BGer 5P.58/2005
 
BGer 5P.58/2005 vom 30.03.2005
Tribunale federale
{T 0/2}
5P.58/2005 /bnm
Urteil vom 30. März 2005
II. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Hohl,
Gerichtsschreiber Zbinden.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Urs Pfister,
gegen
1. B.________,
2. C.________,
3. D.________,
Beschwerdegegner,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Anton Henninger,
4. E.________ und F.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Fürsprecher Heinz Freivogel,
Gerichtspräsident des Seebezirks, Schlossgasse 2, Postfach 68, 3280 Murten.
Gegenstand
Art. 9 BV etc. (Abschluss eines vorsorglichen Beweisführungsverfahrens; Ausstand),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Gerichtspräsidenten des Seebezirks vom 6. Januar 2005.
Sachverhalt:
A.
A.________ (Gesuchsteller oder Beschwerdeführer) leitete vor dem Gerichtspräsidenten des Seebezirks gegen B.________ und Konsorten (Gesuchsgegner oder Beschwerdegegner) ein Verfahren betreffend vorsorgliche Beweisführung ein. Nachdem der gerichtliche Sachverständige am 20. August 2004 seinen Bericht eingeliefert hatte, setzte der Gerichtspräsident den Parteien mit Schreiben vom 1. September 2004 Frist bis zum 30. September 2004, um allfällige Zusatzfragen zu stellen. Während die Gesuchsgegner auf Zusatzfragen verzichteten, machte der Gesuchsteller innert erstreckter Frist am 2. November 2004 von dieser Möglichkeit Gebrauch. Mit Eingabe vom gleichen Tag begehrte er überdies unter Berufung auf den Ablehnungsgrund gemäss Art. 54 lit. c GOG/FR den Ausstand des Experten.
B.
Mit Verfügung vom 6. Januar 2005 trat der Gerichtspräsident auf das Ablehnungsbegehren des Gesuchstellers nicht ein, erklärte das Verfahren betreffend vorsorgliche Beweisführung für geschlossen und auferlegte die Kosten des Verfahrens dem Gesuchsteller unter Vorbehalt definitiver Kostenregelung im Hauptprozess. Zur Begründung des Entscheides betreffend Ausstand des Experten hielt er dafür, nach dem Gesuch um Ablehnung des Experten seien von diesem keine weiteren Handlungen vorgenommen worden. Das Verfahren der vorsorglichen Beweisführung schloss er zusammengefasst mit der Erwägung, in Anbetracht des Ablehnungsgesuchs erwiesen sich Zusatzfragen an den Experten als nicht opportun; überdies bleibe es dem Gesuchsteller vorbehalten, dem Experten im Hauptprozess ergänzende Fragen zu stellen und allenfalls weitere Gutachten zu verlangen.
C.
Der Gesuchsteller führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Begehren, die Verfügung des Gerichtspräsidenten aufzuheben. In der Sache ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.
D.
Während der Gerichtspräsident das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung nicht ablehnt, hat sich ein Teil der Beschwerdegegner dem Gesuch widersetzt; andere haben sich nicht vernehmen lassen. Mit Verfügung vom 28. Februar 2005 hat der Präsident der II. Zivilabteilung dem Gesuch entsprochen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Bei der angefochtenen Verfügung des Gerichtspräsidenten betreffend den Ausstand des gerichtlich bestellten Sachverständigen handelt es sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid. Dieser bedarf - im Gegensatz zu demjenigen gemäss Art. 87 Abs. 2 OG - keines nicht wieder gutzumachenden Nachteils (Art. 87 Abs. 1 OG). Ob sich die Verfügung als letztinstanzlich erweist, kann aufgrund nachfolgender Erwägungen offen bleiben.
1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, der Gerichtspräsident begründe seinen Nichteintretensentscheid betreffend Ausstandsbegehren damit, dass ab dem 2. November 2004 (Datum des Ablehnungsbegehrens) keine weiteren Handlungen vorgenommen worden seien. Nun aber habe er (der Beschwerdeführer) bereits am 21. und 30. Juli 2004 beantragt, den Auftrag des Experten zu sistieren, welchem Antrag der angerufene Richter mit Entscheid vom 4. August 2004 nicht stattgegeben habe. Die (drohende) Rechtsfolge, mit welcher der nunmehr angefochtene Nichteintretensentscheid vom 6. Januar 2005 begründet werde, hätte den Gerichtspräsidenten zwingend veranlassen müssen, dem Sistierungsantrag oder doch zumindest der Aufforderung zur Rechenschaftsablegung zu entsprechen. Im Ablehnungsbegehren vom 2. November 2004 seien ernsthafte Gründe vorgetragen worden, welche die mangelnde Unparteilichkeit des Experten begründen (Art. 54 lit. c GOG/FR). Im Hinblick auf die auf das Hauptverfahren vorbehaltene Beweiswürdigung sei die Frage der Unparteilichkeit des Experten von offenkundiger Bedeutung. Indem der Gerichtspräsident auf das Ablehnungsbegehren nicht eingetreten sei, habe er den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt. Überdies macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK geltend.
Soweit der Beschwerdeführer die Vorkommnisse um den Entscheid vom 4. August 2004 anspricht, enthält die angefochtene Verfügung diesbezüglich keine tatsächlichen Feststellungen und selbst der Entscheid vom 4. August 2004 wird darin nicht erwähnt. Die entsprechenden Vorbringen gelten daher als neu. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern im vorliegenden Fall Ausnahmen vom Novenverbot gegeben sein könnten (vgl. Galli, Die rechtsgenügende Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde, SJZ 81/1985, S. 125; Urteil 5P.448/2004 vom 11. Januar 2005, E. 1.3). Darauf ist nicht einzutreten.
Sodann hat der Gerichtspräsident betont, die Beweiswürdigung, die Prüfung der Erheblichkeit und die Beweiskraft der Beweismittel bleibe einem allfälligen Hauptprozess vorbehalten. Im Rahmen dieses Prozesses werde den Parteien Gelegenheit geboten, dem richterlichen Experten anlässlich der Hauptverhandlung Zusatzfragen zu stellen. Bei allenfalls bestehenden Unklarheiten und Zweifeln an den gutachterlichen Ausführungen könnten weitere Gutachten in Auftrag gegeben werden. Inwiefern die angefochtene Verfügung insoweit das Willkürverbot verletzt, erläutert der Beschwerdeführer nicht substanziiert (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 119 Ia 197 E. d S. 201; 120 Ia 369 E. 3a; 123 I 1 E. 4a; 127 III 279 E. 1c S. 282, mit Hinweisen; 128 I 295 E. 7a S. 312). Damit aber hat er auch nicht in einer Art. 90 Abs. 1 lit. b OG entsprechenden Weise dargetan, inwiefern das Nichteintreten auf das Ablehnungsbegehren gegen Verfassungsrecht bzw. gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK verstösst.
Selbst wenn die Verfügung betreffend Nichteintreten sich als unhaltbar erwiese, hätte der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen noch nicht rechtsgenügend erläutert, inwiefern der Gerichtspräsident willkürlich andere ernsthafte Gründe verkannt hat, welche die Unparteilichkeit des Experten bezweifeln lassen (Art. 54 lit. c GOG/FR).
2.
Der Beschwerdeführer beanstandet sodann den Abschluss des Verfahrens der vorsorglichen Beweisführung als verfassungswidrig.
2.1 Ersucht eine Partei vor Einleitung eines Hauptprozesses um Durchführung einer vorsorglichen Beweisführung, so hebt sie damit ein eigenständiges Verfahren an. Ungeachtet dieses formellen Gesichtspunktes wird aber mit dem Entscheid über dieses Gesuch kein Rechtsstreit beendet, sondern lediglich darüber entschieden, ob ein Beweismittel zugelassen wird oder nicht, wie dies dem ordentlichen Richter im Verlaufe des Verfahrens in der Sache obliegt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gelten daher Entscheide betreffend Anordnung bzw. Abweisung einer vorsorglichen Beweisführung als Zwischenentscheide im Sinne von Art. 87 Abs. 2 OG (Urteil 4P.6/2000 vom 16.März 2000, E. 1a). Aus den gleichen Überlegungen trifft dies auf die Verfügung zu, mit der ein Verfahren betreffend vorsorgliche Beweisführung abgeschlossen wird. Gegen vorgenannten Zwischenentscheid ist die staatsrechtliche Beschwerde zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 87 Abs. 2 OG).
2.2 Der Beschwerdeführer lässt zur Begründung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils ausführen, dem im Verfahren nach den Art. 261 ff. ZPO/FR verfassten gerichtlichen Gutachten komme erhöhte Beweiskraft zu. Art. 266 ZPO gewähre einen Anspruch auf Wiederholung der Expertise lediglich unter Vorbehalt von Art. 259 ZPO, wonach es den Parteien zwar frei stehe, den Experten um Erläuterungen und Ergänzungen des Gutachtens zu ersuchen (Art. 259 Abs. 1 ZPO). Erachte sich das Gericht aber als genügend unterrichtet, lehne es eine zweite Expertise ab (Art. 259 Abs. 2 ZPO/FR e contrario). Mit der gerichtlichen Expertise werde somit der Beweisführungsanspruch einer Partei insoweit eingeschränkt, als das Gericht im Hauptprozess sich dadurch als genügend unterrichtet erachte. Sei eine gerichtliche Expertise unter Verletzung von Parteirechten oder sonst wie auf verfassungswidrige Weise zustande gekommen, könne ihm (dem Beschwerdeführer) aufgrund der erhöhten Beweiskraft der Expertise ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen. Dies sei vorliegend erst recht der Fall, zumal der auch für den Hauptprozess zuständige Gerichtspräsident sich bereits heute als genügend unterrichtet erachte.
2.3 Selbst wenn sich der mit der vorsorglichen Beweisführung betraute Gerichtspräsident in einem allfälligen Hauptprozess mit der Sache befassen sollte, lässt sich damit kein nicht wieder gutzumachender Nachteil begründen.
Zwar kann das Sachgericht von einer zweiten Expertise absehen, wenn es sich als genügend unterrichtet erachtet (Art. 259 Abs. 2 ZPO e contrario). Diesfalls bleibt dem Beschwerdeführer aber nicht verwehrt, den kantonal letztinstanzlichen Entscheid des Sachgerichts anzufechten, sei es wegen Willkür in der Beweiswürdigung (Art. 9 BV), sei es wegen Verletzung des Rechts auf Beweis (Art. 8 ZGB, 84 Abs. 1 lit. a OG; BGE 114 II 289 E. 2 S. 291; vgl. auch Urteil 5C.228/2001 vom 17. Mai 2002, E. 1c, nicht publiziert in BGE 128 III 265). Auch insoweit vermag der Beschwerdeführer demnach keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil aufzuzeigen.
3.
Soweit der Beschwerdeführer schliesslich eine massive Behinderung in der Beweisführung rügt und dem Gerichtspräsident mangelnde Unparteilichkeit und damit eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vorwirft, erschöpft sich die Beschwerde in appellatorischer und damit unzulässiger Kritik (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; 109 Ia 217 E. 2b S. 226; 125 I 492 E. 1b S. 495; 127 III 279 E. 1c S. 282).
4.
Damit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Zwar haben sich einige Beschwerdegegner zum Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen lassen, doch sind sie mit ihrem Antrag auf Abweisung des Gesuchs unterlegen; insoweit rechtfertigt sich daher keine Entschädigung (vgl. Urteil 5P.128/2003 vom 23. April 2003, E. 6). In der Sache ist keine Vernehmlassung eingeholt worden und daher auch diesbezüglich keine Entschädigung zu sprechen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Gerichtspräsidenten des Seebezirks schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. März 2005
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: