BGer 8C_501/2016
 
BGer 8C_501/2016 vom 19.12.2017
 
8C_501/2016
 
Urteil vom 19. Dezember 2017
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Nabold.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Hochschulrat der Interstaatlichen
Hochschule für Technik Buchs NTB, Werdenbergstrasse 4, 9471 Buchs,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Öffentliches Personalrecht
(Beendigung des öffentlichen Dienstverhältnisses),
Beschwerde gegen den Entscheid der Rekurskommission der Hochschule für Technik Buchs (NTB) vom 25. Mai 2016 / 1. Juli 2016 (RK-NTB.2015.5).
 
Sachverhalt:
A. A.________ war als Dozent an der Interstaatlichen Hochschule für Technik Buchs (NTB) angestellt. Am 7. August 2014 kündigte der Hochschulrat der NTB das Dienstverhältnis mit A.________ per 15. Februar 2015. Auf Rekurs des A.________ hin hob die Rekurskommission der NTB diese Kündigung mit Entscheid vom 27. Februar 2015 aus formellen Gründen auf. Daraufhin kündigte der Hochschulrat der NTB das Dienstverhältnis mit Verfügung vom 7. August 2015 per 20. Februar 2016.
B. Den von A.________ hiegegen erhobenen Rekurs wies die Rekurskommission der NTB mit Entscheid vom 25. Mai und 1. Juli 2016 ab.
C. Mit Beschwerde beantragte A.________, es sei die Kündigung unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide aufzuheben.
Auf Aufforderung des Bundesgerichts hin äusserten sich die Rekurskommission, das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und A.________ zur Frage, ob die Rekurskommission eine Vorinstanz des Bundesgerichts im Sinne von Art. 86 BGG ist.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).
1.2. Angefochten ist ein Entscheid der Rekurskommission der NTB. Gesetzliche Grundlage dieser Rekurskommission sind Art. 19 und 20 der Vereinbarung über die Hochschule für Technik Buchs vom 20. Juni 1968 (nachstehend: die Gründungsvereinbarung). Bei dieser Gründungsvereinbarung handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, welchen die schweizerischen Kantone St. Gallen und Graubünden mit dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossen haben. Hiezu waren die Kantone befugt (vgl. Art. 9 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874; entspricht heute Art. 56 BV). Gemäss Art. 19 Abs. 1 der Gründungsvereinbarung besteht die Rekurskommission aus je einer von den Regierungen der Vertragspartner auf ihre Amtsdauer gewählten Vertretung. Die Mitglieder der Rekurskommission dürfen nach Art. 19 Abs. 3 der Gründungsvereinbarung nicht in anderer Stellung für die Hochschule tätig sein. Gemäss Art. 20 Abs. 1 der Gründungsvereinbarung ist die Rekurskommission unter anderem zuständig zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide des Hochschulrats. Eine Anfechtbarkeit der Entscheide der Rekurskommission ist in der Gründungsvereinbarung nicht vorgesehen.
1.3. Mit Wirkung auf den 1. Oktober 2005 ist das Fürstentum Liechtenstein der Interkantonalen Fachhochschulvereinbarung (FHV) ab 2005 vom 12. Juni 2003 beigetreten. Gemäss deren Art. 23 stehen dem Fürstentum damit die gleichen Rechte und Pflichten wie den anderen Vereinbarungspartnern zu. Nach liechtensteinischem Recht anerkannte Fachhochschulen oder Fachhochschul-Studiengänge sind wie die entsprechenden nach schweizerischem Recht anerkannten Fachhochschulen oder Fachhochschul-Studiengänge zu behandeln. Durch den Beitritt des Fürstentums zur FHV stehen damit den Angestellten der NTB die gleichen Rechte wie den Angestellten anderer schweizerischer Fachhochschulen zu.
1.4. Gemäss Art. 86 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig gegen Entscheide:
a. des Bundesverwaltungsgerichts;
b. des Bundesstrafgerichts;
c. der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen;
d. letzter kantonaler Instanzen, sofern nicht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist.
1.5. Der Beschwerdeführer und die Rekurskommission der NTB gehen davon aus, dass Entscheide dieser Rekurskommission direkt vor Bundesgericht anfechtbar sind. Während die Beschwerdegegnerin auf eine Vernehmlassung verzichtet hat, verneint das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen seine eigene Zuständigkeit in dieser Sache. Damit stellt sich die Frage, ob die Rekurskommission als letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG zu qualifizieren ist.
1.6. Als letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG gelten rechtsprechungsgemäss nicht bloss Gerichte, welche auf rein kantonalem Recht beruhen, vielmehr können auch durch interkantonales Recht geschaffene Instanzen als solche qualifiziert werden (vgl. auch Urteil 8C_260/2010 vom 12. Januar 2011 E. 1.1). Dasselbe muss auch für die Rekurskommission der NTB gelten, stehen doch dem Fürstentum Liechtenstein gestützt auf Art. 23 FHV im Fachhochschulbereich die Rechte und Pflichten eines schweizerischen Kantons zu. Demnach handelt es sich bei der NTB funktionell um eine interkantonale Fachhochschule, an welcher das Fürstentum Liechtenstein beteiligt ist. Die Rekurskommission der NTB ist demnach als kantonale Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG zu qualifizieren. Da gegen deren Entscheide kein anderes Rechtsmittel vorgesehen ist, handelt es sich zudem um eine letzte kantonale Instanz. Das Bundesgericht ist demnach zur Beurteilung der erhobenen Beschwerde zuständig.
2. Der angefochtene Entscheid bestätigt die Rechtmässigkeit einer ausgesprochenen Kündigung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisses und betrifft somit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinn von Art. 82 lit. a BGG. Da mit dem Begehren um Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses Lohnforderungen und allenfalls weitere geldwerte Ansprüche in Zusammenhang stehen, liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor (Urteil 8C_826/2009 vom 1. Juli 2010 E. 1.1 mit Hinweis), weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG nicht gegeben ist. Die Beschwerde ist auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse unter anderem zulässig, wenn der Streitwert nicht weniger als Fr. 15'000.- beträgt (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). Diese Streitwertgrenze ist im vorliegenden Verfahren offensichtlich erreicht. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
 
3.
3.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
3.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen).
4. 
4.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, als sie die Kündigungsverfügung des Hochschulrats der NTB vom 7. August 2015 bestätigt hat. Diese Entlassung erfolgte in Anwendung von Art. 5 der Anstellungsordnung für Dozenten, Assistenten, Verwaltungs- und Betriebspersonal des Neu-Technikums Buchs vom 8. Juli 1977 (nachstehend: Anstellungsordnung). Bei der NTB handelt es sich gemäss Art. 1 der Gründungsvereinbarung um eine selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit mit Sitz in Buchs (SG). Der Hochschulrat der NTB ist gemäss Art. 15 Abs. 4 lit. g der Gründungsvereinbarung befugt, eine Anstellungsordnung zu erlassen. Für Fragen, welche in der Anstellungsordnung nicht abschliessend geregelt werden, erklärt Art. 39 der Anstellungsordnung die Art. 319 bis 362 OR für (subsidiär) anwendbar.
4.2. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Kündigung vom 7. August 2015 sei zu Unzeit erfolgt. In der Tat steht in diesem Zusammenhang fest und ist unbestritten, dass er im Zeitpunkt der Kündigung ohne eigenes Verschulden durch Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert war. Wie die Vorinstanz jedoch überzeugend erwogen hat und vom Beschwerdeführer nicht substanziiert bestritten wurde, ist davon auszugehen, dass mit der Kündigung vom 7. August 2015 die Sperrfrist von 180 Tagen gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b OR eingehalten wurde. Nachdem Art. 39 der Anstellungsordnung auf das OR und nicht auf das Personalrecht des Kantons St. Gallen verweist, kann der Beschwerdeführer entgegen seinen Ausführungen nichts zu seinen Gunsten aus den für die Angestellten des Kantons St. Gallen geltenden längeren Fristen ableiten. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass er den Arbeitsvertrag nach eigenen Angaben im Glauben eingegangen war, das Personalrecht des Kantons St. Gallen sei auf diesen anwendbar; er legt jedenfalls nicht dar, dass er von Seiten der NTB diesbezüglich damals falsch informiert worden wäre, weshalb sein Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben ins Leere stösst.
4.3. Die Rekurskommission hat weiter in umfassender Würdigung der Akten für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Schulleitung und dem Hochschulrat einerseits und dem Beschwerdeführer andererseits massiv gestört ist und damit ein sachlicher Grund für eine ordentliche Kündigung vorgelegen hat. Was der Beschwerdeführer gegen diese Feststellung vorbringt, vermag sie nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere spricht die von ihm in der Beschwerdeschrift erhobene Kritik an der (angeblichen) Personalpolitik der NTB eher für als gegen die Annahme eines gestörten Vertrauensverhältnisses. Auch sonst vermag er nicht darzutun, inwieweit die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich erfolgt sein sollte.
4.4. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers wurde ihm nicht rückwirkend gekündigt, sondern am 7. August 2015 eine Kündigung per 20. Februar 2016 ausgesprochen. Das Festhalten an diesem Termin erscheint auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Entscheid der Rekurskommission erst nach Ablauf der Kündigungsfrist erging, nicht unzumutbar.
4.5. Somit war der die Kündigung des Hochschulrats der NTB vom 7. August 2015 bestätigende vorinstanzliche Entscheid rechtens; die Beschwerde ist somit abzuweisen.
5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und der Rekurskommission der Hochschule für Technik Buchs (NTB) schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Dezember 2017
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Der Gerichtsschreiber: Nabold