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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_116/2009
Urteil vom 26. Juni 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Holzer.
Parteien
P.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Guy Reich,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 29. November 2008.
Sachverhalt:
A.
Der 1965 geborene P.________ war als Gruppenleiter Ansetzerei der Firma X._________ & Co. AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 4. Juli 1999 während eines Ferienaufenthaltes in Y.________ auf einem abgestellten Motorroller ein Eis ass. Plötzlich kippte der Roller um und der Versicherte fiel mit dem Gesäss voran auf die Kante des Trottoirs. Nachdem er zunächst ins Spital von Z.________ verbracht worden war, wurde er am 8. Juli 1999 ins Spital A.________ überführt, wo eine instabile Fraktur des Lendenwirbelkörper 1 diagnostiziert und der Versicherte operativ versorgt wurde. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die gesetzlichen Leistungen.
Im Zuge von polizeilichen Ermittlungen gegen den Versicherten wegen des Verdachtes einer Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Förderung von Turnen und Sport erhielt die SUVA Kenntnis von der Tatsache, dass sich P.________ wettkampfmässig an Velorennen beteiligte. Daraufhin unterbrach sie mit Schreiben vom 11. Juni 2004 die Auszahlung des Taggeldes. Mit Verfügung vom 22. September 2005 stellte die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich die Ermittlungen gegen den Versicherten ein. Daraufhin sprach die SUVA dem Versicherten mit Verfügung vom 1. Dezember 2005 ab dem 1. Juni 2004 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 39 % sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 15 % zu. Daran hielt die Anstalt mit Einspracheentscheid vom 7. August 2006 fest, wobei sie ausführte, die weitergehenden Einschränkungen seien nicht adäquat kausal durch das Unfallereignis vom 4. Juli 1999 verursacht.
B.
Die von P.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. November 2008 ab.
C.
Mit Beschwerde beantragt P.________, ihm sei unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides eine Rente von 66 % zuzusprechen und die Sache sei zu weiteren Abklärungen bezüglich der Höhe der Integritätsentschädigung an die SUVA zurückzuweisen.
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Im kantonalen Entscheid werden die nach der Rechtsprechung für den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG [SR 832.20]) geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (vgl. BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2 S. 181), insbesondere bei psychischen Unfallfolgeschäden (BGE 115 V 133), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Streitig sind die Höhe der Leistungsansprüche des Versicherten ab 1. Juni 2004. Die SUVA lehnte die Ausrichtung höherer Leistungen insbesondere deswegen ab, da sie nur für die im Sinne der Rechtsprechung (Urteil 8C_806/2007 vom 7. August 2008 E. 8.2 mit zahlreichen Hinweisen) organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen leistungspflichtig sei, die darüberhinaus geklagten psychischen Beschwerden seien nicht natürlich und adäquat kausal durch das Unfallereignis vom 4. Juli 1999 verursacht. Zu prüfen ist daher zunächst, ob diese Annahme zutrifft.
4.
Die Vorinstanz hat die Frage, ob der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den psychischen Beschwerden gegeben ist ist, offengelassen, da die Adäquanz eines allfälligen Kausalzusammenhanges zu verneinen wäre. Diese Vorgehensweise ist grundsätzlich zulässig (Urteil 8C_970/2008 vom 30. April 2009 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen).
4.1 Die Schwere des Unfalles ist aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich dabei entwickelnden Kräften zu beurteilen (SVR 2008 UV Nr. 8 S. 26, U 2/07 E. 5.3.1). Gemäss der glaubhaften Schilderung des Versicherten sass er am 4. Juli 1999 auf einem abgestellten Motorroller und wollte ein Eis verspeisen. Plötzlich kippte der Roller um, wobei der Beschwerdeführer mit dem Gesäss voran auf die Bordsteinkante fiel. Aufgrund des augenfälligen Geschehensablauf mit den sich dabei entwickelnden Kräften ist dieses Ereignis als mittelschwer, im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zu qualifizieren. Gleich beurteilt wurden etwa der Sturz eines Bauarbeiters in einen Lichtschacht (Urteil U 232/02 vom 5. August 2003), der Sturz an einem steinigen Flussufer hangabwärts auf den Rücken (Urteil U 173/03 vom 15. November 2004 E. 4.2.2) oder ein Sturz auf einer Treppe kopfüber (Urteil 8C_798/2007 vom 3. Juli 2008 E. 4.1) bzw. auf den Hinterkopf (Urteil 8C_402/2007 vom 23. April 2008 E. 5.2). Die Adäquanz eines natürlichen Kausalzusammenhanges ist somit dann zu bejahen, wenn eines der massgebenden Adäquanzkriterien in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist, oder wenn mehrere dieser Kriterien in gehäufter Weise erfüllt sind.
4.2 Entgegen den Vorbringen des Versicherten ereignete sich der Unfall vom 4. Juli 1999 weder unter besonders dramatischen Begleitumständen noch war er im Sinne des einschlägigen Kriteriums von besonderer Eindrücklichkeit. Das Kriterium ist somit zu verneinen.
4.3 Der Beschwerdeführer zog sich beim vergleichsweise banalen Sturz eine instabile Fraktur eines Lendenwirbelkörpers und damit für einen mittelschweren, im Grenzbereich zu den leichten Ereignissen zu qualifizierenden Unfall eine relativ schwere Verletzung zu. Diese ist zudem gemäss den Ausführungen des Dr. med. K.________, Facharzt für Rechtsmedizin und Psychiatrie/Psychotherapie am Institut B.________ vom 27. Juni 2005 erfahrungsgemäss geeignet, psychische Fehlentwicklungen auszulösen. Das zweite Kriterium ist somit erfüllt.
4.4 Zu Recht anerkannte bereits die SUVA, dass auch das Kriterium der körperlichen Dauerschmerzen erfüllt ist.
4.5 Zur Bejahung des Kriteriums des schwierigen Heilungsverlaufs und der erheblichen Komplikationen bedarf es besonderer Gründe, die die Heilung beeinträchtigt haben (Urteil 8C_825/2008 vom 9. April 2009 E. 4.8 mit Hinweis). Zwecks Bekämpfung der organisch bedingten Schmerzen wurde dem Beschwerdeführer Tramal retard verschrieben. Der SUVA-Arzt Dr. med. M.________ merkte in seinem Bericht vom 30. Oktober 2002 an, dass aufgrund des Abhängigkeitspotentials von Tramal eine Umstellung auf weniger problematische Schmerzmittel versucht werden sollte. Dieser Versuch musste hernach als gescheitert gewertet werden; Dr. med. K.________ konstatierte am 27. Juni 2005, es liege beim Versicherten ein Schmerzmittelabhängigkeitssyndrom vor, welches dessen Arbeitsfähigkeit beeinflussen würde. Die Schmerzmittelabhängigkeit ist somit als besonderer Grund, welcher die Heilung beeinträchtigt hat, zu berücksichtigen; das Kriterium ist vorliegend erfüllt.
4.6 Wie der Zusammenfassung der Krankengeschichte des Spitals A.________ vom 6. Juli 2004 zu entnehmen ist, wurde dem Versicherten ab dem Unfalltag bis ins Jahre 2004 durchgehend eine volle Arbeitsunfähigkeit aus somatischen Gründen attestiert. Selbst wenn man aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer ab dem Jahre 2002 an Fahrradrennen teilgenommen hat, ab diesem Zeitpunkt von einer verwertbaren Erwerbsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit ausgehen würde, so ist doch mindestens eine somatisch begründete volle Arbeitsunfähigkeit während fast drei Jahren gegeben gewesen. Alleine eine solche vermag das Kriterium des Grades und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit zu erfüllen.
4.7 Demnach liegt eine Häufung der massgebenden Kriterien vor, so dass die Adäquanz eines natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen dem Unfallereignis vom 8. Juli 1999 und den nach dem 1. Juni 2004 allenfalls bestehenden organisch nicht nachweisbaren bzw. psychischen Beschwerden zu bejahen ist, ohne dass die beiden Kriterien der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung und der ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmerte, näher geprüft werden müssten. Daraus folgt, dass die Frage, ob ein solcher natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist, nicht offengelassen werden kann.
4.8 Bezüglich des natürlichen Kausalzusammenhanges sind in den Akten widersprüchliche ärztliche Stellungnahmen zu finden: Während Dr. med H.________, Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie, in seinem Bericht vom 27. Juni 2005 zu Handen der Invalidenversicherung eine depressive Entwicklung aufgrund einer nachhaltigen Anpassungsstörung nach Unfall diagnostizierte, ging Dr. med. K.________ aus rechtsmedizinischer Sicht von einer möglicherweise reaktiven depressiven Störung aus. Eine Unfallkausalität der psychischen Beschwerden wird vom SUVA-Kreisarzt Dr. med. W.________, Facharzt für Chirurgie FMH, in seinem Bericht vom 13. Juli 2005 klar verneint; dem Bericht eines Chirurgen kommt indessen für psychiatrische Belange nur eingeschränkter Beweiswert zu (vgl. Urteil 8C_444/2008 vom 23. Dezember 2008 E.4.3.2 mit Hinweis). Wie der SUVA-Arzt Dr. med. M.________ bereits in seiner ärztlichen Aktenbeurteilung vom 16. September 2004 ausführte, bedarf die Frage, ob und inwieweit psychische Unfallfolgen die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers beinflussen, einer psychiatrischen Untersuchung im Rahmen einer Begutachtung. Die Beschwerde ist demmach gutzuheissen, Einsprache- und kantonaler Gerichtsentscheid sind aufzuheben und die Sache ist an die SUVA zurückzuweisen, damit diese abkläre, inwieweit organisch nicht nachweisbare Unfallfolgen einen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit des Versicherten haben und hernach über dessen Leistungsansprüche neu entscheide. Sie wird dabei zu berücksichtigen haben, dass gesundheitliche Beschwerden nur dann zu einer Invalidität führen, wenn die durch die Beschwerden verursachte Erwerbsunfähigkeit aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (vgl. Art. 7 Abs. 2 Satz 2 ATSG [SR 830.1]).
5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V 642 E. 5). Diese hat dem Beschwerdeführer überdies eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. November 2008 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 7. August 2006 werden aufgehoben. Es wird die Sache an die SUVA zurückgewiesen, damit sie nach weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Leistungsanspruch des Beschwerdeführers ab 1. Juni 2004 neu verfüge.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. Juni 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Ursprung Holzer