BGer 9C_1028/2009
 
BGer 9C_1028/2009 vom 19.03.2010
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
9C_1028/2009
Urteil vom 19. März 2010
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Scartazzini.
 
Verfahrensbeteiligte
M.________,
vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau,
Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 22. Oktober 2009.
Sachverhalt:
A.
A.a Der 1956 geborene M.________ meldete sich erstmals am 30. August 1999 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 17. April 2002 verneinte die IV-Stelle des Kantons Aargau (IV-Stelle) den Anspruch auf eine Invalidenrente mangels rentenbegründender Invalidität. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit rechtskräftigem Entscheid vom 11. September 2002 ab. Die IV-Stelle trat mit Verfügung vom 8. August 2003 auf eine Neuanmeldung mangels Glaubhaftmachung einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht ein. Mit Mitteilung vom 29. April 2005 trat sie auch auf ein Gesuch um Wiedererwägung vom 16. Juni 2004 nicht ein und mit Verfügung vom 28. Dezember 2005 wies sie ein erneutes Begehren um Wiedererwägung ab. Die dagegen erhobenen Einwände wurden mit Einspracheentscheid vom 21. Juni 2006 abgewiesen, was das kantonale Gericht mit rechtskräftigem Entscheid vom 15. August 2007 bestätigte.
A.b Am 28. Mai 2008 stellte der Versicherte ein erneutes Rentenbegehren und legte damit einen Bericht des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ vom 20. April 2008 und in der Folge ein weiteres Zeugnis desselben Arztes vom 25. August 2008 sowie ein ärztliches Zeugnis des Chirurgen Dr. med. B.________ vom 6. September 2008 ins Recht. Mit Verfügung vom 6. Oktober 2008 trat die IV-Stelle auf das Gesuch nicht ein.
B.
Nach Beschwerdeerhebung reichte der Versicherte der IV-Stelle am 21. Januar 2009 Befunde der Klinik X.________ vom 13. Januar 2009 und dem Gericht am 9. Juli 2009 einen weiteren Bericht des Dr. med. C.________ vom 28. Juni 2009 ein. Das Versicherungsgericht wies die Beschwerde gegen die Verfügung vom 6. Oktober 2008 mit Entscheid vom 22. Oktober 2009 ab.
C.
M.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei auf das Gesuch vom 28. Mai 2008 einzutreten und es sei über die Invalidenrente neu zu entscheiden. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
IV-Stelle, Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde an das Bundesgericht (Art. 107 Abs. 1 BGG) nur zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (unter anderem) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Hiezu gehört insbesondere auch die unvollständige (gerichtliche) Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen und die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als einer wesentlichen Verfahrensvorschrift (Urteile 9C_534/2007 vom 27. Mai 2008, E. 1 mit Hinweis auf Ulrich Meyer, N. 58-61 zu Art. 105, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008; Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N. 24 zu Art. 97).
2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Beweisanforderungen an die Glaubhaftmachung einer massgeblichen Tatsachenänderung bei Neuanmeldung nach vorangegangener Leistungsverweigerung (Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV; BGE 130 V 64 E. 2 S. 66 und E. 5.2.3 S. 68) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig sind die Ausführungen zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten und zur Beweiswürdigung (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.; 122 V 157 E. 1c S. 160 ff., je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400). Darauf wird verwiesen.
3.
3.1 Am 28. Mai 2008, im Zeitpunkt des erneuten Rentenbegehrens, lagen der Bericht des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ vom 20. April 2008 und ein MRI-Befund der Hals- und Lendenwirbelsäule des Instituts Y.________ vom 31. Januar und 1. Februar 2008 vor. Letzterer weist tatsächlich eine Diskushernie in der Lendenwirbelsäule aus, wobei darin jedoch auch festgestellt wurde, dass eine signifikante Nervenwurzelkompression jeweils nicht nachzuweisen war. Innert erstreckter Frist bis zum 30. September 2008 zur Einreichung weiterer ärztlicher Berichte reichte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nochmals einen am 25. August 2008 erstellten Bericht des Psychiaters Dr. med. C.________ ein, wonach u.a. "zunehmende Beschwerden der Halswirbelsäule" erwähnt werden und - nicht weiter begründet - auch eine Verschlechterung in psychiatrischer Hinsicht geltend gemacht wurde.
3.2 Der MRI-Befund einer Diskushernie allein, ohne Wurzelreizung, reicht nicht aus, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes glaubhaft zu machen. Auch der Bericht des Chirurgen Dr. med. B.________ vom 6. September 2008 enthält keine substantiellen Erkenntnisse zu den Beschwerden in diesem Bereich der Wirbelsäule. Daraus ergibt sich, dass die IV-Stelle mit Verfügung vom 6. Oktober 2008 zu Recht auf die Neuanmeldung vom 28. Mai 2008 nicht eingetreten ist und dass der angefochtene Entscheid somit weder auf einer offensichtlich unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts beruht, noch sonstwie gegen Bundesrecht verstösst.
4.
Erst die Befunde der Klinik X.________ vom 13. Januar 2009, welche der Versicherte am 21. Januar 2009 bei der IV-Stelle eingereicht hat, weisen eine Diskushernie mit Nervenwurzelreizung bei der Lendenwirbelsäule aus, was die aktuellen Beschwerden erklären mag. Es ist daher nicht auszuschliessen, dass der Beschwerdeführer damit eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes glaubhaft macht, wobei die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid bereits festgehalten hat (E. 3.2), diese medizinischen Berichte könnten im Rahmen eines erneuten Verfahrens gewürdigt werden.
5.
Von der Erhebung von Verfahrenskosten wird umständehalber abgesehen (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG), weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. März 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Meyer Scartazzini