BGer 1B_320/2015
 
BGer 1B_320/2015 vom 03.01.2017
{T 0/2}
1B_320/2015
 
Urteil vom 3. Januar 2017
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Härri.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. David Gibor,
gegen
B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Linus Jaeggi,
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,
Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich.
Gegenstand
Strafverfahren; Rassendiskriminierung; Geschädigtenstellung,
Beschwerde gegen den Beschluss vom 7. Juli 2015, des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer.
 
Sachverhalt:
A. A.________ ist jüdischen Glaubens. Am 17. Mai 2013 erstattete er Strafanzeige gegen den Komiker und Kabarettisten B.________ wegen Rassendiskriminierung. Dieser habe sich in der am "..." im Schweizer Fernsehen (...) ausgestrahlten Sendung "Sternstunde Philosophie" zum Humor des Komikers verglichen mit dem jüdischen Humor geäussert. Dabei habe er das antisemitische Klischee des geldgierigen Juden bedient. Er habe zum Ausdruck gebracht, dass der Jude, wenn er Witze mache oder Humor zeige, nicht einfach lustig sein, sondern immer Geld verdienen wolle.
B. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2014 stellte die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat (im Folgenden: Staatsanwaltschaft) fest, A.________ habe keine Geschädigtenstellung und werde als Privatkläger nicht zugelassen. Sie sistierte das Verfahren bis zur Rechtskraft des Entscheids über die Parteistellung von A.________.
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich (III. Strafkammer) am 7. Juli 2015 ab.
C. A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben. Seine Geschädigtenstellung sei anzuerkennen und er sei als Privatkläger zuzulassen. Die Sache sei zur Weiterführung der Untersuchung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen.
D. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft haben auf Gegenbemerkungen verzichtet.
B.________ hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen.
A.________ hat eine Replik eingereicht, B.________ eine Duplik. Zu Letzterer hat A.________ Stellung genommen.
 
Erwägungen:
1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde in Strafsachen gegeben.
Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist somit nach Art. 80 BGG zulässig.
Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen. Er wirft dieser eine formelle Rechtsverweigerung vor, da sie ihm zu Unrecht keine Geschädigtenstellung zuerkannt und ihn deshalb nicht als Privatkläger zum Verfahren zugelassen habe. Damit hat er nach der Rechtsprechung ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids und ist er gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt (BGE 141 IV 1 E. 1.2 S. 5; Urteil 1B_9/2015 vom 23. Juni 2015 E. 1).
Mit der Verneinung der Stellung als Privatkläger wird der Beschwerdeführer definitiv nicht als Partei zum Strafverfahren zugelassen. Der angefochtene Entscheid stellt für ihn deshalb einen gemäss Art. 90 BGG anfechtbaren Endentscheid dar (BGE 139 IV 310 E. 1 S. 312; Urteil 1B_9/2015 vom 23. Juni 2015 E. 1).
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
 
2.
2.1. Partei ist unter anderem die Privatklägerschaft (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilkläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Als geschädigte Person gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO).
Für die Zulassung des Beschwerdeführers als Privatkläger ist somit entscheidend, ob er - was die Vorinstanz verneint - durch die dem Beschwerdegegner vorgeworfene Äusserung unmittelbar in seinen Rechten verletzt worden ist, unterstellt, der von ihm erhobene Vorwurf der Rassendiskriminierung treffe zu (was im Rahmen der materiellen Beurteilung zu prüfen sein wird).
2.2. Nach der Rechtsprechung geht die Umschreibung der unmittelbaren Verletzung in eigenen Rechten vom Begriff des Rechtsguts aus. Unmittelbar verletzt und damit Geschädigter im Sinne von Art. 115 StPO ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist (BGE 141 IV 454 E. 2.3.1 S. 457; 380 E. 2.3.1 S. 383; 138 IV 258 E. 2.2 S. 263; je mit Hinweisen).
Art. 115 Abs. 1 StPO übernimmt die Umschreibung des Geschädigten in den früheren Strafprozessgesetzen. Der Gesetzgeber verzichtete darauf, Zweifelsfragen zum Begriff der geschädigten Person zu entscheiden. Er hielt dafür, die Definition der Geschädigteneigenschaft sei in Randbereichen wie bis anhin Rechtsprechung und Lehre zu überlassen. Dies gelte insbesondere für den Tatbestand der Rassendiskriminierung (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1169).
2.3. Art. 261bis StGB, in Kraft seit 1. Januar 1995, regelt den Tatbestand der Rassendiskriminierung. Danach wird bestraft:
1) wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft,
2) wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind,
3) wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt,
4) wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert (erster Satzteil) oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht (zweiter Satzteil),
5) wer eine von ihm angebotene Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt ist, einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion verweigert.
Art. 261bis StGB geht zurück auf das Internationale Übereinkommen vom 21. Dezember 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (RDÜ; SR 0.104), das für die Schweiz am 29. Dezember 1994 in Kraft getreten ist. Darin verpflichtete sich die Schweiz zur strafrechtlichen Erfassung bestimmter rassendiskriminierender Verhaltensweisen (Art. 4; BGE 123 IV 202 E. 2 S. 205).
Im vorliegenden Fall geht es um die Tatbestandsvariante nach Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB. Nach der Rechtsprechung bezweckt diese Strafbestimmung unter anderem, die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen zu schützen. Im Lichte dieser Zielsetzung erscheinen als Herabsetzung oder Diskriminierung alle Verhaltensweisen, durch welche den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen wird und sie als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Der Tatbestand im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB schützt unmittelbar die Würde des einzelnen Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion. Der öffentliche Friede wird mittelbar geschützt als Folge des Schutzes des Einzelnen in seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe (BGE 140 IV 67 E. 2.1.1 S. 69 und E. 2.5.1 S. 73; 133 IV 308 E. 8.2 S. 311 mit Hinweisen).
Das Judentum stellt nach der Rechtsprechung eine Religion im Sinne von Art. 261bis StGB dar (BGE 124 IV 121 E. 2b S. 124; 123 IV 202 E. 4c S. 209).
 
2.4.
2.4.1. Gemäss Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB setzt der Täter "eine Person oder eine Gruppe von Personen" in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herab. Er setzt also eine bestimmte Einzelperson herab (z.B. "Der Jude X. ist nur aufs Geldverdienen bedacht"), oder eine Gruppe als solche ("Juden sind nur aufs Geldverdienen bedacht"). Ob vorliegend überhaupt eine Herabsetzung oder Diskriminierung in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise durch die als humorvoll/philosophisch gedachte Äusserung des Komikers ernsthaft in Betracht fällt, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden und bleibt der Beurteilung in der Sache, d.h. der materiellen Beurteilung vorbehalten. Streitgegenstand ist hier nur die formelle Frage, ob der Beschwerdeführer Geschädigter sein und im Strafverfahren Parteirechte ausüben kann. Hierfür ist auf seine Behauptung abzustellen, die Tatbestandsmerkmale von Art. 261
Wie das Bundesgericht in BGE 128 I 218 erwog, kann bei einzelnen Tatbestandsvarianten von Art. 261bis StGB fraglich erscheinen, wieweit eine Einzelperson Geschädigter einer Rassendiskriminierung sein kann. Eine Einzelperson kann jedenfalls Geschädigter sein, soweit es um eine Rassendiskriminierung nach Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB geht. In diesem Fall richtet sich der Angriff unmittelbar gegen die betreffende Person und wird diese in ihrer Menschenwürde getroffen (E. 1.5 S. 223).
Diese Erwägungen beziehen sich, wie sich aus ihrem Zusammenhang ergibt, auf die Herabsetzung einer bestimmten Einzelperson. Insoweit kann die Geschädigtenstellung in der Tat nicht zweifelhaft sein (ebenso CHAIX/BERTOSSA, La répression de la discrimination raciale: lois d'exceptions?, SJ 124/2002 II, S. 201 N. 2.3; HANS VEST, in: Delikte gegen den öffentlichen Frieden, Handkommentar, 2007, N. 23 zu Art. 261bis StGB).
Wie es sich verhält, wenn der Täter keine bestimmte Einzelperson, sondern eine Gruppe von Personen herabsetzt, hat das Bundesgericht - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden. Es stellt sich die Frage, ob - wie der Beschwerdeführer geltend macht - jeder Angehörige der Gruppe unmittelbar in seinen Rechten verletzt ist.
2.4.2. Nach herrschender Lehre kommt allen Angehörigen der Gruppe Geschädigtenstellung zu (MARCEL ALEXANDER NIGGLI, Rassendiskriminierung, Kommentar, 2. Aufl. 2007, N. 534 ff. und 546 ff.; MARCEL ALEXANDER NIGGLI UND ANDERE, Zur Rechtsstellung des Geschädigten im Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung, AJP 1998, S. 1063; DORRIT SCHLEIMINGER METTLER, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, N. 88 zu Art. 261bis StGB; VEST, a.a.O., N. 128 zu Art. 261bis StGB; CHAIX/BERTOSSA, a.a.O., S. 202 N. 2.4; ROBERT HAUSER UND ANDERE, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, S. 142 N. 1; URSULA CASSANI, Le blanchiment d'argent, un crime sans victime?, in: Festschrift für Niklaus Schmid, 2001, S. 397; gleicher Meinung offenbar auch MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 76 zu Art. 115 StPO mit [Fn. 188] Hinweis auf ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich [ZR 103/2004 Nr. 12 S. 33 ff. E. III/1]; vgl. auch KARL-LUDWIG KUNZ, Zur Unschärfe und zum Rechtsgut der Strafnorm gegen Rassendiskriminierung, ZStrR 116/1998, S. 231, der ausführt, dass dann, wenn man - wie das Bundesgericht - dem Tatbestand das Rechtsgut der Menschenwürde zuordnet, bei einer Gruppendiskriminierung sämtliche einzelnen Gruppenmitglieder, also etwa alle Juden, als individuell geschädigt anzusehen und damit als Partei im Strafprozess zuzulassen sind). Die Lehre verweist insbesondere auf den Tatbestand der Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit gemäss Art. 261 StGB und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 120 Ia 220).
3. Am 3. Oktober 2016 eröffnete der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung ein Meinungsaustauschverfahren gemäss Art. 23 Abs. 2 BGG. Er teilte den Präsidentinnen und Präsidenten der anderen bundesgerichtlichen Abteilungen mit, seine Abteilung habe folgende für das vorliegende Urteil entscheidende Rechtsfrage zu beantworten:
"Ist der Angehörige einer Gruppe von Personen (Rasse, Ethnie, oder Religion), der gestützt auf Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB (Herabsetzung in der Menschenwürde) Strafanzeige erstattet hat, als Privatkläger gemäss Art. 115 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 StPO zuzulassen?"
Er lud die Präsidentinnen und Präsidenten der anderen Abteilungen ein, ihm mitzuteilen, ob diese nach Art. 23 Abs. 2 BGG betroffen seien. Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung bejahe die Rechtsfrage.
In der Folge erklärten sich die Strafrechtliche und die II. Zivilrechtliche Abteilung als betroffen. Die Strafrechtliche Abteilung stellte und begründete einen Gegenantrag auf Verneinung der Rechtsfrage.
Am 28. November 2016 fand eine gemäss Art. 23 Abs. 3 BGG nicht öffentliche Sitzung statt, an der die Rechtsfrage beraten wurde. Es waren alle Mitglieder der drei Abteilungen, insgesamt 17 Richterinnen und Richter, anwesend. 5 Richter, alles Mitglieder der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung, bejahten die Rechtsfrage; die anderen 12 Richterinnen und Richter verneinten sie. Der Beschluss der Vereinigung der Abteilungen ist gemäss Art. 23 Abs. 3 BGG für die I. öffentlich-rechtliche Abteilung bei der Beurteilung des Streitfalles verbindlich. Der Beschluss stützt sich im Wesentlichen auf folgende Gründe.
 
4.
4.1. Nach der dargelegten Rechtsprechung (oben E. 2.3) schützt Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB unmittelbar die Menschenwürde. Diese ist gemäss Art. 7 BV zu achten und zu schützen. Nach der Rechtsprechung hat diese Bestimmung allgemein die Bedeutung eines Leitgrundsatzes für jegliche Staatstätigkeit, bildet als innerster Kern zugleich die Grundlage der Freiheitsrechte, dient deren Auslegung und Konkretisierung und ist Auffanggrundrecht. Für besonders gelagerte Konstellationen kann der Menschenwürde ein eigenständiger Gehalt zukommen. Der offene Normgehalt kann nicht abschliessend positiv festgelegt werden. Er betrifft das letztlich nicht fassbare Eigentliche des Menschen und der Menschen und ist unter Mitbeachtung kollektiver Anschauungen ausgerichtet auf Anerkennung des Einzelnen in seiner eigenen Werthaftigkeit und individuellen Einzig- und allfälligen Andersartigkeit. In dieser Ausrichtung weist die Verfassungsnorm besondere Bezüge zu spezielleren Grundrechten und insbesondere zu den verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsrechten auf, die gerade auch unter Beachtung der Menschenwürde anzuwenden sind (BGE 132 I 49 E. 5.1 S. 54 f. mit Hinweisen).
Bei der Menschenwürde handelt es sich - wie bei anderen Grundrechten auch - um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der durch Gesetzgeber und Gerichte zu konkretisieren ist. Bei Art. 7 BV liegt aber eine Unbestimmtheit besonderer Art vor. Der Verfassungsgeber hat nicht nur von einer Definition abgesehen, um der Prinzipienhaftigkeit und Entwicklungsoffenheit des Grundrechts Rechnung zu tragen. Er hat vielmehr auch deshalb auf eine Definition der Menschenwürde verzichtet, weil eine verfassungsrechtliche Bestimmung dessen, was die Würde und den Wert eines Menschen ausmacht, grundsätzlich problematisch wäre. Wird mit einer Festlegung der Menschenwürde ein bestimmtes Menschenbild für achtens- und schützenswert erklärt, so besteht die Gefahr, dass dadurch Menschen in ihrer Würde beeinträchtigt werden, die den Wert des Menschseins anders verstehen. Man kann dies als Paradox der Menschenwürdegarantie bezeichnen. Je klarer ihre Konturen sind und je besser demnach Achtung und Schutz gelingen, desto grösser ist das Risiko der Ein- und Ausgrenzung von Menschen. Die Gefahr, dass ein rechtlich definiertes Menschenbild einengend oder ausschliessend wirkt, ist einer der Gründe dafür, dass ein Teil der (vorwiegend angelsächsischen) Lehre die Menschenwürde als eigenständiges Grundrecht ablehnt (BELSER/MOLINARI, in: Bundesverfassung, Basler Kommentar, 2015, N. 3 zu Art. 7 BV). Was den Inhalt der Menschenwürde ausmacht, muss in einer liberalen Gesellschaft letztlich offenbleiben (PHILIPPE MASTRONARDI, in: Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 39 zu Art. 7 BV; MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 4).
Auch wenn man die Menschenwürde als eigenständiges Grundrecht und nicht nur als bei der Konkretisierung der Grundrechte zu berücksichtigenden Verfassungsgrundsatz ansieht, hat sie demnach keine scharfen Konturen. Letztlich dient die gesamte Rechtsordnung der Würde des Menschen. So ist etwa die Umweltschutzgesetzgebung nicht Selbstzweck, sondern dient der Erhaltung der Lebensgrundlagen des Menschen und ermöglicht damit erst eine würdevolle Existenz. Aufgrund ihrer Unbestimmtheit eignet sich die Menschenwürde nicht, daraus konkrete prozessuale Rechte herzuleiten.
4.2. Dass Art. 261
4.3. Die Rechtslage ist insoweit vergleichbar mit jener bei den Ehrverletzungsdelikten gemäss Art. 173 ff. StGB, mit denen der Diskriminierungstatbestand gemäss Art. 261
Ebenso hat das deutsche Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10. Oktober 1995 die Verurteilung von Personen aufgehoben, die Soldaten als Mörder bezeichnet hatten (BVerfGE 93, 266).
4.4. Nach der Rechtsprechung sind bei Leugnung von Völkermord oder anderer Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäss Art. 261bis Abs. 4 zweiter Satzteil StGB die Angehörigen der in Frage stehenden Gruppe lediglich mittelbar betroffen. Die Betroffenheit kann - etwa bei ehemaligen Insassen von Konzentrationslagern - schwer wiegen. Gleichwohl bleibt sie eine mittelbare (BGE 129 IV 95 3.4.2 f. S. 103 f.). Es ist nicht einzusehen, weshalb es sich bei der Diskriminierung einer Gruppe von Personen gemäss Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB anders verhalten sollte. Hier wie dort richtet sich der Angriff gegen die Gruppe und ist der einzelne Angehörige deshalb nur mittelbar betroffen. Ob der Täter z.B. den Holocaust leugnet oder sich gegenüber Juden allgemein rassistisch äussert, wirkt sich für den einzelnen Juden im Wesentlichen gleich aus. Eine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Ausübung von Prozessrechten rechtfertigt sich daher nicht.
4.5. Zwar kann sich bei einer Gruppendiskriminierung nach Art. 261
4.6. Die Zulassung sämtlicher Angehöriger der Gruppe als Privatkläger bei einer Gruppendiskriminierung gemäss Art. 261bis Abs. 4 erster Satzteil StGB hätte unhaltbare Folgen. So könnte sich eine unüberschaubare Zahl von Personen aus der ganzen Welt - etwa Millionen Katholiken oder Moslems - als Partei am Strafverfahren beteiligen. Zu Recht wird das in der Literatur als "Albtraum für Justizpraktiker" bezeichnet (KUNZ, a.a.O.; VEST, a.a.O., N. 129 zu Art. 261bis StGB). Wollte man alle Gruppenangehörigen als unmittelbar betroffen ansehen, käme das der Zulassung einer Popularbeschwerde gleich, was nicht angehen kann. Jeder Gruppenangehörige könnte ausserdem Zivilklage wegen Verletzung der Persönlichkeit gemäss Art. 28 ZGB erheben. Es lag jedoch nicht in der Absicht des Gesetzgebers, eine jedermann offenstehende Popularklage einzuführen (BGE 95 II 532 E. 3 S. 537).
Ob es de lege ferenda zweckmässig sein könnte, Verbänden, die sich gegen Rassendiskriminierung einsetzen, Parteirechte im Strafverfahren einzuräumen (so VEST, a.a.O., N. 129 zu Art. 261bis StGB), hat der Gesetzgeber zu entscheiden. De lege lata ist dies ausgeschlossen (BGE 125 IV 206 E. 2a S. 210; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 35 und 76 zu Art. 115 StPO).
5. Die Beschwerde wird abgewiesen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Er hat dem Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Januar 2017
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Merkli
Der Gerichtsschreiber: Härri