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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
U 300/05
Urteil vom 7. November 2005
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Weber Peter
Parteien
M.________, 1959, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin und Notarin Sabine Steiger-Sackmann, Dornacherstrasse 10, 4603 Olten,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
(Entscheid vom 18. Juli 2005)
Sachverhalt:
A.
Der 1959 geborene M.________, kroatischer Nationalität, war seit Mai 1998 bei der Firma X.________, als Maurer tätig, und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 31. Juli 2000 zog er sich während eines Ferienaufenthaltes in Kroatien bei einem Treppensturz eine Zehenfraktur (vierte und fünfte Zehe rechts) sowie eine undislozierte Fraktur des Mittelfussknochen-Köpfchens zu. Die SUVA vergütete bis 24. September 2000 ein Taggeld und schloss den Fall hierauf formlos ab. Wegen bereits zuvor bestandener Leiden (zervikozephales Schmerzsyndrom, chronisches lumbospondylogenes Syndrom und Osteoporose) blieb der Versicherte jedoch weiterhin arbeitsunfähig und meldete sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an.
Am 10. Juli 2001 wurde in der Orthopädischen Klinik des Spitals A.________ wegen einer beginnenden Arthrose des oberen Sprunggelenks (OSG) rechts und Verdacht auf ein Sinus tarsi Syndrom sowie auf ein intraossäres Ganglion im Talushals eine OSG-Infiltration durchgeführt (Operationsbericht vom 10. Juli 2001). Nach weiteren Behandlungen erfolgte am 25. Oktober 2002 ebenfalls im Spital A.________ eine OSG-Arthroskopie rechts aufgrund der Diagnose einer posttraumatischen Chondromalazie Grad IV Pilon tibial ventro-medial rechts. Nach ergänzenden Abklärungen und dem Beizug der IV-Akten lehnte die SUVA mit Verfügung vom 21. Februar 2003 gestützt auf den Bericht des SUVA-Kreisarztes Dr. med. L.________ vom 24. Dezember 2002 eine Leistungspflicht für die als Rückfall zum Unfall vom 31. Juli 2000 gemeldeten Fussgelenkbeschwerden des Versicherten ab, da es sich dabei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit um Unfallfolgen handle. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 10. Oktober 2003 fest.
B.
Auf Beschwerde hin liess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn ein Gutachten bei Dr. med. K.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie, (vom 15. November 2004) einholen. Gestützt auf diese Expertise und eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters (vom 28. Februar 2005) wies es die Beschwerde mit Entscheid vom 18. Juli 2005 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt der Versicherte beantragen, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides seien ihm eine Rente sowie eine angemessene Integritätsentschädigung zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während die SUVA auf Abweisung der der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz insofern, als diese im angefochtenen Entscheid auf seine Stellungnahme vom 13. April 2005 zu den Gutachten des Dr. med. K.________ mit keinem Wort eingegangen sei.
1.1 Der in Art. 29 Abs. 2 BV verankerte Grundsatz des rechtlichen Gehörs verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid Betroffenen tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen (BGE 126 I 102 Erw. 2b). Für die kantonalen Gerichte auf dem Gebiet des Bundessozialversicherungsrechts ergibt sich diese Pflicht auch aus Art. 1 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 und Art. 61 Abs. 2 VwVG. Für das Beschwerdeverfahren in der Unfallversicherung folgte sie zudem aus dem bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Art. 108 lit. h UVG. Diesen Bestimmungen kam nach der Rechtsprechung die gleiche Tragweite zu wie der aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleiteten Begründungspflicht (SZS 2001 S. 563 Erw. 3b). Daran hat sich mit der Einführung des seit 1. Januar 2003 die Begründungspflicht statuierenden Art. 61 lit. h in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 UVG grundsätzlich nichts geändert.
1.2 Die Begründungspflicht soll verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und der betroffenen Person ermöglichen, die Verfügung oder den Gerichtsentscheid gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn sowohl die betroffene Person als auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihre Verfügung bzw. ihr Urteil stützt. Das bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatsächlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinander setzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 126 I 102 Erw. 2b, 124 V 181 Erw. 1a; SVR 2001 IV Nr. 17 S. 50 Erw. 2a). Die Behörde darf sich aber nicht damit begnügen, die von der betroffenen Person vorgebrachten Einwände tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen und zu prüfen; sie hat ihre Überlegungen der betroffenen Person gegenüber auch namhaft zu machen und sich dabei ausdrücklich mit den (entscheidwesentlichen) Einwänden auseinander zu setzen oder aber zumindest die Gründe anzugeben, weshalb sie gewisse Gesichtspunkte nicht berücksichtigen kann (BGE 124 V 182 Erw. 2b).
1.3 Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es wäre Pflicht der Vorinstanz gewesen, zu den von ihm gegen die Gutachten des Dr. med. K.________ erhobenen Einwänden betreffend Widersprüchlichkeit und Unvollständigkeit sowie zum Beweisantrag auf eine erneute orthopädische Begutachtung Stellung zu nehmen, so ist dies mit Blick auf die vorstehenden rechtlichen Überlegungen nicht von der Hand zu weisen, Selbst wenn jedoch von einer Verletzung der Begründungspflicht auszugehen wäre, handelt es sich unter den gegebenen Umständen nicht um eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs, welche zwingend zu einer Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen würde. Weil sich der Beschwerdeführer im letztinstanzlichen Verfahren hat äussern können und das Eidgenössische Versicherungsgericht sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüft (Art. 132 OG), kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegend ohne weiteres als geheilt gelten (BGE 127 V 437 Erw. 3d/aa, 126 I 72, 126 V 132 Erw. 2b, je mit Hinweisen).
2.
Streitig und zu prüfen bleibt materiell, ob die vom Versicherten geklagten Beschwerden im oberen rechten Sprunggelenk mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise auf das versicherte Unfallereignis vom 31. Juli 2000 zurückzuführen sind.
3.
3.1 Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 und die dazugehörige Verordnung (ATSV) vom 11. September 2002 in Kraft getreten. Weil der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin zwar nach dem 31. Dezember 2002 erlassen worden ist, darin aber auch Sachverhalte beurteilt werden, die vor dem 1. Januar 2003 eingetreten sind, ist entsprechend dem von der Praxis entwickelten intertemporalrechtlichen Grundsatz, wonach in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts in Geltung standen (BGE 130 V 446 f.Erw. 1.2.1 mit Hinweisen), der Beurteilung der streitigen Verhältnisse bis zum 31. Dezember 2002 altes und ab 1. Januar 2003 neues Recht (ATSG samt Nebenerlassen) zugrunde zu legen (BGE 130 V 445 ff.). Diesen intertemporalrechtlichen Überlegungen kommt insofern nur beschränkte Tragweite zu, als durch das In-Kraft-Treten des ATSG insbesondere am unfallversicherungsrechtlichen Begriff des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs sowie dessen Bedeutung als eine Voraussetzung für die Leistungspflicht nach UVG ohnehin nichts geändert hat (Urteil C. vom 5. November 2004, U 106/04, Erw. 2 mit Hinweisen).
3.2 Im kantonalen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) insbesondere bei Rückfällen und Spätfolgen (Art. 11 UVV; BGE 118 V 296 Erw. 2c) und die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem versicherten Unfall und dem Gesundheitsschaden (vgl. ferner BGE 129 V 181 Erw. 3 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. auch BGE 129 V 181 Erw. 3.1 mit Hinweisen) sowie zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung und zum Beweiswert eines Arztberichts (vgl. ferner BGE 125 V 352 ff. Erw. 3a und b, 122 V 160 f. Erw. 1c; RKUV 2003 Nr. U 487 S. 345 Erw. 5.1). Darauf wird verwiesen.
4.
4.1 Nach Würdigung der medizinischen Akten gelangte die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass der erforderliche natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 31. Juli 2000 und den OSG-Beschwerden zwar möglich, nicht aber mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt ist. Sie stützte sich dabei auf das ihrerseits eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. med. K.________ vom 15. November 2004 sowie dessen Ergänzungsbericht vom 28. Februar 2005, worin sich dieser unter Berücksichtigung des nachgereichten Operationsberichts bezüglich der lateralen Bandplastik OSG rechts (vom 23. April 2004) sowie des Berichts über die Ganganalyse der Orthopädischen Klinik des Spital A.________ (vom 12. Dezember 2003) nochmals zur Kausalität äusserte. Der Gutachter hielt in seiner ergänzenden Stellungnahme an der ursprünglichen Beurteilung fest, wonach eine Kausalität des Ereignisses vom Juli 2000 nicht mit "vorwiegender Wahrscheinlichkeit" gegeben sei; dies u.a. mit Blick auf die Tatsache, dass im Unfalljahr nie die Rede vom Sprunggelenk war und bei der Szintigrafie vom 10. November 2000 keine Veränderung im Sprunggelenk beschrieben wurde. Mit Verweis auf den Operationsbericht vom 23. April 2004 führte er nunmehr aus, die nur noch narbige Struktur des einen Bandes weise darauf hin, dass längerfristig mehrere Traumatisierungen, auch solche mit nicht sehr massiven Gewalteinwirkungen wahrscheinlich seien. Die Folgerungen des Experten beruhen auf der Kenntnis der umfangreichen medizinischen Vorakten, insbesondere auch der IV-Akten und sind einlässlich und überzeugend begründet. Das Gutachten erfüllt die Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Entscheidgrundlage (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Bei Gerichtsgutachten weicht das Gericht nach der Praxis nicht ohne zwingende Gründe von der Einschätzung der medizinischen Fachleute ab, deren Aufgabe es ist, ihre Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur Verfügung zu stellen, um einen bestimmten Sachverhalt medizinisch zu erfassen. Ein Grund zum Abweichen kann vorliegen, wenn die Gerichtsexpertise widersprüchlich ist oder wenn ein vom Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu andern Schlussfolgerungen gelangt. Eine abweichende Beurteilung kann ferner gerechtfertigt sein, wenn gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer Fachleute dem Gericht als triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass es die Überprüfung durch eine weitere Fachperson im Rahmen einer Oberexpertise für angezeigt hält, sei es, dass es ohne eine solche vom Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V 352 Erw. 3b/aa mit Hinweisen). Derartige Gründe sind vorliegend jedoch keine ersichtlich, weshalb die Vorinstanz zu Recht darauf abstellte.
4.2 Sämtliche Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen nicht zu einem andern Ergebnis zu führen. Wenn der Beschwerdeführer mit Verweis auf seine Stellungnahme vom 13. April 2005 geltend macht, die beiden Teilgutachten des Dr. med. K.________ seien widersprüchlich und fehlerhaft, kann ihm nicht gefolgt werden. Aus dem Umstand, dass die Instabilität des Sprunggelenks für die Arthrosebildung gemäss Gutachten plausibel ist, vermag er nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, hält der Gutachter längerfristig doch mehrere Traumatisierungen, auch solche mit nicht sehr massiven Gewalteinwirkungen, für wahrscheinlich. Er bejaht zwar, dass nach einem Trauma Nachbargelenke der verletzten Strukturen nach einer längeren Latenz mitbetroffen sein können, hält aber fest, dass das obere Sprunggelenk nicht direktes Nachbargelenk der Zehen ist - was im Übrigen auch auf das Metatarsaleköpfchen zutrifft -. Zudem führt er aus, bei einem Trauma mit erheblicher Schädigung des oberen Sprunggelenkes wären dort eher früh erhebliche Schmerzen zu erwarten gewesen und höchst wahrscheinlich ein entsprechender Befund in der Szintigrafie einige Monate später. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers ist die Fraktur im Mittelfussbereich berücksichtigt worden und in die Gesamtbeurteilung eingeflossen. Weiter gilt es festzustellen, dass ein Aktengutachten rechtsprechungsgemäss zulässig ist, wenn ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die ärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht (Urteil M. vom 15. Juli 2005 [U 45/05]). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Von einem zusätzlichen orthopädischen Gutachten, wie beantragt, sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb darauf verzichtet wird (antizipierte Beweiswürdigung; 124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Wenn der Beschwerdeführer schliesslich einwendet, allein aufgrund der Tatsache, dass laut Operationsbericht des Spitals A.________ (vom 16. April, recte 23. April 2004) am rechten Fuss zufolge Traumatisierungen ein Band habe rekonstruiert werden müssen, hätte eine Leistungspflicht der Unfallversicherung gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. g UVV bestanden, verkennt er, dass damit die Kausalität zum Vorfall vom 31. Juli 2000 in keiner Weise erstellt ist.
Demnach beschliesst das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 7. November 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: