BGer 2C_271/2009
 
BGer 2C_271/2009 vom 17.09.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
2C_271/2009
Urteil vom 17. September 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Zähndler.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Steueramt des Kantons Aargau.
Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2002,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 6. März 2009.
Sachverhalt:
A.
Das zwischen X.________ und der A.________ Holding AG bestehende Arbeitsverhältnis wurde per 30. Juni 2002 aufgelöst. Bereits am 17. Juni 2002 will X.________ gemäss eigenen Angaben eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen haben. Als Zweck der nicht im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma nennt er die Unternehmensberatung, insbesondere Management Support für KMU des Baugewerbes.
Sodann übernahm X.________ am 3. Juni 2002, rückwirkend auf den 1. Juni 2002, sämtliche Aktien der B.________ AG zu einem Kaufpreis von total Fr. 1.--. Zuvor waren sämtliche Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgetreten und per 10. Juni 2002 schieden auch die meisten Organe aus. Nur X.________ verblieb als Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift im Unternehmen, welches am 29. Oktober 2003 auf "C.________ AG" umfirmiert wurde.
Mit Verfügung vom 9. März 2006 wurde X.________ von der Steuerkommission R.________ betreffend die Steuerperiode 2002 für ein steuerbares Einkommen von Fr. 146'300.-- und für ein steuerbares Vermögen von Fr. 9'000.-- veranlagt. In Abweichung von der Selbstschatzung wurde dabei u.a. ein deklarierter Verlust aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von Fr. 107'270.-- nicht zum Abzug zugelassen, da die Steuerkommission das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit verneinte. Eine von X.________ hiergegen erhobene Einsprache wurde am 9. Mai 2006 abgewiesen.
B.
Gegen den ablehnenden Einspracheentscheid rekurrierte X.________ beim Steuerrekursgericht des Kantons Aargau und verlangte die steuerliche Berücksichtigung des behaupteten Verlustes aus selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Zulassung von weiteren Abzügen. Das Steuerrekursgericht hiess den Rekurs in seinem Urteil vom 21. Februar 2008 nur teilweise gut und reduzierte das steuerbare Einkommen um Fr. 500.-- auf neu Fr. 145'800.--. Hiergegen beschwerte sich X.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Dieses wies die Beschwerde am 6. März 2009 ab: Wie schon seine Vorinstanzen vermochte auch das Verwaltungsgericht für das Jahr 2002 keine selbständige Erwerbstätigkeit von X.________ zu erkennen und es erachtete die geltend gemachten Aufwendungen nicht als abzugsfähig.
C.
Mit Eingabe vom 30. April 2009 führt X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er stellt den Antrag, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und es sei ihm ab 17. Juni 2002 "der Status als selbständig Erwerbender (...) zuzugestehen". Die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen "zur Beurteilung der Beschwerde vom 8. April 2008 unter dem Aspekt des Status der selbständigen Erwerbstätigkeit".
Das Steueramt des Kantons Aargau und die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde, während das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid auf eine Stellungnahme verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 Abs. 1 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Auf das form- und fristgerecht eingereichte Rechtsmittel kann daher grundsätzlich eingetreten werden (unter Vorbehalt von E. 1.3 hiernach).
1.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Hiervon kann nur abgewichen werden, wenn dieser offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG).
1.3 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren Begründung zu enthalten. Im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Ob die vorliegende Beschwerde diesen Anforderungen genügt, erscheint fraglich. Die Frage kann offen bleiben, zumal sich die Beschwerde als unbegründet erweist, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen.
2.
2.1 Bei selbständiger Erwerbstätigkeit werden von den steuerbaren Einkünften die geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten abgezogen, wozu insbesondere auch die eingetretenen und verbuchten Verluste auf Geschäftsvermögen gehören (Art. 10 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14]; § 36 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 15. Dezember 1998 [StG/AG]). Umstritten und nachfolgend zu prüfen ist im vorliegenden Fall, ob die vom Beschwerdeführer in der massgeblichen Steuerperiode ausgeübte Erwerbstätigkeit als "selbständig" zu qualifizieren ist und der von ihm geltend gemachte Geschäftsverlust demzufolge von den steuerbaren Einkünften abzuziehen ist.
2.2 Der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit wird weder im Steuerharmonisierungsgesetz noch im kantonalen Steuergesetz definiert. Gemäss Lehre und Praxis fällt darunter allgemein jede Tätigkeit, bei der ein Unternehmer auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit und Kapital, in einer frei gewählten Organisation und mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Eine solche Tätigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dauernd oder temporär ausgeübt werden. Ob eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, ist stets nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen; die einzelnen Begriffsmerkmale dürfen nicht isoliert betrachtet werden und können auch in unterschiedlicher Intensität auftreten (BGE 125 II 113 E. 5.b S. 120 f.; vgl. Markus Reich in: Zweifel / Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht [I/1], Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Aufl. 2002, Rz. 13 ff. zu Art. 8 StHG; Jürg Altorfer / Julia von Ah in Klöti-Weber / Siegrist / Weber, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 3. Aufl. 2009, Rz. 8 ff. zu § 27 StG/AG). Im Einzelfall kann eine selbständige Erwerbstätigkeit auch dann vorliegen, wenn der Betreffende nicht nach aussen sichtbar am Wirtschaftsverkehr teilnimmt bzw. wenn kein selbständiger Marktauftritt vorliegt und wenn kein Unternehmen, Gewerbe oder Geschäft betrieben wird (Urteil 2C_101/2008 vom 18. Juni 2008 E. 2.1, in: ASA 78, 317 S. 319; Urteil 2A.126/2007 vom 19. September 2007 E. 2.2, in: StR 63, 36 S. 38 betreffend die gleich lautende Bestimmung von Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]; BGE 122 II 446 E. 5 S. 453 zu Art. 21 Abs. 1 lit. a des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer [BdBSt], jeweils mit Hinweisen).
Steuerrechtlich unbeachtlich ist eine selbständige Erwerbstätigkeit demgegenüber, wenn diese nur zum Schein besteht oder anderweitig keinen erwerblichen Charakter aufweist. In diesem Zusammenhang kommt dem Vorhandensein einer Gewinnabsicht entscheidende Bedeutung zu (BGE 122 II 446 E. 3.c S. 450). Diese Absicht bildet ein subjektives Kriterium, das nur aufgrund äusserer Umstände festgestellt werden kann (Urteil 2A.126/2007 vom 19. September 2007 E. 2.3; Peter Locher, Kommentar zum DBG; I. Teil, Rz. 14 zu Art. 18 DBG). Für die Bejahung einer Gewinnabsicht genügt es noch nicht, dass die steuerpflichtige Person subjektiv eine solche für sich in Anspruch nimmt. Vielmehr muss die behauptete Gewinnabsicht aufgrund konkreter wirtschaftlicher Tatsachen, wie sie für die selbständige Erwerbstätigkeit kennzeichnend sind, auch nachgewiesen sein (BGE 115 V 161 E. 9.b S. 171).
2.3 In Zusammenhang mit der Frage, ob der Beschwerdeführer im zweiten Halbjahr 2002 einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, erachtete die Vorinstanz folgende Gesichtspunkte als massgeblich:
In seiner Erfolgsrechnung 2002 verbuchte der Beschwerdeführer als Ertrag einzig eine Zahlung von Fr. 81'000.--, die aus der Provision einer Lebensversicherungsgesellschaft stammte und mit der angeblich von ihm angebotenen Unternehmensberatung nichts zu tun hatte (E. 1.3.1 des angefochtenen Entscheids).
Im Jahr 2002 deklarierte der Beschwerdeführer einzig ein Mandat der B.________ AG, welche von ihm selbst erworben wurde und deren einziger Aktionär und Verwaltungsrat er ist. Dieses "Mandat" führte zu keinen Honorareinnahmen (E. 1.3.2 des angefochtenen Entscheids).
Die Bilanz des Beschwerdeführers per 31. Dezember 2002 weist ein Umlaufvermögen von Fr. 0.-- und keinerlei Konti bei einer Bank oder bei der Post aus (E. 1.3.2 des angefochtenen Entscheids).
Die Inserierungen des Beschwerdeführers erfolgten nicht während der Steuerperiode 2002 und hatten darüber hinaus nichts mit der von ihm als Tätigkeit genannten Unternehmensberatung zu tun (E. 1.3.2 des angefochtenen Entscheids).
Aufgrund dieser Umstände gelangte das Verwaltungsgericht zum Schluss, es sei beim Beschwerdeführer bezüglich die Steuerperiode 2002 keine Gewinnabsicht erkennbar, weshalb nicht von einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Unternehmensberater gesprochen werden könne.
2.4 Die Schlussfolgerungen der Vorinstanz erscheinen nachvollziehbar und überzeugend. Was der Beschwerdeführer hiergegen vorbringt, vermag nicht durchzudringen:
So stellt er sich etwa auf den Standpunkt, die Vorinstanz habe das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit dem Grundsatze nach anerkannt und auch nicht bestritten, dass er "als selbständig Erwerbender wahrnehmbar am Wirtschaftsverkehr teilgenommen habe" (S. 4 der Beschwerde). Diese Behauptung erscheint angesichts des ausführlich begründeten gegenteiligen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts als offensichtlich unzutreffend.
Weiter argumentiert der Beschwerdeführer, die Vorinstanz sei in Willkür verfallen, als sie seine Gewinnabsicht und damit die selbständige Erwerbstätigkeit aufgrund der fehlenden Einnahmen in der betreffenden Steuerperiode verneint habe; es sei anerkannt, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht erst dann beginne, wenn Einkünfte flössen. Der Beschwerdeführer übersieht indes, dass die Vorinstanz die selbständige Erwerbstätigkeit nicht nur aufgrund fehlender unternehmensspezifischer Erträge, sondern aufgrund einer Würdigung sämtlicher Gesichtspunkte verneint hat. Dieses Vorgehen ist korrekt, und von Willkür kann keine Rede sein.
Das Verwaltungsgericht durfte demzufolge die Abzugsfähigkeit des Verlustes aus selbständiger Erwerbstätigkeit verneinen, ohne hierdurch gegen das Steuerharmonisierungsgesetz oder die verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers zu verstossen.
3.
Der Beschwerdeführer beanstandet im Weitern, dass die Vorinstanz die Abzugsfähigkeit von diversen Anwaltskosten zu Unrecht unter dem Aspekt einer unselbständigen Erwerbstätigkeit geprüft habe, und er verlangt ausdrücklich die Beurteilung dieser Kosten "unter dem Aspekt der selbständigen Erwerbstätigkeit". Da es gemäss den vorstehenden Erwägungen jedoch an einer solchen, selbständigen Erwerbstätigkeit in der betreffenden Steuerperiode fehlt, geht die Rüge ins Leere.
4.
Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Steueramt und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. September 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Müller Zähndler