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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C_850/2012
Urteil vom 19. April 2013
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Kneubühler,
Gerichtsschreiber Zähndler.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas A. Müller,
gegen
Amt für Migration und Integration Kanton Aargau, Rechtsdienst, Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau.
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts
im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 8. August 2012.
Erwägungen:
1.
Die 1983 geborene und in der Schweiz niederlassungsberechtigte türkische Staatsangehörige X.________ heiratete am 19. Juli 2002 ihren 1980 geborenen Landsmann Y.________, welcher daraufhin am 29. Dezember 2002 in die Schweiz einreiste und hier eine Aufenthaltsbewilligung erhielt. Am 27. September 2003 wurde eine gemeinsame Tochter und am 26. September 2005 ein gemeinsamer Sohn geboren. Vom 1. Mai 2008 bis zum 1. September 2008 lebten X.________ und Y.________ getrennt. Am 6. Mai 2009 wurde ein weiterer gemeinsamer Sohn geboren.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Zofingen vom 2. April 2009 wurde Y.________ der versuchten vorsätzlichen Tötung, der einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Tätlichkeiten, der mehrfachen Gefährdung des Lebens, der Beschimpfung, der Drohung, der Freiheitsberaubung, der sexuellen Nötigung sowie der Vergewaltigung - jeweils zum Nachteil seiner Ehefrau - schuldig erklärt und u.a. zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren verurteilt. Die dagegen eingelegten Rechtsmittel wurden mit Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 26. August 2010 und mit Urteil des Bundesgerichts vom 28. Februar 2011 (6B_829/2010) abgewiesen.
Mit Verfügung vom 8. April 2011 verweigerte das Amt für Migration und Integration Kanton Aargau (MIKA) die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von Y.________ unter Hinweis auf dessen Delinquenz. Die von Y.________ und X.________ erhobene Einsprache wies das MIKA mit Entscheid vom 5. September 2011 ab. Eine gegen den Einspracheentscheid gerichtete Beschwerde der Betroffenen wurde am 8. August 2012 vom Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau (seit 1. Januar 2013 Teil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau) in der Hauptsache ebenfalls abgewiesen.
2.
Wie nachfolgend aufgezeigt wird, erweist sich die Beschwerde in der Sache als offensichtlich unbegründet, weshalb sie ohne Weiterungen und ohne Prüfung der Eintretensvoraussetzungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG (summarische Begründung / Verweis auf den angefochtenen Entscheid) zu erledigen ist:
2.1 Gemäss Art. 51 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Art. 43 Abs. 1 und Art. 62 lit. b AuG erlischt der Anspruch des Ehegatten einer in der Schweiz niederlassungsberechtigten Ausländerin auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung, wenn er zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als "längerfristig" gilt jede Freiheitsstrafe, deren Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.). Dieses Erfordernis ist hier offensichtlich erfüllt.
2.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich im Wesentlichen darauf, dass die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung ihres Gatten unverhältnismässig sei. Die erhobene Rüge geht jedoch ins Leere: Richtig ist wohl, dass die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls verhältnismässig sein muss (Art. 8 Ziff. 2 EMRK; vgl. Art. 96 AuG). Dies hat das Rekursgericht aber nicht verkannt, sondern es hat die hier massgebenden öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Ehemanns der Beschwerdeführerin und deren private Interessen an einem Verbleib Ihres Gatten in der Schweiz sachgerecht gewürdigt und es für zumutbar erachtet, dass dieser in seine Heimat zurückkehrt.
2.3 Diese Schlussfolgerung der Vorinstanz ist weder im Lichte des Ausländergesetzes zu beanstanden noch ist darin eine Verletzung von Art. 8 EMRK zu erkennen: Die vom Ehemann der Beschwerdeführerin begangenen Straftaten sowie die dafür ausgesprochene Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren lassen auf ein sehr schweres Verschulden und auf eine erhebliche kriminelle Energie schliessen. Auch das Obergericht des Kantons Aargau ging von einem ausserordentlich schweren Verschulden aus: Der Gatte der Beschwerdeführerin habe sich innerhalb einer Zeitspanne von 14 Monaten mehrere massive Übergriffe auf seine Ehefrau zu Schulden kommen lassen. Er habe sich nicht damit abfinden können, dass sie ihn verlassen und eine aussereheliche Beziehung nicht aufgeben wollte. Aus diesem Grund habe er sich aus rein egoistischen Beweggründen in zum Teil skrupelloser Weise über die körperliche, sexuelle und ethische Integrität seiner Ehefrau hinweggesetzt. Weiter führte das Obergericht aus, der Ehemann der Beschwerdeführerin habe das Vertrauen seiner Gattin in schwerwiegender Weise missbraucht und seine sexuellen Wünsche, seine Rachegefühle und seine verletzte Ehre ohne Rücksicht auf die Interessen und Wünsche seiner Ehefrau mit Gewalt und Gewaltandrohungen ausgelebt. Er habe seine Ehefrau in ständige Angst versetzt und ihr Selbstbestimmungsrecht immer wieder massiv gebrochen (Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 26. August 2010 S. 22 ff.; Urteil des Bundesgerichts 6B_829/2010 vom 28. Februar 2011 E. 5.4). Durch eine derartige Delinquenz demonstrierte der Ehemann der Beschwerdeführerin eine ausgeprägte Geringschätzung gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung und gegenüber dem hier geltenden Wertesystem, was ein Verbleiben in der Schweiz grundsätzlich ausschliesst.
2.4 Soweit die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht versucht, ihre damaligen Aussagen im Strafprozess gegen ihren Ehemann zu relativieren und als Übertreibungen darzustellen, ist ihren Ausführungen nicht zu folgen: Einerseits besteht im ausländerrechtlichen Verfahren regelmässig kein Raum, die Beurteilung des Strafrichters in Bezug auf das Verschulden zu relativieren (Urteil 2C_888/2012 vom 14. März 2013 E. 4.2.3 mit Hinweisen). Andererseits hat sich bereits das Rekursgericht im Ausländerrecht mit diesem Einwand der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt und dabei in überzeugender Weise festgestellt, dass die Strafjustiz die damaligen belastenden Aussagen der Beschwerdeführerin auch aufgrund objektiver Umstände, namentlich des Spurenbilds, als glaubhaft erachten durfte.
2.5 Nicht zielführend ist es ferner, wenn die Beschwerdeführerin behauptet, ihrem Gatten sei eine günstige Rückfallprognose zu stellen: Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, kommt der Rückfallgefahr bzw. der Wahrscheinlichkeit eines künftigen Wohlverhaltens ausserhalb des Anwendungsbereichs des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) keine zentrale Bedeutung zu und es dürfen hier im Rahmen der Interessenabwägung auch generalpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Wie das Rekursgericht zudem richtig festgehalten hat, wird vom Bundesgericht bei schwerer Delinquenz eine strenge Praxis verfolgt: Selbst ein geringes Rückfallrisiko muss diesfalls nicht hingenommen werden (E. 4.2.2 des angefochtenen Entscheids, mit Hinweis auf die bundesgerichtliche Praxis). Angesichts der beschränkten Relevanz der Rückfallgefahr war die Vorinstanz - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - auch nicht verpflichtet, bei der zuständigen Vollzugsanstalt einen aktuellen Führungs- oder Therapiebericht einzuholen.
2.6 Soweit die Beschwerdeführerin bestreitet, dass ihr Ehegatte ein öffentliches Sicherheitsrisiko darstelle, zumal sich dessen Gewaltexzesse "nur" gegen sie und nicht gegen Dritte gerichtet hätten, gehen ihre Ausführungen fehl: Wie bereits aufgezeigt (vgl. E. 2.3 hiervor) hat der Ehegatte der Beschwerdeführerin gravierende Straftaten gegen seine Ehefrau verübt und dabei sowohl eklatante charakterliche Defizite als auch eine ganz erhebliche Gewaltbereitschaft unter Beweis gestellt. Dass er die genannten Delikte nicht an einem beliebigen Dritten, sondern an einer ihm besonders nahestehenden Person begangen hat, lässt sie in keiner Weise als geringfügiger erscheinen. Zudem besteht keinerlei Gewähr, dass sich sein offenkundig vorhandenes erhebliches Gewaltpotenzial nicht auch gegenüber anderen Personen auswirken kann.
3.
Da demnach die Beschwerde als offensichtlich unbegründet abzuweisen ist (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG), hat die Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Aus demselben Grund ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. April 2013
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Zähndler