BGer 5A_698/2008
 
BGer 5A_698/2008 vom 24.04.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
5A_698/2008
Urteil vom 24. April 2009
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, nebenamtlicher Bundesrichter Geiser,
Gerichtsschreiber Gysel.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kanton Aargau (Departement Finanzen und Ressourcen),
vertreten durch den Rechtsdienst,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Letztwillige Verfügung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts (Zivilgericht, 1. Kammer) des Kantons Aargau vom 2. September 2008.
Sachverhalt:
A.
Die Eheleute Y.________ und Z.________ vereinbarten mit Ehevertrag vom 11. Juli 1975, dass für ihre güterrechtlichen Verhältnisse mit interner Wirkung (ab Beginn der .... Ehe) der (damalige) Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft im Sinne von Art. 215 ff. (a)ZGB gelten solle. Mit einem Erbvertrag vom gleichen Tag bestimmten die beiden, dass beim Hinschied eines der Ehegatten das Gesamtgut an den andern falle und dass nach dem Hinschied des zweiten Ehegatten - unter Vorbehalt einer abweichenden testamentarischen Verfügung - der Nachlass je zur Hälfte den gesetzlichen Erben der beiden Ehegatten zugewiesen werden solle. Als Willensvollstrecker wurde S.________ eingesetzt.
Am 20. Dezember 1989 verfasste Y.________ folgende eigenhändige letztwillige Verfügung:
"Nachtrag und Abänderung unseres Testaments vom 11. Juli 1975.
(...)
Meine Ehefrau (...) ist meine Universalerbin und kann nach meinem Ableben über unsere gesamte Hinterlassenschaft frei verfügen ohne Rücksicht auf unsere gesetzlichen Erben. Unseren gesetzlichen Erben soll nicht einmal der Pflichtteil zugestanden werden, d.h. enterbt. Meine Frau Z.________ (...) kann vor ihrem Ableben die restliche Hinterlassenschaft verteilen an die Menschen die in ihrem letzten Lebensabschnitt gutes getan haben oder wahre Freunde waren.
Grund der Ausschliessung unserer gesetzlichen Erben:
Auf Seite meiner Frau Z.________ wurde seinerzeit alles unternommen von Alt und Jung, dass meine Frau um einen Teil ihres voll zugestandenen Erbgutes kam beim Ableben ihres Bruders (...) und wegen gravierenden Unannehmlichkeiten während dieser Zeit.
Meinerseits - niemand fühlte sich Zeit ihres Lebens verwandt oder hatte Beziehung zu uns. Deren Kinder kennen wir nicht einmal sowohl auch sie uns.
Zu Punkt Willensvollstrecker:
An Stelle von S.________ kann meine Frau Z.________ irgend einen Vertrauensmann beauftragen.
Dies ist mein letzter Wille!
(...)"
Diesem Testament fügte Y.________ am 1. Juni 2002 ebenfalls von Hand folgenden Passus bei:
"Als Willensvollstrecker setze ich ein: T.________."
Z.________ starb im August 2002, Y.________ (im Folgenden: Erblasser) im August 2003.
B.
X.________, Tochter des 1983 verstorbenen R.________, eines Cousins des Erblassers, erhob mit Eingabe vom 25. April 2006 beim Bezirksgericht G.________ Klage gegen den Kanton Aargau und beantragte, es sei festzustellen, dass die letztwilligen Verfügungen des Erblassers vom 20. Dezember 1989 und 1. Juni 2002 nicht wirksam seien bzw. nicht zur Anwendung kämen, allenfalls seien die letztwilligen Verfügungen ungültig zu erklären; ferner sei festzustellen, dass dem Gemeinwesen, d.h. dem Kanton Aargau und der Gemeinde H.________, bezüglich des Nachlasses von Y.________ keine Erbenstellung zukomme, den beiden Gemeinwesen allenfalls die Erbenstellung bezüglich eines Teils des Nachlasses abzuerkennen; schliesslich sei festzustellen, dass ihr, X.________, Erbenstellung zukomme, und ihre Erbquote festzusetzen.
Der Kanton Aargau schloss auf Abweisung der Klage.
Das Bezirksgericht G.________ wies am 18. Oktober 2007 die Klage ab, soweit darauf einzutreten war, und mit Urteil vom 2. September 2008 wies das Obergericht (Zivilgericht, 1. Kammer) des Kantons Aargau seinerseits die von X.________ eingereichte Appellation ab, soweit es darauf eintrat.
C.
X.________ verlangt mit Beschwerde in Zivilsachen vom 13. Oktober 2008 die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und erneuert ihre Klagebegehren.
Der Kanton Aargau (Beschwerdegegner) schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
1.1 Erbstreitigkeiten sind Zivilsachen vermögensrechtlicher Natur im Sinne von Art. 72 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 BGG. Der angefochtene Entscheid ist letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG) und die für Angelegenheiten der vorliegenden Art geltende Streitwertgrenze von 30'000 Franken (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) überschritten, so dass die Beschwerde in Zivilsachen auch aus dieser Sicht offen steht.
1.2 Nach Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Wird eine willkürliche Feststellung von Tatsachen geltend gemacht, ist neben der Erheblichkeit der gerügten Tatsachenfeststellung für den Ausgang des Verfahrens klar und detailliert darzutun, inwiefern diese offensichtlich unhaltbar sein soll, d.h. mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehe, auf einem offenkundigen Versehen beruhe oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen lasse (BGE 133 III 393 E. 7.1 S. 398 mit Hinweisen).
2.
2.1 Im Erbvertrag vom 11. Juli 1975 hatten der Erblasser und seine Ehefrau klar vereinbart, dass beim Tod eines der Ehegatten das Gesamtgut an den anderen Ehegatten gehen und nach dessen Hinschied der Nachlass je zur Hälfte den gesetzlichen Erben jedes Ehegatten zufallen solle. Aufgrund dieser Regelung wäre die Beschwerdeführerin neben allfälligen weiteren Verwandten des Erblassers und solchen der vorverstorbenen Ehefrau erbberechtigt. Indessen war im genannten Erbvertrag ausdrücklich eine allfällige abweichende testamentarische Verfügung des Ehegatten, der als zweiter sterben würde, vorbehalten worden. Strittig ist der Inhalt der in diesem Sinne von Y.________ am 20. Dezember 1989 errichteten letztwilligen Verfügung. Während das Obergericht dafür hält, der darin angeordnete Ausschluss der gesetzlichen Erben von der Erbfolge gelte ohne Einschränkung, hatte die Beschwerdeführerin schon im kantonalen Verfahren geltend gemacht, der erwähnte Ausschluss wäre nur dann zum Tragen gekommen, wenn der Erblasser vor seiner Ehefrau gestorben wäre.
2.2 Bei der Auslegung eines Testaments, das eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, ist der wirkliche Wille des Erblassers zu ermitteln. Auszugehen ist vom Wortlaut. Ergibt dieser für sich selbst betrachtet eine klare Aussage, entfallen weitere Abklärungen. Indessen kann die vom Erblasser verwendete Bezeichnung oder Ausdrucksweise sich als missverständlich oder unrichtig erweisen, sei es wegen eines blossen Verschriebs, sei es deshalb, weil Ausdrücke in einer von der Verkehrs- oder Rechtssprache abweichenden Bedeutung verwendet wurden. Nach der aufgrund von Art. 7 ZGB auch hier sinngemäss geltenden ausdrücklichen Bestimmung von Art. 18 Abs. 1 OR ist der wirkliche Wille massgebend, nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise. Wer sich auf einen vom objektiv verstandenen Sinn und Wortlaut abweichenden Willen des Erblassers beruft, ist beweispflichtig und hat entsprechende Anhaltspunkte konkret nachzuweisen.
Sind die testamentarischen Anordnungen so formuliert, dass sie ebenso gut im einen wie im anderen Sinn verstanden werden können, oder lassen sich mit guten Gründen mehrere Auslegungen vertreten, dürfen ausserhalb der Testamentsurkunde liegende Beweismittel zur Auslegung herangezogen werden. Stets hat es jedoch bei der willensorientierten Auslegung zu bleiben; eine Auslegung nach dem am Erklärungsempfänger orientierten Vertrauensprinzip fällt ausser Betracht. Die Erben oder andere Bedachte haben keinen Anspruch auf Schutz ihres Verständnisses der letztwilligen Verfügung; es kommt mit anderen Worten nicht darauf an, wie sie die Erklärung des Erblassers verstehen durften und mussten, sondern einzig darauf, was der Erblasser mit seiner Äusserung sagen wollte (BGE 131 III 106 E. 1.1 und 1.2 S. 108 f. mit Hinweisen).
3.
3.1 Mit der ersten Instanz gelangte das Obergericht zum Schluss, dem Wortlaut der Anordnung in der letztwilligen Verfügung vom 20. Dezember 1989 und dem darin zu deren Begründung Ausgeführten sei der klare Wille des Erblassers zu entnehmen, die gesetzlichen Erben von der Erbfolge auszuschliessen. Eine Einschränkung dieser Verfügung im Sinne der Vorbringen der Beschwerdeführerin auf den Fall, dass der Erblasser vor seiner Ehefrau sterben sollte, ergebe sich weder aus der gewählten Formulierung noch aus der Systematik der testamentarischen Anordnungen. Nicht nur die Erklärungen in der letztwilligen Verfügung, sondern auch die weiteren Umstände führten zum eindeutigen Ergebnis, dass der Ausschluss der gesetzlichen Erben dem wirklichen Willen des Erblassers auch für den Fall seines Zweitversterbens entsprochen habe: Die Feststellung des Bezirksgerichts, der Erblasser sei ein misstrauischer, verschlossener und sturer Mensch mit einem unversöhnlichen Charakter gewesen, der die verwandtschaftlichen Beziehungen als unbefriedigend bzw. ungenügend empfunden habe, sei im Appellationsverfahren unbestritten geblieben. Aufgrund der erwähnten Charaktereigenschaften erscheine es als höchst unwahrscheinlich, dass der Erblasser den aus seiner Sicht wohlbegründeten Ausschluss der gesetzlichen Erben nur für den Fall seines Erstversterbens habe verfügen und die Regelung der Erbfolge für den Fall seines Zweitversterbens bis zu dem Zeitpunkt habe aufschieben wollen, da er wissen würde, wer sich als erbwürdig erwiesen habe. Auch wenn der Erblasser in seinen letzten Lebensjahren der Zeugin U.________ tatsächlich eine testamentarische Begünstigung in Aussicht gestellt haben sollte, liesse sich daraus nicht ableiten, dass er den am 20. Dezember 1989 verfügten Ausschluss der gesetzlichen Erben für den Fall seines Zweitversterbens nicht (mehr) habe gelten lassen wollen. Nach den im Appellationsverfahren ebenfalls unbestritten gebliebenen Aussagen des Zeugen T.________ habe der Erblasser in seinen letzten Lebensjahren, d.h. über zehn Jahre nach Abfassung des in Frage stehenden Testaments, im Übrigen ausdrücklich erklärt, seine Verwandten sollten von der Erbschaft nichts erhalten. Ein weiteres starkes Indiz dafür, dass der Ausschluss der gesetzlichen Erben auch für den Fall seines Zweitversterbens Wirkung entfalten sollte, bilde, dass der Erblasser im Juni 2002, als er in einem Nachtrag zum Testament vom 20. Dezember 1989 seinen Steuerberater T.________ als Willensvollstrecker eingesetzt habe, die letztwillige Verfügung unverändert stehen gelassen habe, obwohl zu jenem Zeitpunkt das Vorversterben seiner an Krebs erkrankten Ehefrau, die dann im August 2002 gestorben sei, bereits absehbar gewesen sei .
3.2 Das in der Beschwerde Vorgebrachte vermag die Auslegung der strittigen letztwilligen Verfügung nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen:
3.2.1 Soweit die Beschwerdeführerin sich mit den Aussagen der Zeugen T.________ und U.________ befasst, sind ihre Vorbringen rein appellatorischer Natur. Sie sind nicht geeignet, die Würdigung der angesprochenen Aussagen durch das Obergericht und das von diesem daraus in tatsächlicher Hinsicht Abgeleitete als willkürlich erscheinen zu lassen.
3.2.2 Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, die sogenannte Enterbung finde sich im Anschluss an die in der strittigen letztwilligen Verfügung enthaltenen einleitenden Feststellungen des Erblassers, seine Ehefrau sei seine Universalerbin und könne nach seinem Ableben über die gesamte Hinterlassenschaft frei und ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Erben der beiden Ehegatten verfügen. Die angerufene Stelle im Testament geht mit der Einsetzung der Ehefrau als Universalerbin insofern über das im Erbvertrag vom 11. Juli 1975 Vereinbarte hinaus, als dort nur von Gesamtgut die Rede war (das dem überlebenden Ehegatten zufallen solle) und nach dem Wortlaut Sondergut nicht erfasst war, das gemäss dem für den Erblasser und seine Ehefrau im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments massgebenden Güterrecht nach wie vor vorbehalten war (vgl. Art. 215 Abs. 3 aZGB; Art. 10 SchlTZGB). Indessen sind keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass der Erblasser mit seiner letztwilligen Verfügung vom 20. Dezember 1989 (einzig) eine Erweiterung der erbvertraglichen Vereinbarung auf sein Sondergut beabsichtigt hätte und das Testament demnach ausschliesslich den Fall seines Vorversterbens regeln sollte.
Unbehelflich ist der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Einleitung des Testaments vom 20. Dezember 1989 auch insofern, als es um die Ermächtigung der Ehefrau ging, über die gesamte Hinterlassenschaft frei und ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Erben der beiden Ehegatten zu verfügen. Die strittige letztwillige Verfügung brachte in diesem Punkt nichts Zusätzliches, zumal im Ehevertrag eine von der Aufteilung des Nachlasses auf die beiderseitigen gesetzlichen Erben nach Hälften abweichende testamentarische Verfügung ausdrücklich vorbehalten worden war, ein güterrechtlicher Pflichtteil nach altem Recht (Art. 226 Abs. 2 aZGB) nur für die Nachkommen bestand und im Zeitpunkt der Errichtung des strittigen Testaments der erbrechtliche Pflichtteilsanspruch der Geschwister und Geschwisterkinder bereits in der ganzen Schweiz aufgehoben war (Abänderung von Art. 471 ZGB und Aufhebung von Art. 472 ZGB durch das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1984, in Kraft seit 1. Januar 1988; AS 1986 S. 122 ff.). Auch aus dieser Sicht bestand somit kein Anlass, eine Regelung ausschliesslich für den Fall zu treffen, dass der Erblasser vor seiner Ehefrau sterben sollte.
3.2.3 Ebenso wenig lässt sich ferner aus der Tatsache, dass der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung keine Personen genannt hat, denen der Nachlass zukommen soll, etwas zugunsten der Beschwerdeführerin ableiten: Wie das Obergericht richtig ausführt, kann es ohne weiteres vorkommen, dass jemand seine gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausschliesst, ohne an ihrer Stelle ausdrücklich eine andere Person als Erbe einzusetzen. Es mag sein, dass der Erblasser ebenfalls dem Staat nichts zukommen lassen wollte. Zu beachten ist aber, dass eine Verfügung von Todes wegen formgebunden ist, d.h. einer Absicht des Erblassers nur dann die Wirkung einer letztwilligen Verfügung zukommen kann, wenn sie auch in der nötigen Form ihren Ausdruck gefunden hat. Während im strittigen Testament mit aller Deutlichkeit die Ausschliessung der Verwandten des Erblassers und derjenigen seiner Ehefrau festgehalten ist, lässt sich ihm auch nicht andeutungsweise Entsprechendes für den Staat entnehmen. Dass der Erblasser sich vorbehalten haben soll, später noch weitere letztwillige Verfügungen zu treffen und dabei auch den Erbanfall an den Staat auszuschliessen, ist ohne Belang.
3.2.4 Die Beschwerdeführerin weist ferner darauf hin, dass die Begründung der Ausschliessung der Verwandten von der Erbfolge sich nur auf die Verwandten der Ehefrau beziehe, habe doch der Erblasser im Testament festgehalten, niemand habe sich "Zeit ihres Lebens" verwandt gefühlt und Beziehung zu ihnen, dem Erblasser und seiner Ehefrau, gehabt; dies zeige, dass der Erblasser die erbvertragliche Erbeinsetzung für seinen eigenen Zweitversterbensfall nicht habe ändern, zumindest seine eigenen Verwandten nicht habe enterben wollen.
Die Formulierung der Gründe der Ausschliessung der gesetzlichen Erben ist wenig klar und sprachlich nicht kohärent. Zunächst richtet der Beschwerdeführer ausdrücklich und in detaillierter Form Vorwürfe an die Adresse der Verwandten der Ehefrau. Im anschliessenden, mit "Meinerseits" eingeleiteten Satz hält er fest, dass sich "Zeit ihres Lebens" niemand verwandt gefühlt und Beziehung zu "uns" (d.h. zum Erblasser und seiner Ehefrau) gehabt habe. Weshalb der Erblasser im Zusammenhang mit der Begründung der Ausschliessung der gesetzlichen Erben seiner eigenen Familie (einzig) auf das Leben der Ehefrau Bezug zu nehmen scheint, ist nicht nachvollziehbar. Angesichts der deutlichen Gegenüberstellung der Verwandten der beiden Ehegatten und der mit der Wahl der Wendung "Unseren gesetzlichen Erben" (solle nicht einmal der Pflichtteil zugestanden werden) klar getroffenen Anordnung hat das Obergericht indessen nicht gegen Bundesrecht verstossen, wenn es zum Schluss gelangte, die Verwandten beider Seiten seien durch das Testament des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen worden. Dass der Erblasser mit der erwähnten Wendung ("Unseren") den Plural gewählt und insofern den Eindruck erweckt haben mag, er testiere nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Ehefrau, vermag daran nichts zu ändern.
3.3 Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass der Erblasser mit der strittigen letztwilligen Verfügung vom 20. Dezember 1989 die im Erbvertrag vom 11. Juli 1975 getroffene Anordnung über seinen Nachlass (auch) für den Fall seines Zweitversterbens gültig aufgehoben und verfügt hat, dass seine Verwandten nichts erben sollten; damit fällt der Nachlass von Gesetzes wegen an das Gemeinwesen (Art. 466 ZGB).
4.
Für den Fall, dass dem strittigen Testament die vorstehend dargelegte Bedeutung beigemessen werden sollte, macht die Beschwerdeführerin geltend, die letztwillige Verfügung beruhe auf einem Motivirrtum. Das im Testament angegebene Motiv, dass beispielsweise sie, die Beschwerdeführerin, sich mit dem Erblasser nicht verwandt gefühlt oder ihn nicht einmal gekannt hätte, sei schlicht und einfach nicht zutreffend.
4.1 Verfügungen, die der Erblasser unter dem Einfluss von Irrtum errichtet hat, sind nach Art. 469 Abs. 1 ZGB ungültig. Als Irrtum im Sinne dieser Bestimmung fällt auch ein Motivirrtum in Betracht. Ein solcher ist gegeben, wenn der Entschluss, der in der Verfügung des Erblassers zum Ausdruck kommt, unter dem Einfluss einer unrichtigen Vorstellung von der Wirklichkeit gefasst worden ist (PETER WEIMAR, Berner Kommentar, N. 21 zu Art. 469 ZGB). Das Vorliegen eines Irrtums hat diejenige Partei zu beweisen, die sich auf ihn beruft (ROLANDO FORNI/GIORGIO PIATTI, Basler Kommentar, 3. Auflage, N. 27 zu Art. 519/520 ZGB; PETER TUOR, Berner Kommentar, N. 13 zu Art. 519 ZGB).
4.2 Das Obergericht hat sich eingehend mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Beziehungen zwischen ihrer Familie und dem Erblasser befasst. Es bemerkt, dass sporadische und - jedenfalls aus der Sicht der Angehörigen - freundschaftliche Kontakte zum Erblasser bestanden haben mögen und insoweit die im Testament für den Erbausschluss angeführte Begründung zu relativieren sei. Indessen ändere dies nichts daran, dass der Erblasser nach den übereinstimmenden Aussagen sämtlicher Zeugen seine verwandtschaftlichen Beziehungen offenbar in Reaktion auf einen Erbstreit der Ehefrau als frustrierend empfunden und in der Folge auch den Kontakt gegenüber den nicht in diesen Streit involvierten Angehörigen weitgehend abgebrochen habe, was seiner von den Zeugen übereinstimmend dargestellten Unversöhnlichkeit und Sturheit entsprochen habe. Zusammenfassend erklärt die Vorinstanz, der Erblasser habe aufgrund seiner besonderen Wesensart eine aufgrund der äusseren Tatsachen möglicherweise nicht gänzlich nachvollziehbare gefestigte negative innere Einstellung zu seiner Verwandtschaft entwickelt, die sich schliesslich in der verfügten "Enterbung" niedergeschlagen habe. Des Weiteren hält sie fest, die Beschwerdeführerin habe nicht nachzuweisen vermocht, dass der Erblasser bei Kenntnis der ihm von seinen Angehörigen angeblich entgegengebrachten verwandtschaftlichen Gefühle und Kontaktversuche seine ablehnende Haltung revidiert und auf die Ausschliessung von der Erbfolge verzichtet hätte, womit die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der letztwilligen Verfügung nicht erfüllt seien.
4.3 Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern die Auffassung des Obergerichts gegen Bundesrecht verstossen soll (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Sie begnügt sich damit, den vorinstanzlichen Ausführungen zu widersprechen und ihnen ihre eigene Sicht der Dinge entgegenzuhalten. Hervorzuheben ist im Übrigen, dass kein Pflichtteilsschutz bestand und der Erblasser die gesetzlichen Erben mithin von der Erbfolge ausschliessen konnte, ohne dass er dies mit einer Pflichtverletzung im Sinne von Art. 477 ZGB zu rechtfertigen gehabt hätte. Dass das subjektive Empfinden des Erblassers bezüglich der Beziehungen zu den Verwandten allenfalls nicht mit dem übereinstimmte, was objektiv wahrnehmbar war, ist deshalb ohne Belang.
5.
Die Beschwerde ist nach dem Ausgeführten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem nicht durch einen aussenstehenden Anwalt vertretenen Beschwerdegegner steht keine Parteientschädigung zu.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (Zivilgericht, 1. Kammer) des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. April 2009
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber:
Hohl Gysel