BGer 8C_204/2008
 
BGer 8C_204/2008 vom 26.02.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
8C_204/2008
Urteil vom 26. Februar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard,
nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiberin Weber Peter.
Parteien
W.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alfred Dätwyler,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 6. Februar 2008.
Sachverhalt:
A.
Die an einer schweren Polioerkrankung leidende W.________, geboren am 18. Mai 1942, bezog seit ihrer Heirat im April 1965 eine halbe Rente der Invalidenversicherung, welche ab 1. Juli 1974 bei einem Invaliditätsgrad von 70 % auf eine ganze Rente erhöht wurde. Im Jahre 1989 verstarb ihr Ehemann. Am 16. April 1991 setzte die Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad zufolge Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wieder auf 50 % herab. Gleichzeitig wurde der Versicherten mit Verfügung vom 22. April 1991 mitgeteilt, dass sich an der Höhe der Invalidenrente nichts ändere, da Witwen, die Anspruch sowohl auf eine Witwen- wie auch eine Invalidenrente haben, gemäss Art. 43 Abs. 1 IVG Anspruch auf eine ganze Invalidenrente zustehe. Am 2. Juni 1993 wurde der Invaliditätsgrad von W.________ von der Invalidenversicherung alsdann auf 75 % heraufgesetzt. An der Höhe des Rentenbetrages änderte dies nichts (Verfügung vom 3. September 1993).
Am 13. März 1991 erlitt W.________, die bei der S.________ AG angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert war, einen Unfall. Beim Turnen war sie mit dem Rollstuhl gegen ein Hindernis gefahren und hatte sich beide Unterschenkel gebrochen. Nach diversen Abklärungen sprach die SUVA mit auf Einsprache hin korrigierter Verfügung vom 26. Oktober 1993 der Versicherten ab 1. Mai 1993 eine (gemäss Art. 36 UVG) infolge vorbestehender krankheitsbedingter Invalidität um 50 % gekürzte Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % in der Höhe von Fr. 1915.- zu.
Im Mai 2006 erreichte die Versicherte das AHV-Alter, weshalb sie ab 1. Juni 2006 die ordentliche Altersrente der AHV erhielt. Daraufhin verfügte die SUVA am 17. Juli 2006, dass der Versicherten ab 1. Juni 2006 eine gemäss Art. 36 UVG gekürzte Komplementärrente von Fr. 1358.- pro Monat zustehe. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie am 25. Januar 2007 ab.
B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wies die gegen den Einspracheentscheid der SUVA vom 25. Januar 2007 eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 6. Februar 2008 ab.
C.
Die Versicherte lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides seien der Einspracheentscheid vom 25. Januar 2007 und die Verfügung der SUVA vom 17. Juli 2006 ersatzlos aufzuheben, eventualiter sei in teilweiser Aufhebung des Einspracheentscheides vom 25. Januar 2007 und der Verfügung vom 17. Juli 2006 die gekürzte Komplementärrente auf Fr. 1896.- festzusetzen.
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
2.
Die Vorinstanz hat die hier massgebende Gesetzesbestimmung (Art. 20 Abs. 2 UVG) sowie die vom Bundesrat in Ausschöpfung der ihm in Art. 20 Abs. 3 UVG eingeräumten Kompetenz erlassenen Vorschriften über die Berechnung der Komplementärrenten (Art. 31-33 und Art. 34 UVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Ablösung der Rente der Invalidenversicherung durch die Altersrente der AHV zur Neufestsetzung der UVG-Rente als Komplementärrente Anlass gibt und bejahendenfalls deren Berechnung.
4.
Der Beschwerdeführerin wurde mit rechtskräftiger Verfügung vom 26. Oktober 1993 eine gemäss Art. 36 Abs. 2 UVG um 50 % gekürzte Invalidenrente durch die Beschwerdegegnerin zugesprochen. Die Rente wurde als ordentliche und nicht als Komplementärrente ausgerichtet. Dieses Vorgehen der Beschwerdegegnerin war korrekt, da die Beschwerdeführerin zuvor eine krankheitsbedingte Rente der Invalidenversicherung bezog und diese Rente wegen des Unfalles nicht erhöht wurde. Wie aus der Verfügung der Ausgleichskasse vom 3. September 1993 hervorgeht, wurde damals lediglich der Invaliditätsgrad erhöht. Da die Versicherte als Witwe gestützt auf Art. 43 Abs. 1 IVG bereits Anspruch auf eine ganze Rente hatte, blieb für die Beschwerdegegnerin angesichts dieser Situation kein Raum zum Erlass einer Komplementärrentenverfügung im damaligen Zeitpunkt. Auch gemäss Art. 32 UVV (in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung) war keine Komplementärrente im Zeitpunkt des Rentenanspruches am 26. Oktober 1993 festzulegen. Somit erweist sich die Berufung der Beschwerdeführerin darauf, dass jener Entscheid der Beschwerdegegnerin vom 26. Oktober 1993 unrichtig gewesen sei, als unzutreffend. Eine allfällige nachträgliche Berichtigung der rechtskräftigen Verfügung, wie geltend gemacht wird, steht mithin ausser Frage. Der von der Beschwerdeführerin diesbezüglich angerufene Entscheid (Urteil U 3/00 vom 31. August 2001 E. 4b) ist somit - da am 26. Oktober 1993 zu Recht keine Komplementärrente verfügt wurde - nicht anwendbar.
5.
Die Beschwerdeführerin erachtet BGE 130 V 39 vorliegend nicht als anwendbar, da es sich nicht um einen vergleichbaren Fall handle. Es ist aber nicht erkennbar, worin sich die aktuell zu beurteilende Angelegenheit von dem jenem Entscheid zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheiden sollte. Hier wie dort gelangte im Zeitpunkt des erstmaligen Zuspruchs einer Rente aus Unfallversicherung bereits eine krankheitsbedingte Rente der Invalidenversicherung zur Auszahlung, deren Höhe durch das Unfallereignis keine Änderung erfuhr. Mithin konnte jeweils keine Komplementärrentensituation entstehen, bevor nicht die Altersrente an die Stelle der Invalidenrente trat. Die Anwendbarkeit von Art. 33 Abs. 1 UVV indessen setzt eine laufende Komplementärrente voraus (BGE 130 V 44 E. 4.2 und Urteil U 282/03 vom 19. November 2004 E. 6.1), was vorliegend nicht gegeben ist. Entgegen der Beschwerdeführerin lässt sich aus Art. 33 Abs. 1 UVV überdies auch kein allgemeiner Grundsatz, wonach der Übergang ins AHV-Alter regelmässig nicht zu einer Änderung des laufenden Rentenanspruchs führen soll (Besitzstand) ableiten (vgl. BGE 130 V 39 E. 4.2 S. 45). Damit erweisen sich sämtliche Einwendungen der Beschwerdeführerin als nicht zutreffend, womit der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen ist. Zwar mag es vorliegend, wie bereits in BGE 130 V 39 E. 4.3 S. 48 festgestellt, als unbefriedigend erscheinen, dass der Eintritt ins AHV-Rentenalter und die dadurch ausgelöste Komplementärrentenberechnung zu einer Reduktion der Gesamtleistungen führt. Allerdings genügt dies nicht, um die geltende Regelung als unhaltbar erscheinen zu lassen und von Gerichts wegen in den weiten Ermessensspielraum des Bundesrates einzugreifen. Für eine Änderung dieser Rechtsprechung besteht kein Grund.
6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Dem Prozessausgang entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. Februar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Weber Peter