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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_922/2012
Urteil vom 26. Februar 2013
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Polla.
Verfahrensbeteiligte
N.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Christos Antoniadis,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 4. September 2012.
Sachverhalt:
A.
Der 1959 geborene N.________ war als Hauswart bei der Firma S.________ AG obligatorisch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert. Daneben war er für 10 Stunden pro Woche als Hauswart bei der Firma W.________ tätig. Am 26. November 2007 verletzte er sich beim Sturz von einer Leiter an der rechten Schulter. Nach arthroskopischer Labrumrefixation mit Débridement und in der Folge Zeichen einer Beweglichkeitseinschränkung über der Horizontalen unterschiedlichen Ausmasses, sprach ihm die SUVA eine Integritätsentschädigung entsprechend einer Integritätseinbusse von 10 % (Verfügung vom 30. Oktober 2009) sowie eine Invalidenrente auf der Basis einer Erwerbsunfähigkeit von 20 % ab 1. November 2010 zu (Verfügung vom 29. November 2010). Die gegen die Verfügung vom 29. November 2010 erhobene Einsprache wies die SUVA mit Einspracheentscheid vom 1. Juni 2011 ab.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 4. September 2012 ab.
C.
N.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm eine Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 33 % zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zu ergänzenden medizinischen Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen; subeventualiter sei die SUVA zu weiteren Abklärungen zu verpflichten.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 7 und Art. 8 ATSG) und über die Ermittlung des Invaliditätsgrades mittels Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Grundsätze zum Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.
3.
3.1 Der Beschwerdeführer beanstandet zunächst, dass sich das kantonale Gericht bei der Festlegung des Invaliditätseinkommens hinsichtlich der angenommenen Restarbeitsfähigkeit auf das anlässlich des vom 24. März bis 28. April 2010 dauernden Aufenthaltes in der Klinik X.________ erstellte Zumutbarkeitsprofil stützte. Er sei darüber nicht informiert worden, dass er sich nicht nur zur Behandlung, sondern auch zur medizinischen Abklärung in der Klinik X.________ aufhalten würde, weshalb der Austrittsbericht vom 16. Juni 2010 gemäss BGE 136 V 117 nicht zu berücksichtigen sei.
3.2 Wie das Bundesgericht in BGE 136 V 117 erkannte, sind die fachmedizinischen Stellungnahmen der Klinik X.________, soweit sie von der SUVA verlangt werden, nicht als Gutachten unabhängiger Sachverständiger zu betrachten, weshalb Art. 44 ATSG nicht anwendbar ist und sich damit aus dieser Bestimmung auch keine Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs ergeben kann. Indessen verletzt die SUVA das Recht auf Selbstbestimmung, welches Teil des Anspruchs auf persönliche Freiheit bildet, und den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn sie die medizinische Begutachtung einer versicherten Person während eines Rehabilitationsaufenthalts durch die behandelnden Ärzte ohne Wissen der Betroffenen anordnet. Sofern die versicherte Person oder ihr Rechtsanwalt vor Beginn des Klinikaufenthalts nicht realisieren konnte oder musste, dass der von der SUVA angeordnete Rehabilitationsaufenthalt zusätzlich der gutachterlichen Beurteilung des medizinischen Sachverhalts gilt, ihnen somit vor Anordnung der medizinischen Begutachtung keine Gelegenheit geboten wurde, zur Notwendigkeit und Zumutbarkeit Stellung zu nehmen, liegt ein Eingriff in das Recht auf körperliche und geistige Integrität vor, welches zum Schutzbereich des Anspruches auf persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 8 EMRK gehört. Die diesbezügliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist schwerwiegend und mit Blick auf die Garantie als Teilgehalt des Gebots des fairen Verfahrens (Art. 29 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK) besteht ein grundsätzliches Verwertungsverbot bezüglich des widerrechtlich erlangten Beweises (BGE 126 V 117 E. 4.2 S. 125 ff.).
3.3
3.3.1 SUVA-Kreisarzt Dr. med. M.________ gab im Anmeldeformular vom 2. Februar 2010 zur stationären Rehabilitation als Hauptziel des Klinikaufenthaltes eine Beurteilung der Zumutbarkeit und als Nebenziel eine berufliche Zielsetzung hinsichtlich Reintegration, Klärung der Perspektiven und Steigerung der Arbeitsfähigkeit an, wie der Beschwerdeführer selber einräumt. In den Akten findet sich eine Telefonnotiz vom 4. Februar 2010 der zuständigen Case Managerin der SUVA, worin sie festhielt, der Versicherte nehme zur Kenntnis, dass er für eine stationäre Abklärung in der Klinik X.________ angemeldet worden sei, womit er sich einverstanden erklärt habe. Gleichentags informierte die Case Managerin telefonisch auch die Firma K.________ AG, die von der Beschwerdegegnerin einen Auftrag zur beruflichen Reintegration des Versicherten innehatte, über die geplante stationäre Abklärung. Im Beratungs- und Integrationsbericht vom 27. April 2010 begrüsste die Firma ihrerseits die stationäre Abklärung der Arbeitsfähigkeit ebenso wie der behandelnde Chirurg Dr. med. V.________, der per Fax über die Abklärungsabsicht der SUVA in Kenntnis gesetzt wurde (Telefonnotiz der SUVA vom 5. Februar 2010). Damit ist - entgegen den Darlegungen in der Beschwerde - davon auszugehen, dass die SUVA den Versicherten vor Klinikeintritt über die Hauptzielsetzung des Aufenthaltes informierte und ihm Gelegenheit bot, sich hierzu zu äussern. Ein Verwertungsverbot liegt nicht vor.
3.3.2 Mit Blick auf die übrige medizinische Aktenlage wird in materieller Hinsicht zu Recht nichts gegen das im Austrittsbericht der Klinik X.________ (vom 16. Juni 2010) formulierte Zumutbarkeitsprofil eingewendet. Mit der Vorinstanz ist daher anzunehmen, dass dem Versicherten eine leichte bis mittelschwere, leidensadaptierte Tätigkeit ganztags zumutbar ist (keine Arbeiten über Schulterhöhe, keine wiederholten Schläge und Vibrationen, Gewichtslimit bimanuell und körpernah auf Bauchhöhe von 20 kg).
4.
Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer die Ermittlung des hypothetischen Invalideneinkommens mittels Arbeitsplatzdokumentation der SUVA (DAP). Die aufgelegten DAP-Blätter seien nicht repräsentativ; etliche der 246 herangezogenen DAP-Profile entsprächen nicht dem Behinderungsprofil.
4.1 Die DAP enthält tatsächlich in der Schweiz existierende Arbeitsplätze, die - im Gegensatz zu den Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik - auf die Region, die körperliche Belastung und die zumutbare Tätigkeit abstellen. Zur Repräsentativität der DAP ist erforderlich, dass in quantitativer Hinsicht mindestens fünf zumutbare Arbeitsplätze angegeben werden und im Sinne einer qualitativen Anforderung der Unfallversicherer Angaben über die Gesamtzahl der aufgrund der gegebenen Behinderung infrage kommenden dokumentierten Arbeitsplätze, über den Höchst- und den Tiefstlohn sowie über den Durchschnittslohn der dem jeweils verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden Gruppe macht (BGE 129 V 472 E. 4.2.2 S. 480 f.).
4.2 Die Beschwerdegegnerin weist die zumutbaren Arbeitsplätze aufgrund von fünf DAP-Arbeitsplätzen (DAP-Nr. 9969 [Qualitätskontrolleur], 8328 [Abpacker], 4549 [Hilfsarbeiter], 350573 [Hilfsarbeiter], 410120 [Hilfsarbeiter]) nach. Sie gibt sodann eine Gesamtzahl von 246 dokumentierten Arbeitsplätzen an, die den im Austrittsbericht der Klinik X.________ formulierten und vom Kreisarzt Dr. med. M.________ anlässlich seiner Abschlussuntersuchung vom 16. Juni 2010 bestätigten Einschränkungen entsprechen. Dass diese fünf Arbeitsplätze nicht mit seinem Zumutbarkeitsprofil vereinbar seien, wird vom Beschwerdeführer letztinstanzlich zu Recht nicht mehr bestritten. Andere DAP-Arbeitsplätze wurden - wovon der Beschwerdeführer auszugehen scheint - für die Ermittlung des Invalideneinkommens nicht herangezogen, worauf bereits die Vorinstanz zutreffend verwies, weshalb die entsprechenden Einwendungen in der Beschwerde zu anderen DAP-Profilen irrelevant sind. Der Maximallohn beträgt Fr. 75'010.- der Minimallohn Fr. 47'150.- und der Durchschnitt aller Löhne Fr. 58'670.-. Die von der SUVA verwendeten Daten gemäss den DAP-Blättern sind repräsentativ und entsprechen den nach der Rechtsprechung (BGE 129 V 472 E. 4.2.2 S. 480) vorausgesetzten Anforderungen für eine auf in der DAP dokumentierte Verdienstmöglichkeiten gestützte Invaliditätsbemessung. Das von der SUVA und Vorinstanz hinsichtlich einer hypothetischen Haupterwerbstätigkeit ermittelte Invalideneinkommen von Fr. 57'744.- ist zu bestätigen.
5.
5.1 Der Beschwerdeführer übte sodann als Gesunder zusätzlich zur Haupterwerbstätigkeit eine Nebenerwerbstätigkeit als Hauswart im Umfang von 10 % einer Vollzeitbeschäftigung aus, die er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit weiterhin ausgeübt hätte, wenn er gesund geblieben wäre. Ärztlicherseits bestätigte der Kreisarzt Dr. med. M.________ auf Nachfrage hin die Zumutbarkeit einer leichteren Nebenbeschäftigung ohne zeitliche Limitierung auch nach dem Unfallereignis (Aktennotiz vom 28. Juli 2010). Der Beschwerdeführer bestreitet die Zumutbarkeit einer Nebenbeschäftigung aufgrund seines Gesundheitsschadens. In den medizinischen Akten sei ausser der Angabe des Kreisarztes Dr. med. M.________ nirgends vermerkt, dass ihm weiterhin eine Nebenbeschäftigung zumutbar sei.
5.2 Bei der Bestimmung des zuletzt erzielten Einkommens sind grundsätzlich sämtliche Bestandteile des Erwerbseinkommens, mithin Nebeneinkünfte und geleistete Überstunden oder Einkommenszusätze, zu berücksichtigen. Derartige Zuschläge sind auch bei der Berechnung des Invalideneinkommens miteinzubeziehen, wenn feststeht, dass die versicherte Person im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, die zu solchen Zuschlägen führen (SVR 2011 IV Nr. 55 S. 163 E. 4 und 5, 8C_671/2010; RKUV 1989 Nr. U 69 S. 176 E. 2c, U 24/88).
5.3 Durch den Umstand, dass sich einzig Dr. med. M.________ zur Zumutbarkeit einer Nebenbeschäftigung äusserte und sich die übrigen ärztlichen Einschätzungen der Restarbeitsfähigkeit auf ein Vollzeitpensum bezogen, verliert die diesbezügliche Angabe des Dr. med. M.________ nicht an Aussagekraft, weshalb die Vorinstanz zu Recht eine zumutbare Nebenbeschäftigung bei der Ermittlung sowohl des Validen- als auch des Invalideneinkommens berücksichtigte. Es ist nicht zu beanstanden, dass sie in antizipierter Beweiswürdigung von Beweisweiterungen absah (vgl. BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94).
5.4 Mit Blick auf die diesbezügliche Berechnung des Invalideneinkommens durch das kantonale Gericht mittels statistischer Werte (Schweizerische Lohnstrukturerhebung 2010 [LSE]) beruft sich der Beschwerdeführer sodann auf den im letztinstanzlichen Verfahren aufgelegten Arbeitsvertrag vom 15. August 2011 als Hauswart mit einem 80%igen Beschäftigungsgrad und verlangt die Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Einkommens als massgebendes Invalideneinkommen.
5.5 Als unzulässiges neues Beweismittel (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. zur Geltung dieses Grundsatzes im Beschwerdeverfahren um Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfall- und Militärversicherung: BGE 135 V 194 E. 3.4 S. 199 f.) ist dieser indessen nicht zu berücksichtigen, wobei der tatsächlich erzielte Verdienst bereits schon deshalb nicht als hypothetisches Invalideneinkommen heranzuziehen wäre, weil die verbleibende Arbeitsfähigkeit nicht in zumutbarer Weise voll ausgeschöpft wird (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301; 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475). Damit muss es mit dem vorinstanzlich ermittelten hypothetischen Invalideneinkommen von insgesamt Fr. 68'771.- (Fr. 57'744.- aus der Haupterwerbstätigkeit und Fr. 11'027.- aus der Nebenerwerbstätigkeit) sein Bewenden haben. Verglichen mit dem unbeanstandet gebliebenen Valideneinkommen von Fr. 85'880.- resultiert ein Invaliditätsgrad von 20 %.
6.
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 1 und 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. Februar 2013
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Ursprung
Die Gerichtsschreiberin: Polla