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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 17/05
Urteil vom 21. Juni 2005
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Lanz
Parteien
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdeführerin,
gegen
M.________, 1953, Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Dr. Daniel Riner, Steinentorstrasse 13, 4051 Basel
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel
(Entscheid vom 9. November 2004)
Sachverhalt:
A.
Der 1953 geborene spanische Staatsangehörige M.________ war nach seiner Einreise in die Schweiz im Jahr 1976 zunächst bei einer Tiefbaufirma tätig. Ab August 1987 arbeitete er als Strassenkehrer/Chauffeur und daneben ab 1998 teilzeitlich als Büroreiniger bei einem privaten Reinigungsunternehmen. Beide Tätigkeiten gab er im August 2001 wegen eines Herzleidens auf. Im Februar 2002 meldete er sich unter Hinweis auf diesen Sachverhalt bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die IV-Stelle Basel-Stadt holte Arztberichte (worunter einen kardiologisches Abklärungsbericht vom 13. Oktober 2002 und ein psychiatrisches Gutachten vom 19. Februar 2003) ein und traf erwerbliche Abklärungen. Gestützt darauf wurde M.________ bei einem Invaliditätsgrad von 64 % rückwirkend ab 1. August 2002 eine halbe Invalidenrente zugesprochen (Verfügung vom 25. Juli 2003). Daran hielt die IV-Stelle auf Einsprache des Versicherten hin fest (Einspracheentscheid vom 11. November 2003).
B.
In Gutheissung der von M.________ hiegegen erhobenen Beschwerde hob das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt den Einspracheentscheid vom 11. November 2003 auf und sprach dem Versicherten bei einem Invaliditätsgrad von 67 % ab 1. August 2002 eine ganze Rente zu, dies unter dem Vorbehalt der auf 1. Januar 2004 in Kraft tretenden 4. IV-Revision.
C.
Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben.
M.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach der Rechtsprechung stellt das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 11. November 2003) eingetretenen Sachverhalt ab (vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweis). Ferner sind in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung hatten (BGE 130 V 259 Erw. 3.5, 333 Erw. 2.3, 425 Erw. 1.1, 447 Erw. 1.2.1, je mit Hinweisen).
Wie das kantonale Gericht in korrekter Anwendung dieser allgemeinen intertemporalen Regeln richtig erkannt hat, sind die am 1. Januar 2004 im Rahmen der 4. IV-Revision in Kraft getretenen Rechtsänderungen nicht zu berücksichtigen.
Demgegenüber geht die Vorinstanz von der Anwendbarkeit des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) aus. Dies trifft grundsätzlich zu, wobei zu präzisieren ist, dass die Prüfung eines allfälligen schon vor dem In-Kraft-Treten des ATSG auf den 1. Januar 2003 entstandenen Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung für die Zeit bis 31. Dezember 2002 aufgrund der bisherigen und ab diesem Zeitpunkt nach den neuen Normen erfolgt (BGE 130 V 445).
2.
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die für den streitigen Rentenanspruch ab 1. Januar 2003 massgebenden Bestimmungen über den Invaliditätsbegriff (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG [in der seit 1. Januar 2003 geltenden Fassung]), die Voraussetzungen und den Umfang des Anspruchs auf eine Rente der Invalidenversicherung (Art. 28 Abs. 1 [in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung] und Abs. 1bis IVG [in Kraft gewesen bis 31. Dezember 2003]) sowie den Beginn des Rentenanspruchs (Art. 29 Abs. 1 IVG) zutreffend wiedergeben. Darauf wird verwiesen mit der Ergänzung, dass die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen mittels Einkommensvergleich erfolgt (Art. 16 ATSG).
Hinsichtlich der Rentenberechtigung bis 31. Dezember 2002 hat es mit dem Hinweis sein Bewenden, dass die dafür massgebenden altrechtlichen Grundsätze inhaltlich im Wesentlichen unverändert in die dargelegte neurechtliche Ordnung überführt wurden (BGE 130 V 343) und daher nicht gesondert darzulegen sind.
3.
Gemäss der nach Lage der medizinischen Akten zutreffenden und letztinstanzlich nicht mehr umstrittenen Beurteilung des kantonalen Gerichts sind dem Beschwerdegegner aufgrund seines Herzleidens nurmehr körperlich leichte, sitzend auszuführende Tätigkeiten mit einem Arbeitspensum von 50 % zuzumuten, wogegen aus psychiatrischer Sicht keine relevante Einschränkung besteht.
4.
Die erwerblichen Auswirkungen der gesundheitsbedingten Beeinträchtigung sind mittels Einkommensvergleich gestützt auf die Verhältnisse im Jahr 2002 (Rentenbeginn als massgebender Vergleichszeitpunkt; vgl. BGE 129 V 222) zu ermitteln.
4.1 Das ohne invalidisierende Gesundheitsschädigung mutmasslich erzielte Einkommen (Valideneinkommen) haben Verwaltung und Vorinstanz gestützt auf die Angaben der ehemaligen Arbeitgeber auf Fr. 74'436.- festgesetzt. Hiegegen werden keine Einwendungen erhoben.
4.2 Das trotz gesundheitsbedingter Einschränkung zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen (Invalideneinkommen) ist nach der übereinstimmenden und zutreffenden Auffassung aller Verfahrensbeteiligten mangels erneuter Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Versicherten anhand der statistischen Durchschnittslöhne gemäss der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) zu ermitteln.
Das kantonale Gericht ging vom monatlichen Bruttolohn (Zentralwert bei einer standardisierten Arbeitszeit von 40 Wochenstunden) der mit einfachen und repetitiven Arbeiten (Anforderungsniveau 4) im gesamten privaten Sektor beschäftigten Männer im Jahr 2002 von Fr. 4557.- (LSE 2002, S. 43 Tabelle TA1) aus und rechnete diesen Wert auf die betriebsübliche Wochenarbeitszeit im Jahr 2002 von 41,7 Stunden (Die Volkswirtschaft, Heft 12/2004, S. 94 Tabelle B 9) um, was bei dem noch zumutbaren Arbeitspensum von 50 % zu einem Jahreseinkommen (x 12) von Fr. 28'504.- führt. Dieses Vorgehen entspricht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (BGE 126 V 76 f. Erw. 3b) und wird, nachdem die IV-Stelle anfänglich noch von einem geringfügig höheren Einkommensbetrag ausgegangen war, letztinstanzlich nicht mehr in Frage gestellt.
Einig sind sich die Verfahrensbeteiligten auch darin, dass von dem so ermittelten Einkommen ein behinderungsbedingter Abzug vorzunehmen ist. Umstritten ist dessen Höhe. Die Vorinstanz hat den von der IV-Stelle auf 10 % festgesetzten Abzug auf 15 % erhöht, was die Verwaltung als unzulässiges Eingreifen in ihr Ermessen betrachtet. Der massliche Unterschied ist insofern entscheidrelevant, als je nachdem ein Invaliditätsgrad von 65 % oder aber von 67 % und somit (jedenfalls bis Ende 2003 [In-Kraft-Treten der 4. IV-Revision]) der Anspruch auf eine halbe oder eine ganze Invalidenrente resultiert. Der Versicherte wiederum macht einen Abzug von 25 % geltend.
4.2.1 Der unter bestimmten, von der Rechtsprechung umschriebenen Voraussetzungen vom anhand von Tabellenlöhnen ermittelten Invalideneinkommen vorzunehmende Abzug ist für sämtliche in Betracht fallenden Umstände (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) gesamthaft zu schätzen und unter Berücksichtigung aller jeweils in Betracht fallender Merkmale auf höchstens 25 % zu beschränken (BGE 126 V 78 ff. Erw. 5). Die Schätzung des Abzugs trägt naturgemäss Ermessenszüge in sich (vgl. Urteil B. vom 19. November 2004, I 348/04 und I 352/04, Erw. 5.2.3). Bei deren Überprüfung kann es nicht darum gehen, dass die kontrollierende richterliche Behörde ihr Ermessen an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzt. Bei der Unangemessenheit (vgl. Art. 132 lit. a OG) geht es um die Frage, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das Sozialversicherungsgericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten abstützen können, welche seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (BGE 126 V 81 Erw. 6, 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen).
4.2.2 Ein solcher triftiger Grund ist im vorliegenden Fall gegeben. Mit dem Abzug von 10 % wollte die Verwaltung gemäss Verfügung und Einspracheentscheid dem Umstand Rechnung tragen, dass der Versicherte gesundheitsbedingt nur noch leichte, sitzende Tätigkeiten ausüben kann. Dies ist insoweit nicht zu beanstanden. Wie das kantonale Gericht aber richtig erkannt hat, gilt es zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Beschwerdegegner mit dem noch zumutbaren Arbeitspensum von 50 % auf Teilzeittätigkeiten beschränkt ist, was sich lohnmässig bei Männern nachteilig auswirkt (LSE 2002 S. 28). Mit der Erhöhung des Abzuges auf 15 % gemäss dem angefochtenen Entscheid wird der Gesamtheit der einkommensbeeinflussenden Faktoren angemessen Rechnung getragen.
4.2.3 Ein höherer Abzug ist entgegen der vom Versicherten vertretenen Auffassung nicht gerechtfertigt. Dies gilt auch mit Blick auf die ausländische Staatsangehörigkeit. Der Beschwerdegegner gehört als Niedergelassener (Bewilligung Kat. C) einer Ausländerkategorie an, für welche der monatliche Bruttolohn im Anforderungsniveau 4 sogar über dem entsprechenden, nicht nach dem Merkmal der Nationalität differenzierenden Totalwert liegt (LSE 2002, S. 59 TA12; Urteil I. vom 17. Januar 2005, I 169/04, Erw. 7.3.2; vgl. auch BGE 126 V 79 Erw. 5a/cc). Bei der weiter geltend gemachten beschränkten Schulbildung handelt es sich um einen invaliditätsfremden Gesichtspunkt, der, wenn überhaupt, bei beiden Vergleichseinkommen zu berücksichtigen wäre (BGE 129 V 225 Erw. 4.4 mit Hinweisen).
Der angefochtene Entscheid ist somit in allen Teilen rechtens.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die IV-Stelle Basel-Stadt hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Land und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 21. Juni 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: