (mehr) für Niedergelassene, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufgehalten haben (vgl. Art. 63 Abs. 2 AuG), wobei als ordnungsgemäss der ausdrücklich bewilligte bzw. aus bürgerrechtlichen Gründen nicht bewilligungspflichtige Aufenthalt gilt, nicht hingegen die Anwesenheit einer weggewiesenen Person, von deren zwangsweisem Vollzug der Wegweisung die Behörde (vorerst noch) abgesehen hat (Urteil 2C_1115/2015 vom 20. Juli 2016 E. 3.3.2). Auf den Beschwerdeführer, dem am 6. Februar 2004 die erste ordentliche Aufenthaltsbewilligung erteilt und dessen Niederlassungsbewilligung mit Verfügung vom 17. November 2015 widerrufen wurde, findet dieser Widerrufsgrund noch Anwendung.
2.2. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht, die gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. a AuG zum Widerruf der Bewilligung führen kann, liegt vor, wenn die ausländische Person oder ihr Vertreter im Bewilligungsverfahren falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat, d.h. sie bei den Behörden einen falschen Anschein über Tatsachen erweckt oder (durch Verschweigen) aufrechterhalten hat, von denen sie vernünftigerweise wissen musste, dass sie für den Bewilligungsentscheid von Bedeutung sein könnten bzw. sein würden (vgl. BGE 142 II 265 E. 3.1 S. 266; 135 II 1 E. 4.1 S. 5; Urteil 2C_1115/2015 vom 20. Juli 2016 E. 4.1, mit zahlreichen Hinweisen). Die ausländische Person trifft im Bewilligungsverfahren ohne ausdrückliche entsprechende Befragung seitens der Behörden keine generelle Pflicht, auf die Existenz von vor- oder ausserehelichen Kindern im Ausland hinzuweisen; dies ist nur soweit erforderlich, als deren Existenz für den ausländerrechtlichen Status nicht nur potentiell, sondern aufgrund sämtlicher Umstände auch konkret als wesentlich zu gelten hat. Ausschlaggebend ist demnach nicht das (alleinige) Verschweigen von vor- oder ausserehelichen Kindern, sondern der dadurch indizierte Verdacht, dass im Heimatland eine parallel gelebte Beziehung bestand. Durch das Verschweigen einer parallel gelebten Beziehung hält die ausländische Personen den falschen Anschein einer tatsächlichen, monogam gelebten Ehegemeinschaft mit einer Schweizer Bürgerin oder einem Schweizer Bürger aufrecht, weshalb dieser Tatbestand zu einem Widerruf der ausländerrechtlichen Bewilligung gestützt auf Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG (Aufenthaltsbewilligung) oder Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 Abs. 1 lit. a AuG (Niederlassungsbewilligung) führt (BGE 142 II 265 E. 3.2 S. 267; Urteil 2C_1115/2015 vom 20. Juli 2016 E. 4.2.1). Der Beschwerdeführer hatte den Behörden die Geburt seiner vor- und ausserehelichen Kinder mit seiner jetzigen Ehefrau, um deren Nachzug er ersucht, im Bewilligungsverfahren verschwiegen und ihnen damit verunmöglicht abzuklären, ob er bereits während seiner ersten Ehe mit einer schweizerischen Staatsangehörigen eine Parallelbeziehung mit seiner jetzigen Ehefrau geführt hat. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung, wonach die Zeugung eines weiteren ausserehelichen Kindes in seiner Heimat während der Ehe mit seiner wesentlich älteren Exfrau auf eine Parallelbeziehung mit der Kindsmutter und jetzigen Ehefrau schliessen lasse, ist weder offensichtlich unrichtig noch in Verletzung einer Rechtsregel erfolgt (Art. 97 e contrario BGG). Der Beschwerdeführer gibt in seiner Beschwerdeschrift (S. 5) selbst an, beim Besuch in Nigeria im Jahr 2006 sei die gegenseitige Liebe zwischen ihnen als Eltern der im Jahr 2002 geborenen Zwillinge wieder zurückgekommen und als Folge davon ein im Jahr 2007 geborener Junge gezeugt worden. Unbestritten ist weiter, dass der Beschwerdeführer sich kurz nach Erhalt der Niederlassungsbewilligung von seiner wesentlich älteren schweizerischen Ehefrau scheiden liess, die Kindsmutter heiratete und für sie und die Kinder den Familiennachzug in die Schweiz beantragte. Damit ist die Parallelbeziehung des Beschwerdeführers mit der Kindsmutter, die zeitverschoben eine spätere Heirat und Familienzusammenführung in der Schweiz bezweckte, auch dem bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren sachverhaltsmässig zu Grunde zu legen (Art. 105 Abs. 1 BGG). Das Verschweigen einer solchen Parallelbeziehung erfüllt, wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat und auf deren Urteil verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. a AuG.
2.3. Der Beschwerdeführer bestreitet die Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG) des Widerrufs seiner Niederlassungsbewilligung. Zu Unrecht: Zwar vermochte sich der Beschwerdeführer beruflich und sprachlich in der Schweiz zu integrieren und ist weder straf- noch betreibungsrechtlich in Erscheinung getreten, was in der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu gewichten ist. Er hat dennoch den grössten Teil seines Lebens in Nigeria verbracht,wo auch seine jetzige Ehefrau und die gemeinsamen drei Kinder leben, welche auch ausschlaggebend für seine Scheidung waren. Die dortige Wiedereingliederung ist deshalb zumutbar. In einer solchen Konstellation überwiegt das öffentliche Interesse an einer restriktiven Einwanderungspolitik und der Ausreise einer ausländischen Person, welche gegenüber Behörden während eines Bewilligungsverfahrens falsche Angaben getätigt hat. Für alles Weitere kann auf das zutreffend begründete vorinstanzliche Urteil verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
3.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG). Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Januar 2018
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall