BGer 2A.518/2004
 
BGer 2A.518/2004 vom 28.09.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.518/2004 /leb
Urteil vom 28. September 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Lucien W. Valloni,
gegen
Regierungsrat des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
2. Abteilung, vom 7. Juli 2004.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die 1947 geborene slowakische Staatsangehörige X.________ reiste am 15. August 1999 zusammen mit ihrer damals minderjährigen Tochter (geb. 1982) zu einem schweizerischen Bekannten in die Schweiz ein, welchen sie am 12. Oktober 1999 heiratete. Sie erhielt gemäss Art. 7 ANAG eine Aufenthaltsbewilligung; gestützt darauf erhielt auch die Tochter eine Aufenthaltsbewilligung. Am 6. Oktober 2001 verstarb der schweizerische Ehemann.
Am 13. Januar 2003 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich das Begehren von X.________ um Verlängerung der am 11. Oktober 2002 abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung ab und setzte ihr Frist zum Verlassen des zürcherischen Kantonsgebiets. Den gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 17. März 2004 ab. Auf den gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 7. Juli 2004 nicht ein.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. September 2004 beantragt X.________ dem Bundesgericht, der Nichteintretensbeschluss des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei ihr die Aufenthaltsbewilligung im Kanton Zürich zu verlängern, eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil, mit dessen Ausfällung das Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Verfügung gegenstandslos wird, ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG), soweit möglich unter Verweis auf die Erwägungen des angefochtenen Beschlusses (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG).
2.
Die Beschwerdeführerin ersucht darum, das bundesgerichtliche Verfahren für die Dauer eines zurzeit hängigen, sie betreffenden IV-Verfahrens bzw. bis zum Abschluss der hiefür notwendigen Abklärungen zu sistieren.
Das Urteil des Bundesgerichts über die vorliegend allein streitige Rechtsfrage kann unter den gegebenen Umständen durch Entscheidungen im IV-Verfahren nicht beeinflusst werden (vgl. Art. 6 Abs. 1 BZP, welcher gemäss Art. 40 OG im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sinngemäss zur Anwendung kommt), sodass eine Sistierung sich nicht rechtfertigt.
3.
3.1 Das Verwaltungsgericht ist auf die bei ihm eingereichte Beschwerde nicht eingetreten. Dieser Nichteintretensentscheid bestimmt den Streitgegenstand vor Bundesgericht, und die auf einen materiellen Bewilligungsentscheid abzielenden Anträge sind zum Vornherein nicht zu hören.
Nach dem massgeblichen kantonalen Verfahrensrecht ist die Beschwerde ans Verwaltungsgericht auf dem Gebiete der Fremdenpolizei nur soweit zulässig, als letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht offen steht, was von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt wird. Die Eintretensfrage vor Bundesgericht ist dieselbe wie vor dem kantonalen Verwaltungsgericht. Erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht als unzulässig, wird damit zugleich auch die Frage nach der Rechtmässigkeit des angefochtenen Nichteintretensbeschlusses positiv beantwortet.
3.2 Gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiete der Fremdenpolizei unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht (einschliesslich Staatsvertragsrecht) keinen Anspruch einräumt.
Keinen Bewilligungsanspruch kann die Beschwerdeführerin vorerst aus Art. 7 ANAG ableiten, da ihr Schweizer Ehemann gestorben ist, bevor sie in zeitlicher Hinsicht einen Anspruch auf Niederlassungsbewilligung erworben hatte (vgl. BGE 120 Ib 16). Sodann besteht kein Rechtsanspruch nach dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot (BGE 129 II 249 E. 4 und 5 S. 258 ff.; ferner BGE 130 II 137, dort insbes. E. 4). Schliesslich lassen sich auch aus der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) keine Bewilligungsansprüche ableiten (BGE 130 II 281 E. 2.2 S. 284, mit Hinweisen), sodass für die Eintretensfrage unerheblich bleibt, ob bei der Beschwerdeführerin ein schwerwiegender persönlicher Härtefall i.S. von Art. 13 lit. f BVO gegeben sein könnte oder ob diese medizinische Gründe für die Geltendmachung der Bewilligung anruft (Art. 33 bzw. allenfalls Art. 36 BVO).
3.3 Das Verwaltungsgericht hat richtig festgestellt, dass als anspruchsbegründende Norm höchstens Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) in Betracht fallen könnte, und zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines darauf gestützten Bewilligungsanspruchs im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.
Was den von Art. 8 EMRK garantierten Schutz des Familienlebens betrifft, kann vollumfänglich auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss zur Bedeutung der familiären Beziehungen von Erwachsenen zu ihren volljährigen Kindern oder anderen erwachsenen Verwandten im Allgemeinen und im konkreten Fall (E. 2.2, 2.4 und 2.5) und auf die dort zitierte Rechtsprechung verwiesen werden. Gegenüber den Formulierungen des Verwaltungsgerichts ist allerdings präzisierend festzuhalten, dass Art. 8 EMRK das Familienleben grundsätzlich über den Bereich der eigentlichen Kernfamilie hinaus schützt, jedoch im Bereich der ausländerrechtlichen Bewilligungen, vorbehältlich eigentlicher Abhängigkeitsverhältnisse, prinzipiell keine Ansprüche verschafft.
Ebenfalls auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts verwiesen werden kann, was den von Art. 8 EMRK garantierten Schutz des Privatlebens betrifft (E. 2.3 und 2.5). Im Falle der zuvor in der Slowakei verwurzelten Beschwerdeführerin, die erst 1999 im Alter von 52 Jahren gestützt auf die Ehe mit einem Schweizer in die Schweiz eingereist ist, deren Ehemann zwei Jahre später starb und deren Aufenthaltsbewilligung im Herbst 2002 auslief, sind die strengen Voraussetzungen für die Anerkennung eines aus dem Recht auf Privatleben abgeleiteten Bewilligungsanspruchs klarerweise nicht erfüllt, liegen doch keine besonders intensiven, über eine normale Integration hinausgehenden privaten Bindungen gesellschaftlicher oder beruflicher Natur bzw. vertieften sozialen Beziehungen vor und besteht nicht bereits eine eigentliche Verwurzelung mit der Schweiz (vgl. zu diesem Aspekt neuestens BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insbesondere hervorgehoben, dass der noch so verständliche Wunsch nach häufigem Grabbesuch weder unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK noch sonstwie ein Anwesenheitsrecht begründet (Urteil 2A.105/2001 vom 26. Juni 2001 E. 4c). Umgekehrt kann der Beschwerdeführerin nicht geglaubt werden, wenn sie heute ihrer Heimat bereits weitgehend entfremdet sein will.
3.4 Unerheblich für die Frage, ob ein Bewilligungsanspruch besteht, bleibt die Tatsache, dass unter den gegebenen Umständen wohl die Erteilung einer Bewilligung nach freiem Ermessen im Sinne von Ziff. 654 der Weisungen und Erläuterungen des Bundesamtes für Zuwanderung, Integration und Auswanderung über Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt (ANAG Weisungen) in Betracht fallen könnte, welche im Übrigen nicht an das kantonale Kontingent anzurechnen wäre (vgl. Art. 12 Abs. 2 in Verb. mit Art. 3 Abs. 1 lit. c BVO).
4.
Da die Beschwerdeführerin unter keinem Titel einen Anspruch auf eine ausländerrechtliche Bewilligung hat, ist auf ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten.
Dementsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten ihr aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. September 2004
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: