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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6S.439/2004 /pai
Urteil vom 28. Februar 2005
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Erich von Arx,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich.
Gegenstand
Aufschub des Strafvollzugs zugunsten einer ambulanten Behandlung (Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB),
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 2. September 2004.
Sachverhalt:
A.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 2. September 2004 der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn mit 3 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus. Zugleich ordnete es gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB eine ambulante Behandlung ohne Aufschub des Strafvollzugs an. Der Verurteilung liegt eine Reihe von sexuellen Handlungen zu Grunde, die X.________ im Zeitraum vom Oktober/November 2000 bis Oktober 2001 mit seinem damals gut zehnjährigen Patenkind A.________ vornahm.
B.
X.________ erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht und beantragt, es sei Ziffer 3 des erwähnten Urteils des Obergerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, die ambulante Behandlung unter Aufschub des Strafvollzugs im Sinne von Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB anzuordnen.
Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Eine Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft wurde nicht eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 277bis BStP ist der Kassationshof bei der Beurteilung einer Nichtigkeitsbeschwerde an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Vorinstanz gebunden. Er hat die Anwendung des Bundesrechts auf Grund des im angefochtenen Entscheid festgestellten Sachverhalts zu prüfen (BGE 126 IV 65 E. 1 S. 67). Dem entspricht es, dass nach Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP mit der Nichtigkeitsbeschwerde keine neuen Tatsachen vorgetragen werden können.
Der vom Beschwerdeführer eingereichte neueste Behandlungsbericht von Dr. med. B.________ vom 25. November 2004 wurde erst nach dem angefochtenen Urteil erstellt und hat daher nach den obigen Grundsätzen im bundesgerichtlichen Verfahren ausser Betracht zu bleiben. Soweit sich die Beschwerde darauf abstützt, ist auf sie nicht einzutreten.
2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB, weil die Vorinstanz den Vollzug der Freiheitsstrafe nicht zugunsten der angeordneten ambulanten Behandlung aufgeschoben habe. Insbesondere sei die zur Ausübung des pflichtgemässen Ermessens erforderliche Gesamtwürdigung im Urteilszeitpunkt nicht vorgenommen worden.
2.1 Erfordert der Geisteszustand des Täters, der eine vom Gesetz mit Zuchthaus oder Gefängnis bedrohte Tat begangen hat, die damit im Zusammenhang steht, ärztliche Behandlung oder besondere Pflege und ist anzunehmen, dadurch lasse sich die Gefahr weiterer mit Strafe bedrohter Taten verhindern oder vermindern, so kann der Richter eine ambulante Behandlung anordnen, sofern der Täter für Dritte nicht gefährlich ist (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Der Richter kann den Vollzug der ausgefällten Strafe aufschieben, um der Art der angeordneten Behandlung Rechnung zu tragen (Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB).
Gemäss der in einem neueren Entscheid des Bundesgerichts zusammengefassten Rechtsprechung ist der Strafaufschub anzuordnen, wenn eine tatsächliche Aussicht auf erfolgreiche Behandlung durch den sofortigen Vollzug der ausgefällten Freiheitsstrafe erheblich beeinträchtigt würde. Die Therapie geht vor, falls eine sofortige Behandlung gute Resozialisierungschancen bietet, welche der Strafvollzug klarerweise verhindern oder vermindern würde. Eine erhebliche Beeinträchtigung einer Heilbehandlung ist nicht erst anzunehmen, wenn der Strafvollzug die Therapie gänzlich verunmöglicht oder den Behandlungserfolg völlig in Frage stellt. Vielmehr geht die Therapie vor, wenn eine sofortige Behandlung gute Resozialisierungschancen bietet, die der Strafvollzug verhindern oder wesentlich vermindern würde. Unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes muss der Behandlungsbedarf jedoch um so ausgeprägter sein, je länger die zugunsten der ambulanten Therapie aufzuschiebende Freiheitsstrafe ist. Die ambulante Massnahme darf im Übrigen nicht dazu missbraucht werden, den Vollzug der Strafe zu umgehen oder auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben. Ein Aufschub muss sich aus Gründen der Heilbehandlung hinreichend rechtfertigen. Der Richter hat diesbezüglich ein psychiatrisches Gutachten einzuholen (BGE 129 IV 161 E. 4.2 S. 162 f.).
2.2 Der angefochtene Entscheid prüft in erster Linie, ob die von der ersten Instanz ausgesprochene Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu bestätigen sei. In Anwendung des Grundsatzes der Subsidiarität verneint sie dies und ordnet stattdessen eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB an. Auf den Antrag des Beschwerdeführers, die Freiheitsstrafe zugunsten der ambulanten Massnahme aufzuschieben, geht die Vorinstanz nicht näher ein. Sie verweist lediglich auf das psychiatrische Gutachten von Dr. med. C.________ vom 22. April 2003, nach dem eine strafvollzugsbegleitende Durchführung der ambulanten Massnahme deren Erfolgsaussichten nicht erheblich vermindere oder gar zunichte mache.
Die Vorinstanz erörtert die Frage eines Strafaufschubs nach Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB offensichtlich deshalb nicht näher, weil ein solcher für sie ausser Betracht fällt. Ihr Verweis auf die erwähnte Stelle des psychiatrischen Gutachtens zeigt, dass sie sich dessen Einschätzung zu eigen macht und sie deshalb einen Strafaufschub ausschliesst. Dies steht mit der dargestellten bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang. Der Einwand, eine Therapie könne eine realitätsnähere Auseinandersetzung mit Risikosituationen gewährleisten, wenn sich der Beschwerdeführer in Freiheit befinde, mag zutreffen. Doch bedeutet dies nicht, dass eine ambulante Behandlung nicht auch im Strafvollzug erfolgversprechend sein könnte, wovon - wie erwähnt - der Gutachter denn auch ausdrücklich ausgeht. Auch die weitere Rüge, die Vorinstanz habe die erforderliche Gesamtwürdigung unterlassen, geht fehl. Denn diese setzt sich im angefochtenen Entscheid anhand des psychiatrischen Gutachtens eingehend mit der Persönlichkeit des Beschwerdeführers, seiner Behandlungsbedürftigkeit sowie mit den Erfolgsaussichten einer Therapie auseinander und übernimmt die erwähnte Einschätzung des Gutachters nicht unbesehen. Schliesslich trifft es auch nicht zu, dass die Vorinstanz den Verlauf der Therapie, die der Beschwerdeführer seit der Erstellung des Gutachtens absolvierte und die gewisse positive Ansätze zeigte, ausser Acht gelassen hätte. Sie hat vielmehr ihrem Urteil auch einen Behandlungsbericht von Dr. B.________, der drei Tage vor der Urteilsfällung verfasst wurde, zu Grunde gelegt.
Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz das ihr bei der Anwendung von Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB zustehende Ermessen nicht überschritten.
3.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach, soweit auf sie einzutreten ist, als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. Februar 2005
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: