BGer 1C_217/2009
 
BGer 1C_217/2009 vom 11.08.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
1C_217/2009
Urteil vom 11. August 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Dold.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Volken,
gegen
Gemeinde Grafschaft, Postfach, 3989 Grafschaft,
Staatsrat des Kantons Wallis, Regierungsgebäude, 1951 Sitten.
Gegenstand
Beschwerdefrist bei kommunaler Abstimmung,
Beschwerde gegen das Urteil vom 17. April 2009 des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung.
Sachverhalt:
A.
Am 7. November 2008 fand in der Gemeinde Grafschaft eine ausserordentliche Urversammlung betreffend die Verleihung einer Wasserrechtskonzession statt. X.________, der in der Gemeinde Grafschaft stimmberechtigt ist, nahm an dieser Urversammlung teil und stellte den Antrag, die Abstimmung sei schriftlich durchzuführen. Dem Antrag wurde stattgegeben, die Abstimmungsvorlage wurde angenommen und das Abstimmungsergebnis den Teilnehmern der Urversammlung sogleich mitgeteilt.
Am 19. November 2008 focht X.________ den Urversammlungsbeschluss vom 7. November 2008 beim Staatsrat des Kantons Wallis an und machte verschiedene Unregelmässigkeiten bei der Abstimmung geltend. Der Staatsrat trat mit Entscheid vom 21. Januar 2009 auf die Beschwerde nicht ein. Die Beschwerde sei nach Ablauf der dreitägigen Beschwerdefrist und damit verspätet eingereicht worden. Das Kantonsgericht Wallis wies ein gegen diesen Entscheid eingelegtes Rechtsmittel mit Urteil vom 17. April 2009 ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 22. Mai 2009 beantragt X.________ im Wesentlichen, der Entscheid des Kantonsgerichts sei aufzuheben und der Staatsrat anzuweisen, die Beschwerde vom 19. November 2008 materiell zu behandeln.
Die Gemeinde Grafschaft, der Staatsrat und das Kantonsgericht beantragen in ihrer jeweiligen Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Mit Präsidialverfügung vom 23. Juni 2009 hat das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen Verletzung politischer Rechte nach Art. 82 lit. c BGG steht in kommunalen Stimmrechtssachen offen (Urteil 1C_393/2007 vom 18. Februar 2008 E. 1.1 mit Hinweis). Das Rechtsmittel steht nicht nur gegen die Wahlen und Abstimmungen einer Gemeindeversammlung zur Verfügung, sondern auch gegen diesbezügliche Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen. Die vorliegende Beschwerde betrifft die Frage, ob die Beschwerdefrist im Verfahren vor dem Staatsrat des Kantons Wallis eingehalten wurde. Es würde auf eine Verletzung des Stimmrechts des Beschwerdeführers hinauslaufen, wenn das Kantonsgericht dessen Nichteintretensentscheid zu Unrecht geschützt hätte (BGE 113 Ia 146 E. 1b S. 149; Urteil 1C_393/2007 vom 18. Februar 2008 E. 1.1). Der Beschwerdeführer ist in der Gemeinde stimmberechtigt und daher zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 3 BGG). Unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägung ist auf die Beschwerde einzutreten.
1.2 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und der politischen Rechte (Art. 34 BV) geltend (jeweils in Verbindung mit Art. 35 f. BV) und begründet diese Rügen in seiner Beschwerdeschrift. Darauf ist einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f. mit Hinweisen). Darüber hinaus bringt er vor, das Gleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV), der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV), die Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16 BV) sowie die allgemeinen Verfahrensgarantien gemäss Art. 29 BV seien missachtet worden. Er legt indessen nicht dar, inwiefern dies zutreffen soll. In dieser Hinsicht genügt die Beschwerdeschrift den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BV nicht und ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
2.
2.1 Gemäss Art. 215 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Wallis vom 13. Mai 2004 über die politischen Rechte (GPR; SGS 160.1) kann gegen eine kommunale Abstimmung beim Staatsrat Beschwerde eingereicht werden (Abs. 1) und muss diese innert drei Tagen nach Bekanntwerden des Beschwerdegrunds, spätestens aber am dritten Tag seit der Veröffentlichung der Resultate mittels eingeschriebenem Brief hinterlegt werden (Abs. 2). Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Vorinstanz habe diese Bestimmung falsch ausgelegt. Vielmehr rügt er, die Beschwerdefrist von drei Tagen sei willkürlich und verstosse gegen Art. 34 BV.
2.2 Ob und innert welcher Frist gegen Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen von Wahlen und Abstimmungen kantonale Rechtsmittel erhoben werden können bzw. müssen, regelt das kantonale Recht (vgl. BGE 118 Ia 271 E. 1e S. 275).
Die vorliegend vom kantonalen Gesetzgeber in Art. 215 Abs. 2 GPR festgelegte Frist von drei Tagen erweist sich als verfassungskonform. Sie ist zwar sehr kurz und lässt dem Betroffenen wenig Zeit, die Sach- und Rechtslage abzuklären und eventuell Rat und Unterstützung bei einem Rechtsanwalt einzuholen. Es besteht jedoch ein öffentliches Interesse an einer raschen Gewissheit über die Gültigkeit der Abstimmung oder Wahl. Dringlichkeit liegt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers mithin nicht nur dann vor, wenn es um die Behebung von Mängeln noch vor der Wahl oder Abstimmung geht (vgl. dazu etwa BGE 121 I 1 E. 3b S. 5; Urteile 1C_217/2008 vom 3. Dezember 2008 E. 1.2; 1C_35/2008 vom 19. Mai 2008 E. 3.3 und 4.2; je mit Hinweisen), sondern auch, wenn eine Klärung der Gültigkeit nach der Wahl oder Abstimmung erforderlich ist. Die dreitägige Frist ist im Übrigen keineswegs unüblich. Neben dem Bund ist sie mehreren kantonalen Rechtsordnungen bekannt (vgl. Art. 77 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte [BPR; SR 161.1]; BGE 121 I 1 E. 3b S. 5; vgl. auch Urteil 8G.123/2002 vom 5. Februar 2003 E. 3; je mit Hinweisen). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Urteil 1C_383/2008 vom 21. Januar 2008. Die in jenem Entscheid wesentlichen Erwägungen lassen sich offensichtlich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen (vgl. a.a.O., E. 2.3.2-2.5 mit Hinweisen).
Anzufügen ist, dass eine kurze Beschwerdefrist wie die hier strittige zusammen mit den weiteren Sachurteilsvoraussetzungen aufgrund der unverkennbaren Schwierigkeiten für den Rechtssuchenden in grosszügiger Weise gehandhabt werden muss. So dürfen an die Erkennbarkeit eines Mangels, mit welcher die Beschwerdefrist ausgelöst wird, keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. An die Beschwerdebegründung ist sodann kein strenger Massstab anzulegen (BGE 121 I 1 E. 3b S. 6). Dies gilt insbesondere in einem Fall wie dem vorliegenden, wo die Dreitagesfrist an einem Freitag zu laufen begann und an einem Montag endete und wo deshalb anwaltliche Unterstützung nur schwer zu erlangen war. Eine in diesem Sinne ungerechtfertigte formale Strenge wird indessen vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 I 141 E. 4.1 S. 143). Er hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Zusprechung einer Parteientschädigung an die Gemeinde Grafschaft fällt ebenfalls ausser Betracht (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Grafschaft, dem Staatsrat des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. August 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Dold