BGer 6B_839/2014
 
BGer 6B_839/2014 vom 21.04.2015
{T 0/2}
6B_839/2014
 
Urteil vom 21. April 2015
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Held.
 
Verfahrensbeteiligte
Y.________,
vertreten durch Advokatin Martina Horni,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel,
2. B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Alessandro Palombo,
3. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Simeon Beeler,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Schwere Körperverletzung; Schadenersatz und Genugtuung; Willkür,
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 29. April 2014.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
D.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die (vorinstanzliche) Sachverhaltsfeststellung werde bestritten. Er habe B.________ weder mit wuchtigen Faustschlägen niedergestreckt noch mehrmals auf dessen Kopf eingetreten, als dieser am Boden lag. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Vorinstanz die Aussagen von D.________ als logisch konsistent, in sich stimmig und ergänzend, lebensnah und anschaulich sowie in jeder Hinsicht überzeugend beurteilen könne. Die Zeugin sei nicht neutral, denn es bestehe die Vermutung, dass sie das Verhalten von A.________ abschwächen wolle und deshalb ein persönliches Interesse am Verfahrensausgang habe. Der Beschwerdeführer bestreitet vehement, B.________ mehrmals auf den Kopf getreten zu haben. Ausser der mit äusserster Vorsicht zu würdigenden Aussagen des Mitbeschuldigten Z.________, der allen Grund habe, seinen eigenen Tatbeitrag zu verharmlosen, gebe es keine Indizien für die Anschuldigungen. Zudem sei nicht erstellt, ob B.________ durch den Faustschlag des Beschuldigten oder jenen von Z.________ zu Boden ging.
1.2. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, gemäss übereinstimmender Aussagen von D.________ und der beiden Mitbeschuldigten X.________ und Z.________ habe der Beschwerdeführer B.________ mit wuchtigen Faustschlägen niedergeschlagen. Eindrücklich sei die Schilderung der Zeugin D.________, wonach das Opfer nach dem zweiten, wuchtig von unten gegen sein Kinn geführten Faustschlag mit einem lauten Knall auf den Asphalt aufgeschlagen sei. Den lauten Aufprall habe auch der Zeuge F.________ geschildert. Der Mitbeschuldigte Z.________ habe anschaulich und detailliert die Fusstritte des Beschwerdeführers gegen den Kopf von B.________ beschrieben, als dieser am Boden lag. Auch die Zeugin D.________ und der Mitbeschuldigte W.________ berichteten von einem oder mehreren Fusstritten, wobei der Mitbeschuldigte W.________ explizit von einem Fusstritt gegen den Kopf gesprochen habe, obwohl er offenkundig die Tatbeiträge des Beschwerdeführers zu verharmlosen versuche.
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Als "offensichtlich unrichtig" gelten die vorinstanzlichen Feststellungen, wenn sie willkürlich erhoben worden sind (Art. 9 BV; BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; zum Willkürbegriff: BGE 138 I 305 E. 4.3 S. 319; zur Willkür bei der Beweiswürdigung: BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer muss substanziiert begründen, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Auf eine bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 445).
1.4. Soweit der Beschwerdeführer die Feststellungen im Vorfeld des Tatgeschehens rügt, zeigt er nicht auf, inwieweit der von ihm geschilderte Sachverhaltsablauf sich auf den Verfahrensausgang auswirken soll. Dies ist auch nicht ersichtlich. In Bezug auf das konkrete Tatgeschehen bestreitet er die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen pauschal, ohne sich inhaltlich mit diesen auseinanderzusetzen. Er beschränkt sich darauf, anhand einzelner, aus ihrem Gesamtkontext herausgerissener Aussagepassagen darzulegen, wie seiner Ansicht nach bestimmte Einlassungen zu würdigen sind, ohne aufzuzeigen, inwieweit die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist und sich ein anderes Beweisergebnis aufgrund seines Vorbringens geradezu aufdrängt. Für die Rüge einer willkürlichen Beweiswürdigung genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer zum Beweisergebnis wie in einem appellatorischen Verfahren frei plädiert und den verbindlichen Sachverhalt (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) als nicht erstellt abtut und "vehement bestreitet". Er verkennt, dass das Bundesgericht keine Appellationsinstanz ist, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt. Auf die nicht den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Willkürrügen ist nicht einzutreten.
 
2.
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 122 StGB. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hänge die rechtliche Qualifikation von Körperverletzungen durch Faustschläge von den konkreten Tatumständen ab. Dem Beschwerdeführer fehle es am Vorsatz hinsichtlich einer schweren Körperverletzung, denn er habe den Beschwerdegegner 2 nicht schwer verletzen wollen. Die Verletzungen seien primär nicht Folge der Faustschläge, sondern des äusserst unglücklichen Sturzes und des damit verbundenen Aufschlags des Hinterkopfes auf den Boden.
2.2. Der Einwand, hinsichtlich des Verletzungserfolges nicht vorsätzlich gehandelt zu haben, ist unbegründet, soweit er überhaupt den Rügeanforderungen genügt. Der Beschwerdeführer verkennt, dass der Vorsatz, das heisst, was der Täter weiss, will und in Kauf nimmt, eine innere Tatsache betrifft und Tatfrage ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4 f. mit Hinweis). Er beschränkt sich darauf, seiner rechtlichen Subsumtion den von ihm vorgetragenen, jedoch von den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden äusseren Sachverhalt zu Grunde zu legen. Er übersieht zudem, dass die Vorinstanz den Eventualvorsatz hinsichtlich einer schweren Körperverletzung nicht nur aufgrund der Faustschläge, sondern insbesondere auch aufgrund der von ihr als erwiesen erachteten seitlichen und von oben auf den Kopf des am Boden liegenden Beschwerdegegners 2 geführten Fusstritte bejaht. Dass sich die schwere Körperverletzung höchstwahrscheinlich bereits durch den Sturz ergab, ist unerheblich (vgl. BGE 109 IV 94 E. 3c; Urteil 6B_899/2013 vom 17. März 2014 E. 3.3 mit Hinweisen). Zu den vorinstanzlichen Feststellungen zur inneren Tatseite äussert sich der Beschwerdeführer nicht und zeigt nicht auf, inwieweit diese willkürlich sein sollten. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie aufgrund der Fusstritte auf Eventualvorsatz schliesst.
 
3.
3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Die Umstände, aufgrund derer die Vorinstanz das Verschulden als schwer einstufe, seien nicht erwiesen. Strafmindernd sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt unter der kombinierten Wirkung von Alkohol, Kokain und vermutlich THC gestanden habe. Entgegen der Vorinstanz habe er Reue gezeigt und eingeräumt, handgreiflich gewesen zu sein. Seine persönlichen Verhältnisse und sein Benehmen im Strafvollzug zeigten, dass er alles Andere als ein typischer Schläger sei. Die ausgesprochene fünfjährige Freiheitsstrafe sei unverhältnismässig und liefe dem im Strafrecht geltenden Zweck der Verbrechensverhütung zuwider. Der Vollzug reisse ihn aus seinem gefestigten Umfeld heraus und führe zu einer Entsozialisierung. Die Strafe sei zu reduzieren, sodass der Vollzug einer teilbedingten Freiheitsstrafe möglich sei.
3.2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung gemäss Art. 47 ff. StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 f. S. 59 f. mit Hinweisen). Der dem Täter wegen seiner Tat gemachte Vorwurf ist das wesentliche Strafzumessungskriterium (BGE 134 IV 1 E. 5.3.3 S. 11; 127 IV 101 E. 2a S. 103). Das Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der Strafzumessung über ein weites Ermessen, in das das Bundesgericht nur eingreift, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. durch Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; 135 IV 130 E. 5.3.1 S. 134 f.; je mit Hinweisen).
3.3. Der Beschwerdeführer setzt sich im Rahmen seiner Rügen an der Strafzumessung nicht mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinander. Seine pauschale Kritik am Strafmass ist ungeeignet aufzuzeigen, inwieweit die ausgesprochene Freiheitsstrafe nicht mehr vom sachrichterlichen Ermessen gedeckt sein soll. Dass er die - zugegebenermassen sehr hohe Strafe - persönlich als unverhältnismässig empfindet und die Strafzumessungskriterien subjektiv anders gewichten würde, ist "nachvollziehbar", vermag objektiv jedoch keine Bundesrechtsverletzung zu begründen. Zudem stützt er seine allgemeinen Ausführungen auf von den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen abweichende Strafzumessungsfaktoren, weshalb seine Vorbringen weitgehend an der Sache vorbeigehen.
 
4.
Was der Beschwerdeführer gegen die Höhe der zugesprochenen Zivilforderungen vorbringt, erweist sich als unbegründet, soweit auf die Rügen überhaupt einzutreten ist. Der pauschale, nicht näher begründete Einwand, die Genugtuung in Höhe von Fr. 50'000.- sei übermässig hoch, genügt den Begründungsanforderungen nicht (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) und ist von vornherein ungeeignet, eine Ermessensverletzung der Vorinstanz aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer verkennt, dass es bei der Festsetzung der Genugtuungshöhe nicht nur eine richtige, sondern in einer gewissen Bandbreite eine Mehrzahl von angemessenen, dem Gebot der Billigkeit gehorchenden Lösungen gibt. Das Bundesgericht überprüft die sachrichterliche Ermessensausübung nur mit Zurückhaltung und greift in diese nur bei offensichtlichen Rechtsverstössen ein (vgl. BGE 133 III 257 E. 3.2 S. 272; Urteil 4A_373/2007 vom 8. Januar 2008 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 134 III 97). Eine Ermessensüberschreitung ist nicht dargelegt und angesichts der schweren und langwierigen oder gar bleibenden Schäden des Beschwerdegegners 2 auch nicht ersichtlich. Zudem verlangt der Beschwerdeführer lediglich eine unbezifferte Reduzierung der zugesprochenen Genugtuungssummen, ohne materielle Anträge zu stellen und aufzuzeigen, dass das Bundesgericht im Falle der Bestätigung des Schuldspruchs nicht selbst in der Lage ist, über die Genugtuungsansprüche zu entscheiden (vgl. Urteil 6B_604/2012 und 6B_613/2012 vom 16. Januar 2014 E. 6.3.2). Im Übrigen weicht er mit seiner Begründung, ihm könnten die schweren Verletzungen des Beschwerdegegners 2 nicht zugerechnet werden, von den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen ab.
Unzutreffend ist, hinsichtlich des Beschwerdegegners 3 liege kein tatbestandliches Verhalten vor. Der Beschwerdeführer hat den gegen ihn ergangenen Schuldspruch wegen Angriffs bereits im Berufungsverfahren nicht angefochten, weshalb dieser rechtskräftig ist. Dass er die Verletzung des Beschwerdegegners 3 nicht eigenhändig herbeigeführt hat, ist unbeachtlich. Es genügt, dass er bei dem Angriff mitgewirkt und sein Verhalten das schädigende Ereignis mitverursacht hat, ohne dass nach Intensität der Mitwirkung zu differenzieren ist (vgl. Art. 50 Abs. 1 OR; Urteil 6B_473/2012 vom 21. Februar 2013 E. 3 mit Hinweis). Inwiefern der Beschwerdegegner 3 aufgrund des durch den Angriff und der davongetragenen Verletzung keine seelische Unbill erlitten haben soll, begründet der Beschwerdeführer nicht. Einwendungen gegen die Höhe der Genugtuung macht er nicht geltend.
 
5.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. April 2015
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Held