BGer 2C_963/2016
 
BGer 2C_963/2016 vom 17.03.2017
2C_963/2016
 
Urteil vom 17. März 2017
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
 
Verfahrensbeteiligte
A.A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch,
gegen
Migrationsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 24. August 2016.
 
Erwägungen:
1. Der aus dem Kosovo stammende A.A.________ (geb. 1983) reiste 1998 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt die Niederlassungsbewilligung. In der Zeit bis 2005 wurde er mehrfach straffällig und deswegen zwischen 2002 und 2005 vier Mal ausländerrechtlich verwarnt. Am 1. Dezember 2012 heiratete er B.A.________ (geb. 1984), die das Schweizer Bürgerrecht besitzt. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter (C.________, geb. 2013).
Im Laufe des Jahres 2010 beging A.A.________ zusammen mit anderen Mittätern 22 Einbruchdiebstähle. Nachdem ihn das Zürcher Obergericht am 20. Januar 2014 - zweitinstanzlich - wegen banden- und gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs, Vergehen gegen das Waffengesetz usw. zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten (aufgeschoben im Umfang von 22 Monaten bei einer Probezeit von 3 Jahren) und zu einer Busse von Fr. 300.-- bestraft hatte, widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich am 10. Juli 2014 die Niederlassungsbewilligung von A.A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die hiegegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel wurden (im Nachgang zu einem prozessualen Zwischenerfolg vor dem kantonalen Verwaltungsgericht im Mai 2015) alle abgewiesen (Entscheid [2. Rechtsgang] der kantonalen Sicherheitsdirektion vom 3. März 2016, Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. August 2016).
Mit Eingabe vom 10. Oktober 2016 führt A.A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt, das letztgenannte Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz (bzw. an die Sicherheitsdirektion/das Migrationsamt) zurückzuweisen, eventuell sei vom Bundesgericht "unter Anwendung der neuen auf den 1.10.2016 anwendbaren Gesetzesnormen (Art. 66a StGB) ein Grundsatzentscheid zu sprechen".
Die kantonalen Akten sind beigezogen, ein Schriftenwechsel ist nicht durchgeführt worden. Mit Verfügung vom 22. Oktober 2016 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.
2. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Sie erweist sich aber als offensichtlich unbegründet, weswegen sie im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG, d.h. mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid zu erledigen ist:
2.1. Gemäss Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 62 lit. b AuG kann die Niederlassungsbewilligung einer ausländischen Person widerrufen werden, wenn diese zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde; dies selbst dann, wenn sich die ausländische Person - wie hier - seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhält. Als "längerfristig" gilt jede Freiheitsstrafe, deren Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.). Dieses Erfordernis ist hier in Bezug auf den Beschwerdeführer offensichtlich erfüllt. Dieser beruft sich denn auch im Wesentlichen darauf, dass seine aktuellen Lebensverhältnisse (Wohlverhalten, Integration, Familie, Bemühungen zur Schuldenrückzahlung usw.) in der Interessenabwägung viel stärker zu seinen Gunsten gewichtet werden müssten und der angeordnete Bewilligungswiderruf deshalb unverhältnismässig sei. Diese Rüge geht jedoch ins Leere: Richtig ist wohl, dass ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls verhältnismässig sein muss (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f. m.w.H). Dies hat das Verwaltungsgericht aber nicht verkannt: Entgegen der Behauptung in der Beschwerdeschrift hat es die hier massgebenden öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Beschwerdeführers und dessen private Interessen an einem Verbleib in der Schweiz ausführlich, umfassend und sachgerecht gewürdigt und es ist dabei auch nicht von einem offensichtlich unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Dabei hat es die Vorinstanz in nachvollziehbarer Weise für zumutbar erachtet, dass der Beschwerdeführer in seine Heimat zurückkehrt.
2.2. Diese Schlussfolgerung der Vorinstanz ist weder im Lichte des Ausländergesetzes noch unter dem Blickwinkel der EMRK zu beanstanden:
Ausgangspunkt für das migrationsrechtliche Verschulden ist die vom Strafgericht ausgesprochene Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten indiziert ein erhebliches migrationsrechtliches Verschulden, denn dieses Strafmass liegt weit über der Grenze von einem Jahr, welche für die Möglichkeit des Widerrufs massgeblich ist (vgl. BGE 139 I 145 E. 2.1 S. 147). Der Beschwerdeführer hat eine beträchtliche kriminelle Energie offenbart: Zusammen mit Mittätern beging er - bereits einschlägig vorbestraft, mehrfach verwarnt und ohne sich in einer finanziellen Notlage zu befinden - 22 Einbruchdiebstähle mit einer Deliktsumme von über Fr. 23'000.-- und einem Sachschaden von über Fr. 60'000.--. Weder seine Vorstrafen noch mehrere Verwarnungen haben ihn davon abgehalten, derart zu delinquieren, ebensowenig wie die offenbar zur Zeit der Tatbegehung bereits bestehende Beziehung zu seiner heutigen Ehefrau. Daher hat die Vorinstanz das Verschulden des Beschwerdeführers richtigerweise als schwer bzw. das öffentliche Interesse an seiner Fernhaltung als gross eingestuft. Dabei ist auch korrekt, dass sie im Falle des Beschwerdeführers, der sich nicht auf das FZA (SR 0.142.112.681) berufen kann, generalpräventive Gesichtspunkte mitberücksichtigt hat (vgl. Urteile 2C_725/2016 vom 30. Dezember 2016 E. 3.2, 2C_940/2014 vom 30. Mai 2015 E. 5.3). Sodann lässt sich aus dem deliktsfreien Verhalten des Beschwerdeführers seit der verfahrensauslösenden Verurteilung nichts ableiten, befand er sich doch während mehrerer Monate im Strafvollzug und stand er auch nach der Entlassung unter dem Druck der strafrechtlichen Probezeit und des migrationsrechtlichen Widerrufsverfahrens.
Ferner fällt in der Interessenabwägung ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer eine Anlasstat im Sinne von Art. 121 Abs. 3 lit. b BV begangen hat, die bei einem entsprechenden Handeln nach dem 1. Oktober 2016 im Rahmen der Konkretisierung der Ausschaffungsinitiative grundsätzlich obligatorisch - unter Vorbehalt der Härtefallklausel (Art. 66a Abs. 2 StGB) - zu einer strafrechtlichen Landesverweisung führen würde. Diese Regelung ist auf den Beschwerdeführer noch nicht anwendbar. Wie er, der seine Delikte vor dem Inkrafttreten von Art. 66a 1a und Abs. 2 StGB (in der Fassung vom 20. März 2015) begangen hat, dazu kommt, dass für ihn milderes Recht ("lex mitior" gelten sollte (wobei er zu meinen scheint, Art. 66a StGB wäre wegen der Härtefallklausel für ihn günstiger), erscheint nicht nachvollziehbar.
Was die Wertung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers (und diejenigen seiner Familie) betrifft, ist in der Interessenabwägung bzw. Verhältnismässigkeitsprüfung der Vorinstanz ebenfalls keine Bundes- oder Konventionswidrigkeit zu erkennen: Sie hat dem Beschwerdeführer zugute gehalten, dass er arbeitet - der erst vor Bundesgericht eingereichte Arbeitsvertrag vom 1. September 2016 hingegen ist ein unzulässiges Novum (Art. 99 BGG) - und sich bemüht, seine Schulden zu tilgen (S. 6 des angefochtenen Entscheides), doch sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur, welche dem Beschwerdeführer allenfalls einen Anwesenheitsanspruch gestützt auf die Garantie des Privatlebens (Art. 8 EMRK) verschaffen könnten (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286), weder dargetan noch ersichtlich. Ihm, der im Alter von 15 Jahren in die Schweiz gekommen ist, ist die Rückkehr in den Kosovo zumutbar. Seine Ehefrau und seine Tochter haben zwar in der Schweiz ein gefestigtes Anwesenheitsrecht, so dass es das Recht auf das ebenfalls durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben verletzen könnte, wenn dem Beschwerdeführer die Anwesenheit in der Schweiz untersagt wird (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285). Dies trifft jedoch vorliegend nicht zu: Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 2 BGG) ist die Ehefrau mit der albanischen Sprache und Kultur vertraut, so dass ihr eine Ausreise ebenfalls zuzumuten wäre. Sie heiratete den Beschwerdeführer überdies im Wissen um dessen Straffälligkeit und musste damit rechnen, das Familienleben nicht in der Schweiz leben zu können. Es sind keine Gründe ersichtlich, die eine Rückkehr für sie und die Tochter - welche sich noch in einem anpassungsfähigen Alter befindet (vgl. Urteil 2C_876/2013 vom 18. November 2013 E. 3.7 mit Hinweis auf BGE 135 I 143 E. 2.2 S. 147) - als unzumutbar erscheinen lassen könnten.
3. Die Beschwerde ist abzuweisen.
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. März 2017
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein