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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_236/2007
Urteil vom 23. Januar 2008
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Widmer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.
Parteien
J.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Heinz Birchler, Wotanstrasse 10, 8032 Zürich,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. März 2007.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 22. September 2005, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 20. September 2006, stellte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) sämtliche Versicherungsleistungen per 31. März 2005 ein, welche sie dem 1948 geborenen J.________ für die Folgen eines Unfalles vom 3. Januar 2003 erbracht hatte.
B.
Gegen den seinem Rechtsvertreter am 25. September 2006 zugestellten Einspracheentscheid vom 20. September 2006 liess J.________ am 10. Januar 2007 Beschwerde erheben, auf welche das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich infolge versäumter Beschwerdefrist nicht eintrat (Entscheid vom 21. März 2007).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt J.________ beantragen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben, die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen und diese sei anzuweisen, auf die Beschwerde vom 10. Januar 2007 einzutreten.
Sowohl die SUVA als auch das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde richtet sich gegen den kantonalen Nichteintretensentscheid. Das Bundesgericht hat daher zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht auf das bei ihr erhobene Rechtsmittel nicht eingetreten ist (BGE 132 V 74 E. 1.1 S. 76 mit Hinweis). Strittig ist somit nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen (vgl. BGE 130 V 560 E. 1 S. 561), weshalb die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden kann, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG); im Übrigen ist das Bundesgericht an die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen und ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
2.
2.1 Gemäss Art. 38 Abs. 1 ATSG beginnt eine Frist, die sich nach Tagen oder Monaten berechnet und der Mitteilung an die Partei bedarf, am Tag nach ihrer Mitteilung zu laufen. Nach Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG (in der seit 1. Januar 2007 geltenden Fassung) stehen gesetzliche oder behördliche Fristen, die nach Tagen oder Monaten bestimmt sind, vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar still. Laut der bis zum 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung von Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG dauerte der über Weihnachten und Neujahr beachtliche Fristenstillstand nur bis und mit dem 1. Januar. Die am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Änderung dieser Fristenstillstandsbestimmung erfolgte im Rahmen der Einführung des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005 (VGG; SR 173.32; AS 2006 2197 ff.) und der damit verbundenen Anpassungen des bisherigen Bundesrechts. Während unter anderem Ziff. 106 des Anhanges zum VGG (AS 2006 2276) die Änderungen des ATSG (z.B. des Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG) enthält, ist im Anhang Ziff. 111 VGG (AS 2006 2279) auf dem Gebiet des Unfallversicherungsrechts zum Beispiel Art. 106 UVG (in der bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung), welcher bei Einspracheentscheiden über Versicherungsleistungen eine Beschwerdefrist von drei Monaten vorsah, mit Wirkung ab 1. Januar 2007 ersatzlos aufgehoben worden, so dass seither - auch bei Einspracheentscheiden über Unfallversicherungsleistungen - die 30-tägige Beschwerdefrist von Art. 60 Abs. 1 ATSG zur Anwendung gelangt. Mit Einführung des VGG und den damit verbundenen Änderungen weiterer Bundeserlasse ist weder die Übergangsbestimmung des ATSG (Art. 82) noch diejenige des UVG (Art. 118) revidiert worden.
2.2 Nach der Rechtsprechung sind neue Verfahrensvorschriften vorbehältlich anderslautender Übergangsbestimmungen grundsätzlich mit dem Tag des Inkrafttretens sofort und in vollem Umfang anwendbar (BGE 129 V 113 E. 2.2 S. 115 mit Hinweisen; in BGE 133 V 96 nicht publizierte E. 4.2 des Urteils U 337/05 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 16. Oktober 2006).
2.3 In Bezug auf die mit Einführung des VGG unverändert belassene, seit Inkrafttreten des ATSG (am 1. Januar 2003) im ursprünglichen Wortlaut geltende Übergangsbestimmung von Art. 82 Abs. 2 ATSG hatten die Kantone ihre Normierung der Rechtspflege dem ATSG innerhalb von fünf Jahren nach dessen Inkrafttreten anzupassen. Bis dahin galten die bisherigen kantonalen Vorschriften (Urteil 9C_110/2007 vom 3. Dezember 2007 E. 1). Vom ATSG abweichende, positive oder negative kantonale Regelungen zur Rechtspflege blieben somit längstens bis zum 31. Dezember 2007 oder bis zum vorzeitigen Anpassungszeitpunkt anwendbar (vgl. BGE 133 V 96).
2.4 In denjenigen Bundessozialversicherungsbereichen, in welchen während der fünfjährigen Übergangsfrist des Art. 82 Abs. 2 ATSG kein Raum für die Anwendung abweichender kantonaler Fristenstillstandsregelungen blieb (BGE 133 V 96 E. 4.3.1 S. 97, 132 V 361), kam die neue Verfahrensvorschrift (vgl. E. 2.2 hievor) im Sinne der auf den 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Neufassung von Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG sofort zur Anwendung (vgl. Urteil 9C_110/2007 vom 3. Dezember 2007 E. 2.1).
2.5 Anders als das Bundesgericht mit Urteil 9C_110/2007 vom 3. Dezember 2007 E. 1 für den Bereich der Invalidenversicherung zutreffend erkannt hat, folgt nach BGE 133 V 96 aus der Übergangsfrist des Art. 82 Abs. 2 ATSG für das Gebiet der sozialen Kranken- und Unfallversicherung, der Militär- sowie der Arbeitslosenversicherung, dass hier die positiven oder negativen kantonalen Rechtspflegebestimmungen auf das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren bis zum Ablauf der Übergangsfrist des ATSG (am 31. Dezember 2007) oder bis zur vorzeitigen Anpassung des kantonalen Rechts an die Vorgaben des ATSG anwendbar blieben.
2.6 Was der Beschwerdeführer hiegegen vorbringt ist unbegründet und vermag an der Verbindlichkeit der bisherigen Rechtsprechung (BGE 133 V 96, 132 V 361, 131 V 305, 314 und 325) nichts zu ändern. Dass mit Inkrafttreten des VGG und den damit verbundenen Anpassungen anderer Bundesgesetze (u.a. des Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG) eine Änderung der Übergangsbestimmung von Art. 82 ATSG verknüpft gewesen wäre, behauptet der Versicherte zu Recht nicht. Die vom Bundesgesetzgeber den Kantonen mit dieser Übergangsbestimmung ausdrücklich eingeräumte, erst per 31. Dezember 2007 abgelaufene fünfjährige Anpassungsfrist blieb uneingeschränkt wirksam, ungeachtet der Tatsache, dass die Neufassung der lit. c von Art. 38 Abs. 4 ATSG bereits am 1. Januar 2007 zusammen mit der Einführung des VGG in Kraft getreten ist. Auf dem Gebiet der sozialen Kranken- und Unfallversicherung, der Militär- sowie der Arbeitslosenversicherung ist daher Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG (in der ab 1. Januar 2007 geltenden Fassung) mit Blick auf das Rechtspflegeverfahren des Kantons Zürich erst seit unbenutztem Ablauf der den Kantonen bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumten Anpassungsfrist von Art. 82 Abs. 2 ATSG anwendbar.
3.
3.1 Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die nach Inkrafttreten des ATSG unverändert gültig gebliebene lit. c von § 13 Abs. 3 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 7. März 1993 (GSVGer/ZH; LS 212.81), welche eine positive, im Vergleich zu der seit 1. Januar 2007 in Kraft stehenden Fassung von Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG abweichende kantonalrechtliche Regelung der Fristenstillstandsdauer über die Weihnachtstage vorsieht (nämlich: vom 18. Dezember bis und mit dem 1. Januar), nach BGE 133 V 96 gestützt auf die bis zum 31. Dezember 2007 laufende Anpassungsfrist von Art. 82 Abs. 2 ATSG hier korrekt zur Anwendung gelangte.
3.2 Nach der für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Einspracheentscheid vom 20. September 2006 am 25. September 2006 zugestellt, so dass die Dreimonatsfrist des Art. 106 UVG (in der bis zum 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung) unter Berücksichtigung des nach § 13 Abs. 3 lit. c GSVGer/ZH vom 18. Dezember 2006 bis und mit 1. Januar 2007 geltenden Fristenstillstandes am 9. Januar 2007 endete (zur Fristberechnung vgl. BGE 131 V 314 E. 4.6 i.f. S. 322). Die vom 10. Januar 2007 datierende und an diesem Tag der Post übergebene vorinstanzliche Beschwerde ist somit verspätet erhoben worden, weshalb das kantonale Gericht darauf zu Recht nicht eingetreten ist.
4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 23. Januar 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Widmer Hochuli