BGer 2A.580/2004
 
BGer 2A.580/2004 vom 13.10.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.580/2004 /kil
Urteil vom 13. Oktober 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Küng.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher und Notar Dr. Peter Bont,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn,
Amt für öffentliche Sicherheit, Ambassadorenhof,
4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Amthaus 1, Postfach 157, 4502 Solothurn.
Gegenstand
Erteilung der Niederlassungsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
3. September 2004.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geb. ... 1968) stammt aus dem Kosovo. 1988 heiratete er in seiner Heimat eine Landsfrau, mit welcher zusammen er vier Kinder hat. Kurz nach der Geburt des dritten Kindes wurde die Ehe am 8. Januar 1991 geschieden. Am 5. November 1992 heiratete X.________ die Schweizer Bürgerin A.________; er erhielt gestützt auf Art. 7 ANAG eine Aufenthaltsbewilligung. Während der zweiten Ehe zeugte X.________ mit seiner ersten Ehefrau ein viertes Kind (geb. 1996). Am 2. Februar 1998 wurde ihm die Niederlassungsbewilligung erteilt, worauf das Scheidungsverfahren eingeleitet und die Ehe mit der Schweizer Bürgerin am 5. November 1998 geschieden wurde. Noch während der Ehe mit A.________ gebar B.________ (geb. C.________) am ... 1994 die Zwillinge D.________ und E.________, für die mit Urteil des Amtsgerichtes von Olten-Gösgen vom 24. Mai 2000 festgestellt wurde, dass X.________ deren Vater sei. Zu Beginn des Jahres 1999 reiste die erste Ehefrau von X.________ mit drei Kindern in die Schweiz ein, und am 3. März 1999 ersuchte dieser darum, dass sie bei ihm wohnen dürften. Ein in der Folge gestelltes Asylgesuch der ersten Ehefrau wurde am 15. Juli 1999 abgewiesen, wonach sie aber mit den Kindern erst im Frühjahr 2000 in den Kosovo zurückreisen musste. Am 2. April 2002 heiratete X.________ seine erste Ehefrau und Mutter seiner vier Kinder erneut und stellte am 10. Oktober 2002 ein Familiennachzugsgesuch. Das Departement des Innern (Amt für öffentliche Sicherheit) nahm gestützt auf die tatsächlichen Umstände an, dass X.________ die Niederlassungsbewilligung durch falsche Angaben bzw. wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen habe und widerrief sie gestützt auf Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG, womit dem Familiennachzugsgesuch die Grundlage fehlte. Am 13. August 2003 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn die von X.________ gegen den Widerrufsentscheid erhobene Beschwerde vom 9. Juli 2003 ab. Auf die dagegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil vom 25. September 2003 (2A.437/2003) nicht ein.
Am 13. Oktober 2003 ersuchte X.________ um Erteilung der Niederlassungsbewilligung in der Schweiz. Er machte neu geltend, seine beiden Kinder D.________ und E.________ seien Schweizer Bürger. Er habe mit diesen ein inniges Verhältnis, weshalb ihm gestützt auf Art. 8 EMRK die Niederlassungsbewilligung zu erteilen sei. Am 30. Juni 2004 wies das Departement des Innern des Kantons Solothurn, Abteilung Ausländerfragen, das Gesuch ab. Die von X.________ dagegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn am 3. September 2004 ab.
B.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 6. Oktober 2004 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 3. September 2004 aufzuheben und ihm die Niederlassungs-, eventuell die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an ihre Sachverhaltsfeststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Offensichtlich unrichtig ist eine Sachverhaltsermittlung nicht schon dann, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 286 mit Hinweisen; Urteil 2A.486/2002 vom 31. März 2003 E. 1.2).
1.2 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt nicht bzw. unrichtig festgestellt, indem sie es unterlassen habe, von Amtes wegen zu überprüfen, ob die beiden Kinder Schweizer Bürger seien; zudem habe sie behauptet, er sei nicht der zivilrechtliche Vater der Kinder.
1.3 Die Rüge ist unbegründet. Denn die Vorinstanz hat erkannt, auch unter der Annahme, "dass die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffen", seien die Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung nicht erfüllt. Die geltend gemachten Umstände (Vaterschaft, Schweizer Bürgerrecht der beiden Kinder) sind damit von der Vorinstanz keineswegs "ignoriert", sondern bei der Beurteilung berücksichtigt worden. Eine unvollständige oder offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes ist unter diesen Umständen zu verneinen.
1.4 Der Beschwerdeführer beanstandet weiter, es hätten informelle Gespräche der Vorinstanz mit der Mutter der Zwillinge stattgefunden; es sei nicht bekannt, woher die Vorinstanz die Informationen der Kindsmutter habe. Was er dazu vorbringt, lässt die entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz jedoch nicht als offensichtlich unrichtig oder unvollständig erscheinen. Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, die Vorinstanz habe keine mündliche Verhandlung durchgeführt, legt er nicht dar, inwiefern dadurch wesentliche Verfahrensbestimmungen, insbesondere sein Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt worden wären; das von ihm dazu als Beweis angeführte Schreiben vom 23. Juli 2004 betreffend Akteneinsicht erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf die vom Beschwerdeführer vermuteten informellen Gespräche. Dies ist auch nicht ersichtlich, wurden dem Beschwerdeführer doch am 23. Juli 2004 sämtliche Akten - aus denen sich nach Auffassung der Vorinstanz der "relevante Sachverhalt rechtsgenüglich" ergebe, weshalb sie es ablehnte, eine mündliche Verhandlung durchzuführen - zur Einsichtnahme zugestellt. Die vom Beschwerdeführer behaupteten engen persönlichen Beziehungen zu den Zwillingen sowie die materiellen Zuwendungen an die Kindsmutter hätte er ohne weiteres auch ohne mündliche Verhandlung geltend machen und belegen können. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sich nicht aus den Akten ergeben sollen.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer ist gemäss dem erwähnten Urteil des Amtsgerichtes Olten-Gösgen vom 24. Mai 2000 betreffend "Feststellung Vaterschaft/Unterhalt" Vater der beiden 1994 geborenen Kinder von B.________, die zusammen mit den Kindern in Thun wohnt. Der (damals arbeitslose) Beschwerdeführer verpflichtete sich gemäss gerichtlich genehmigter Vereinbarung vom gleichen Tag, für die Kinder bis zu deren Volljährigkeit monatliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen. Ein Besuchsrecht wurde dem - zu jener Zeit und heute noch - in F.________ lebenden Beschwerdeführer in diesem Urteil nicht eingeräumt.
2.2 Ausgehend von der seitens der Vorinstanz nicht in Abrede gestellten Annahme, dass die beiden Kinder Schweizer Bürger sind, kann sich der Beschwerdeführer einzig auf den durch Art. 8 Ziff. 1 EMRK vermittelten Schutz des Privat- und Familienlebens berufen (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1c). Davon geht auch die Vorinstanz zu Recht aus.
2.3 Das Bundesgericht hat bereits im Urteil 2A.437/2003 (E. 2.2) ausgeführt, ob die höchstens im Rahmen eines Besuchsrechts zu pflegende Beziehung des Beschwerdeführers zu den zwei Kindern genüge, um ihm ein festes Anwesenheitsrecht in der Schweiz zu verschaffen, erscheine unter den gegebenen Umständen fraglich (Einbindung des Beschwerdeführers in seine heutige, grundsätzlich im Ausland lebende und assimilierte Familie; Berücksichtigung des zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung führenden missbräuchlichen Verhaltens).
Die Vorinstanz hat die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 8 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 13 BV eingehend dargestellt und mit knapper, aber ausreichender Begründung in Berücksichtigung der nach Gesetz und Rechtsprechung massgeblichen Kriterien sowie in zutreffender Würdigung und Abwägung derselben überzeugend dargelegt, dass die Nichterteilung der Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung an den Beschwerdeführer kein Bundesrecht verletzt. Es kann auf diese Ausführungen (angefochtener Entscheid E. 3b) verwiesen werden. Insbesondere räumt der Beschwerdeführer selber ein, die von ihm behaupteten regelmässigen Sachleistungen und Barzahlun gen an die Mutter der beiden Kinder seien nicht durch Belege nachweisbar. Es ist nicht einzusehen, weshalb er dafür - und für das von ihm behauptete innige Verhältnis zu den beiden Kindern - nicht eine schriftliche Bestätigung der Mutter beigebracht hat. Die Darstellung der Vorinstanz, er habe noch nie Unterhaltsbeiträge für die Kinder bezahlt, erweist sich damit nicht als offensichtlich unrichtig. Auch seine Behauptung, eine Rückkehr in seinen heimatlichen Familienkreis (zu seiner Ehefrau und den vier Kindern aus dieser Ehe) sei dauernd ausgeschlossen, vermag er in keiner Weise zu belegen. Sie erscheint mit Blick auf die gesamten Umstände des vorliegenden Falles auch wenig glaubhaft.
2.4 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz zu Recht auch seinen auf das Recht auf Privatsphäre gestützten Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung, für welchen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen gelten, verneint. Es kann darauf verwiesen werden.
3.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Da die gestellten Rechtsbegehren als von vornherein aussichtslos erschienen, kann dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht nicht gewährt werden (Art. 152 OG). Er hat damit die Kosten dieses Verfahrens zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Oktober 2004
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: