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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 215/04
Urteil vom 15. April 2005
I. Kammer
Besetzung
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Kernen; Gerichtsschreiberin Hofer
Parteien
Staatssekretariat für Wirtschaft, Direktion Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung, TCRV, Effingerstrasse 31, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
gegen
S.________, 1961, Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Daniel Philippe Hofstetter, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern,
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 30. August 2004)
Sachverhalt:
A.
Der 1961 geborene S.________ war ab dem 1. Juni 2002 bei der neu gegründeten Fluggesellschaft A.________ AG als Pilot und Ausbildungsinstruktor angestellt. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 teilte ihm die Arbeitgeberin mit, aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft habe sich der Verwaltungsrat für Redimensionierungsmassnahmen in diversen Betriebsbereichen entschieden. Man sehe sich daher gezwungen, das Arbeitsverhältnis per 31. Januar 2003 zu kündigen. Gleichzeitig riet die Arbeitgeberin S.________ zur Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV), welches ihn während der Kündigungsfrist bei der beruflichen Standortbestimmung und der Suche nach einer neuen Stelle beraten und unterstützen werde. Bereits am 7. Oktober 2002 hatte S.________ der Fluggesellschaft A.________ AG mitgeteilt, er werde seine Arbeitskraft weiterhin zur Verfügung stellen. Zudem forderte er die Überweisung des Lohnes für den Monat September 2002 und der ausstehenden Spesenentschädigungen, ansonsten die Regelung nach Art. 337 OR zur Anwendung komme. Am 26. November 2002 wurde über die Firma der Konkurs eröffnet. S.________ stellte am 30. November 2002 Antrag auf Insolvenzentschädigung. Mit Verfügung vom 10. Februar 2004 anerkannte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich den Leistungsanspruch für die Zeit vom 9. Juli bis 8. November 2002 für Lohn und Anteil 13. Monatslohn im Betrag von Fr. 22'164.80. Für die Zeit vom 9. bis 26. November 2002 verneinte sie einen Anspruch mit der Begründung, als Abgrenzung für den Bezug von Insolvenzentschädigung zu allfälligen Leistungen nach Art. 29 AVIG habe das Datum der Kündigung, spätestens jedoch der 8. November 2002 zu gelten, als die meisten Mitarbeitenden die Kündigung erhalten hatten. Mit Einspracheentscheid vom 25. Mai 2004 hielt die Arbeitslosenkasse an ihrem Standpunkt fest.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. August 2004 gut mit der Feststellung, dass S.________ für die Zeit bis 26. November 2002 Anspruch auf Insolvenzentschädigung hat.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben, und der Anspruch auf Insolvenzentschädigung für die Zeit vom 9. bis 26. November 2002 sei zu verneinen.
S.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Arbeitslosenkasse beantragt Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Arbeitslosenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 2.1).
2.
Gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG haben beitragspflichtige Arbeitnehmer von Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen oder in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen. Laut Art. 52 Abs. 1 AVIG (in der hier anwendbaren vom 1. September 1999 bis 30. Juni 2003 gültig gewesenen Fassung) deckt die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen für die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses, für jeden Monat jedoch nur bis zum Höchstbetrag nach Art. 3 Abs. 1. Als Lohn gelten auch die geschuldeten Zulagen.
3.
3.1 Nach der Rechtsprechung deckt die Insolvenzentschädigung nur Lohnforderungen, die sich auf geleistete Arbeit beziehen, nicht aber auf Ansprüche bei (ungerechtfertigter) vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses und für noch nicht bezogene Ferien (BGE 121 V 377, 114 V 60, 111 V 269, 110 V 30).
Der rechtliche Bestand eines Arbeitsverhältnisses allein ist kein taugliches Kriterium für die Beantwortung der Frage, ob Ansprüche für geleistete Arbeit im Sinne von Art. 51 ff. AVIG geschuldet sind (BGE 121 V 381 Erw. 3c, 119 V 157 Erw. 2a; vgl. auch BGE 125 V 495 Erw. 3b; Urs Burgherr, Die Insolvenzentschädigung, Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers als versichertes Risiko, Diss. Zürich 2004, S. 90). Massgebend für die Abgrenzung des Anspruchs auf Insolvenzentschädigung von demjenigen auf Arbeitslosenentschädigung ist, ob die versicherte Person in der fraglichen Zeit vermittlungsfähig war (Art. 15 Abs. 1 AVIG) und die Kontrollvorschriften (Art. 17 AVIG) erfüllen konnte. Ist dies zu bejahen, so besteht kein Anspruch auf Insolvenzentschädigung. Wer ungerechtfertigt fristlos entlassen wird und aus diesem Grund nicht mehr arbeitet, ist grundsätzlich vermittlungsfähig, weshalb sein Leistungsanspruch nach den für die Arbeitslosenentschädigung geltenden Voraussetzungen (Art. 8 ff. AVIG) zu prüfen ist, auch wenn ihm noch Lohnforderungen wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses zustehen. In solchen Fällen besteht zwar kein anrechenbarer Arbeitsausfall im Sinne von Art. 11 Abs. 3 AVIG, wie er für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung vorausgesetzt ist (Art. 8 Abs. 1 lit. b AVIG); bestehen Zweifel darüber, ob die versicherte Person für die Zeit des Arbeitsausfalls Lohn- oder Entschädigungsansprüche im Sinne von Art. 11 Abs. 3 AVIG hat, wird ihm jedoch gemäss Art. 29 AVIG Arbeitslosenentschädigung ausbezahlt und es gehen die Ansprüche des Versicherten samt dem gesetzlichen Konkursprivileg im Umfang der ausgerichteten Taggeldentschädigungen auf die Arbeitslosenkasse über (BGE 121 V 379 Erw. 2b; ARV 2003 Nr. 28 S. 256 Erw. 2.4.1). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis zur Unzeit aufgelöst wird (Art. 336c OR) und der Arbeitgeber nach Art. 324 OR in Annahmeverzug gerät. In Bezug auf die Vermittlungsfähigkeit verhält es sich in diesem Fall nicht grundlegend anders als bei der ungerechtfertigten fristlosen Entlassung des Arbeitnehmers (BGE 125 V 495 Erw. 3b, 121 V 380 Erw. 3). Keine andere Betrachtungsweise hat bei einer Freistellung während der Kündigungsfrist zu greifen (Urteile A. vom 28. Januar 2002 [C 164/01], C. vom 13. Januar 2000 [C 167/99]). Im Urteil B. vom 23. November 2001 (C 143/01) hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, welches im Zusammenhang mit der wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vorgenommenen Schliessung des Geschäftslokals durch den Vermieter erfolgte, einer Freistellung des Arbeitnehmers gleichgestellt. Dabei hat es erwogen, da die Kündigung ausgesprochen worden sei, nachdem der Vermieter das Betreten der Geschäftsräumlichkeiten mit sofortiger Wirkung untersagt habe, sei davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt freigestellt und damit vermittlungsfähig gewesen sei und sich den Kontrollvorschriften hätte unterziehen können.
3.2 Dem Tatbestand der Lohnansprüche für geleistete Arbeit im Sinne von Art. 51 ff. AVIG hat die Rechtsprechung diejenigen Fälle gleichgestellt, in denen der Arbeitnehmer nur wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers im Sinne von Art. 324 Abs. 1 OR keine Arbeit mehr leisten konnte (BGE 111 V 269; SVR 1996 ALV Nr. 59 S. 181: vgl. auch BGE 125 V 495 Erw. 3b; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 519). In BGE 111 V 269 ging es um ein Arbeitsverhältnis, das nicht gekündigt, sondern erst durch den Konkurs der Arbeitgeberin aufgelöst wurde. Der Arbeitnehmer hatte sich zudem bei der Arbeitgeberin mehrfach um Arbeitszuweisung bemüht, wurde jedoch mit dem Versprechen auf Arbeitszuweisung hingehalten. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat zudem erwogen, weil knapp ein Monat später über die Arbeitgeberfirma der Konkurs eröffnet worden sei, könne von einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des Anspruchs nicht die Rede sein.
3.3 Der blosse Verzug des Arbeitgebers bewirkt keine Auflösung des Arbeitsverhältnisses (SVR 1996 ALV Nr. 59 S. 181 Erw. 3a). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen Betriebsstörungen technischer, wirtschaftlicher oder behördlicher Art nicht beschäftigen kann (Rehbinder/Portmann, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht [Basler Kommentar], Obligationenrecht I: Art. 1-529 OR, 3. Aufl., Basel 2003, N 3 zu Art. 324). In SVR 1996 ALV Nr. 59 S. 181 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Bezug auf ein bisher ungekündigtes Arbeitsverhältnis hinsichtlich des Ausgangspunktes für die Berechnung der letzten Monate des Arbeitsverhältnisses, welche im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AVIG für die Anspruchsdauer der Insolvenzentschädigung massgebend sind, nicht auf den Zeitpunkt abgestellt, als die Belegschaft die Arbeit nach den Betriebsferien wegen einer konkursamtlich angeordneten Betriebsschliessung nicht wieder aufnehmen konnte, sondern auf denjenigen der Gewährung der Nachlassstundung. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung zwischen dem Anspruch auf Insolvenzentschädigung und jenem auf Arbeitslosenentschädigung war die Gültigkeit des Arbeitsvertrages.
4.
4.1 Das kantonale Gericht ging von einem Annahmeverzug der Arbeitgeberin aus. Aufgrund des im Kündigungsschreiben der Arbeitgeberin enthaltenden Hinweises, der Arbeitnehmer möge das RAV so schnell wie möglich aufsuchen lasse sich nicht schliessen, die Parteien seien sich einig gewesen, dass sich der Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht mehr zur Verfügung der Arbeitgeberin bereit zu halten habe. Nichts deute darauf hin, dass er während der Kündigungsfrist freigestellt worden wäre. Obwohl eine fristlose Kündigung durch den Versicherten unter den gegebenen Umständen möglich und sogar vernünftig gewesen wäre, sei er zu einem solchen Schritt nicht verpflichtet gewesen. Durch die Begrenzung der Bezugsdauer der Insolvenzentschädigung habe der Gesetzgeber im Übrigen dafür gesorgt, dass ein übermässiger, allenfalls rechtsmissbräuchlicher Bezug der Entschädigung möglich werde.
4.2 Das Beschwerde führende Bundesamt stellt sich demgegenüber im Wesentlichen auf den Standpunkt, den Mitarbeitenden sei klar gewesen, dass sie spätestens ab Ende Oktober 2002 nicht mehr für die Fluggesellschaft A.________ AG würden arbeiten können. Sie hätten auch gewusst, dass sie sich unverzüglich beim RAV melden sollten, wenn sie Leistungen der Arbeitslosenversicherung beanspruchen wollten. Ob ein Arbeitgeberverzug vorgelegen habe, sei unerheblich, weil alle Angestellten ausnahmslos dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden hätten, nachdem das Arbeitsverhältnis faktisch aufgelöst und sie somit arbeitslos gewesen seien. Ab dem 8. November 2002, als auch der letzte Arbeitnehmende im Besitze einer Kündigung gewesen sei, sei keine Arbeitsleistung mehr erfolgt, weshalb ab diesem Datum kein Anspruch auf Insolvenzentschädigung bestehe. Sofern sich die Versicherten nicht spätestens ab diesem Zeitpunkt beim RAV gemeldet und die Kontrollvorschriften erfüllt hätten, könne auch keine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet werden.
4.3 Der Beschwerdegegner macht geltend, die Tatsache, dass die Piloten der Fluggesellschaft A.________ AG nie geflogen seien, stelle keine faktische Unmöglichkeit der Vertragserfüllung dar. Vor der Aufnahme des eigentlichen Flugbetriebes hätten zahlreiche Vorbereitungsarbeiten erledigt werden müssen. So hätten sie ab Juli 2002 das vom internationalen Luftrecht vorgeschriebene Training im Simulator und Theoriesaal absolvieren und operationelle Unterlagen erstellen müssen. Die Gesellschaft habe nur deshalb nicht abheben können, weil die Betriebsbewilligung nicht vorgelegen habe. Wegen der Hinhaltetaktik der Geschäftsleitung habe er sich bereit halten müssen, um nach einer allfälligen Erteilung der Bewilligung den Flugbetrieb aufnehmen zu können. Vermittlungsfähigkeit könne nur vorliegen, wenn das Arbeitsverhältnis aufgelöst oder der Arbeitnehmer während der Dauer der Kündigungsfrist freigestellt sei, was beides nicht der Fall gewesen sei. Zudem sei die Informationspolitik der Behörde widersprüchlich gewesen, welche den Angestellten geraten habe, entweder mit der Anmeldung bei der Arbeitslosenkasse bis zur Konkurseröffnung zuzuwarten, damit sie finanziell besser gestellt seien oder die fristlose Kündigung auszusprechen und sich sofort bei der Arbeitslosenkasse anzumelden.
5.
5.1 Der Beschwerdegegner stand seit der von der Arbeitgeberin am 24. Oktober 2002 auf den 31. Januar 2003 ausgesprochenen Vertragsauflösung in einem (gekündigten) Arbeitsverhältnis. Wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, ist dieses in der Folge bis zur Konkurseröffnung weder seitens der Arbeitgeberin durch Freistellung des Arbeitnehmers noch vom Beschwerdegegner durch fristlose Auflösung im Sinne von Art. 337a OR vorzeitig beendet worden. Als Kündigungsgrund nannte die Arbeitgeberin Redimensionierungsmassnahmen in diversen Betriebsbereichen. Aus dem Umstand, dass sie dem Beschwerdegegner riet, sich bereits während der laufenden Kündigungsfrist beim RAV zur Standortbestimmung und Stellenvermittlung zu melden, kann nicht geschlossen werden, dieser sei damit von der Arbeitsleistung freigestellt worden. Vielmehr ist dieser Hinweis im Zusammenhang mit der damals angespannten Arbeitsmarktlage für Piloten zu sehen, welche sich schon früh um eine neue Stelle bemühen sollten, um nach Ablauf des Vertragsverhältnisses möglichst nicht ohne Arbeit dazustehen.
5.2 Kommt ein Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nach und liegen keine anerkannten Verhinderungsgründe vor, so gerät er wegen Nichterfüllung des Vertrages in Verzug (Art. 102 ff. OR). Der Arbeitgeber kann in diesem Fall für die Dauer der fehlenden Arbeitsleistung den Lohn verweigern (Art. 82 OR). Kann der Arbeitnehmer die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht leisten oder kommt Letzterer aus anderen Gründen mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, so bleibt er gemäss Art. 324 Abs. 1 OR zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, ohne dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist. Arbeitgeberverzug liegt grundsätzlich erst vor, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit eindeutig angeboten hat (BGE 115 V 444 Erw. 5a). Der in Art. 324 OR geregelte Annahmeverzug ist ein besonderer Fall des Gläubigerverzugs nach Art. 95 OG. Er geht den allgemeinen Bestimmungen des OR vor, berechtigt also nicht zu einem verzugsrechtlichen Vertragsrücktritt, weil dem Arbeitnehmer durch die Spezialbestimmung der Lohnanspruch gewahrt und auch eine ordentliche Kündigung unbenommen bleibt. Gegebenenfalls steht ihm selbst die Befugnis zur fristlosen Auflösung des Arbeitsvertrages zu (BGE 116 II 143 Erw. 5b). Der Arbeitnehmer muss jedoch seine Arbeitsleistung anbieten, ausser er sei vom Arbeitgeber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt worden. Verzichtet der Arbeitgeber - wie bei der Freistellung - ausdrücklich auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, muss dieser seine Leistung nicht mehr anbieten (BGE 118 II 140 Erw. 1a). In diesem Fall ist er nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts aus arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht grundsätzlich vermittlungsfähig und hat sich den Kontrollvorschriften zu unterziehen (Urteil A. vom 28. Januar 2002, C 164/01). Mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 hat der Beschwerdegegner seine Arbeitsleistung ausdrücklich angeboten. Die Arbeitgeberin hat darauf jedoch nicht reagiert und geriet damit in Annahmeverzug. Freigestellt wurde der Beschwerdegegner damit aber nicht. Davon geht auch das seco aus, hat es doch den Leistungsanspruch zumindest bis 8. November 2002 anerkannt.
5.3 Wird der Arbeitgeber zahlungsunfähig, so kann der Arbeitnehmer gemäss Art. 337a OR das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen, sofern ihm für seine Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht innert angemessener Frist Sicherheit geleistet wird. Wie das seco zu Recht festhält, ist er dazu nicht verpflichtet, und es existiert im Arbeitslosenversicherungsgesetz auch keine Sanktion für eine nicht bestehende Pflicht. Das Beschwerde führende Bundesamt hält indessen dafür, angesichts der desolaten und ausser Kontrolle geratenen Zustände der Fluggesellschaft A.________ AG wäre eine fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses vernünftig und unter dem Aspekt der Schadenminderungspflicht geboten gewesen. Dem Arbeitnehmer steht mit der obigen Bestimmung die Möglichkeit offen zu verhindern, dass er dem Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit Kredit gewährt und das Risiko trägt, die Gegenleistung nicht zu erhalten (BGE 120 II 212 Erw. 6a). Es kann von ihm jedoch nicht unter dem Titel der Schadenminderungspflicht (BGE 129 V 463 Erw. 4.2, 123 V 233 Erw. 3c mit Hinweisen) verlangt werden, diesen Schritt zu machen. Ob der Schaden der Arbeitslosenversicherung damit überhaupt gemindert würde, ist fraglich. Zwar ist die Arbeitslosenentschädigung (Taggelder gemäss Art. 22 AVIG) tiefer als die Insolvenzentschädigung, doch entstehen der Verwaltung aus der Vermittlungstätigkeit ebenfalls Kosten. Können Lohnansprüche während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht erhältlich gemacht werden, bedeutet dies zudem noch nicht, dass dies auch im Konkursverfahren der Fall sein wird. Weder Arbeitslosenversicherung noch Arbeitnehmer vermögen in der Regel die wirtschaftliche Lage und die Sanierungsmöglichkeiten einer sich in finanziellen Schwierigkeiten befindenden Gesellschaft zuverlässig zu beurteilen, zumal wenn die Arbeitgeberin mit dem Hinweis auf Redimensionierungsbemühungen die Lage als weniger dramatisch erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit ist. Es ist für einen Versicherten in einer solchen Situation daher äusserst schwierig zu beurteilen, ab wann er sich der Arbeitslosenversicherung zur Verfügung zu stellen hat, ohne selber Nachteile zu gewärtigen.
Um zu verhindern, dass der Arbeitnehmer beliebig lange ohne Lohn beim bisherigen Arbeitgeber bleibt, hat der Gesetzgeber in Art. 52 Abs. 1 AVIG eine zeitliche Limite für die Bezugsdauer der Insolvenzentschädigung gesetzt. Spätestens nach vier Monaten ohne Lohn ist es dem Arbeitnehmer demnach aus arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht nicht mehr zumutbar, beim insolventen Arbeitgeber zu verbleiben. Dem Schutzzweck der Insolvenzentschädigung entsprechend sollen nicht Unternehmensrisiken abgedeckt, sondern soziale Härten der Arbeitnehmer vermieden werden (Urs Burgherr, a.a.O., S. 120). Am 7. Oktober 2002 forderte der Beschwerdegegner die Arbeitgeberin auf, den Septemberlohn sowie die ausstehenden Spesenentschädigungen zu überweisen. Wenn er - nachdem er darauf keine Antwort erhalten hatte - nicht sofort im Sinne von Art. 337a OR vorging, kann ihm dies arbeitslosenversicherungsrechtlich nicht zum Nachteil gereichen.
5.4 Dauert der Annahmeverzug an, und kann der Arbeitnehmer in guten Treuen nicht mehr mit einer Arbeitszuweisung rechnen, kann man sich fragen, ob das Geltendmachen von Insolvenzentschädigung ab jenem Zeitpunkt als rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB zu betrachten ist (vgl. Urs Burgherr, a.a.O., S. 94). In BGE 111 V 271 Erw. 3 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht einen knappen Monat nicht als rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Anspruchs auf Insolvenzentschädigung betrachtet. In SVR 1996 ALV Nr. 59 S. 181 lag zwischen der konkursamtlichen Siegelung des Betriebes und der Nachlassstundung ebenfalls weniger als ein Monat. Als der Beschwerdegegner die Kündigung erhielt, war der Lohn für den Monat September ausstehend. Dieser Zeitpunkt kann indessen nicht ausschlaggebend sein, sondern allenfalls jener, als alle oder die meisten Arbeitnehmer im Besitze des Kündigungsschreibens waren und daraus geschlossen werden konnte, dass die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin hoffnungslos war. Davon geht auch das Beschwerde führende Bundesamt aus. Das seco hält in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde selber fest, viele Arbeitnehmende hätten sich schon Anfang Oktober auf dem RAV gemeldet, nachdem sie auf die Möglichkeit des Anmeldens bei der Arbeitslosenversicherung aufmerksam gemacht worden seien. Ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung sei zu jenem Zeitpunkt jedoch verneint worden, weil noch gar kein auslösendes Ereignis eingetreten sei. Spätestens Ende Oktober sei dann aber allen Mitarbeitenden klar gewesen, dass sie nicht mehr für die Fluggesellschaft A.________ AG würden arbeiten können. Der Stichtag des 8. November 2002 sei gewählt worden, weil aufgrund der Akten feststehe, dass bis dann sämtliche Angestellten im Besitze des Kündigungsschreibens gewesen seien. Ab diesem Zeitpunkt seien keine Arbeitsleistungen mehr erfolgt. Im von der Arbeitslosenkasse und dem seco als massgebend bezeichneten 8. November 2002 waren zwei Monatslöhne des Beschwerdegegners ausstehend. Die Konkurseröffnung fand kurz darauf am 26. November 2002 statt, weshalb auch hier nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung der Insolvenzentschädigung auszugehen ist.
6.
Die Vorinstanz hat in Erwägung 3 ausgeführt, streitig sei der Anspruch auf Insolvenzentschädigung für die Zeit vom 9. bis 26. November 2002. Dispositivmässig hat sie den angefochtenen Einspracheentscheid in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit der Feststellung aufgehoben, dass der Versicherte für die Zeit bis 26. November 2002 Anspruch auf Insolvenzentschädigung habe. Für den Beschwerdegegner bedeutet dies, dass er von diesem Zeitpunkt an rückwärts gerechnet Anspruch auf Insolvenzentschädigung während vier Monaten hat. Nachdem er erstmals für den Monat September 2002 den Lohn nicht erhielt, hat er rückwärts gerechnet für die ganze Dauer des Lohnausstandes bis zum 26. November 2002 Anspruch auf Insolvenzentschädigung.
7.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Der obsiegende anwaltlich vertretene Beschwerdegegner hat Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten des Beschwerde führenden Bundesamtes (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Zürich, zugestellt.
Luzern, 15. April 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: