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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6A.31/2004 /pai
Urteil vom 6. August 2004
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Karlen,
Gerichtsschreiber Schönknecht.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gerber,
gegen
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5001 Aarau.
Gegenstand
Entzug des Führerausweises (Dauer des Entzugs),
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 18. März 2004.
Sachverhalt:
A.
X.________ fuhr am 18. März 2003 mit seinem Personenwagen auf der Autobahn A1 in Richtung St. Gallen. Auf dem Gemeindegebiet von Weinigen wechselte er um ca. 18.40 Uhr bei regem Verkehrsaufkommen vom Überholstreifen auf den Normalstreifen, überholte ein anderes Fahrzeug rechts und schwenkte anschliessend auf den Überholstreifen zurück.
Aufgrund dieses Vorfalls wurde X.________ von der Bezirksanwaltschaft Zürich mit Strafbefehl vom 4. Juni 2003 der groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG für schuldig befunden und rechtskräftig zu einer Busse von Fr. 1400.-- verurteilt.
B.
Am 14. August 2003 entzog das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau X.________ den Führerausweis für die Dauer von zwei Monaten.
Seinen Antrag, die Entzugsdauer auf einen Monat zu reduzieren, wiesen das Departement des Innern und das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 13. Oktober 2003 bzw. 18. März 2004 ab.
C.
X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Dauer des Ausweisentzugs auf einen Monat festzusetzen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau beantragt in seiner Vernehmlassung sinngemäss die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm aufgrund seines Verhaltens der Führerausweis entzogen werden muss. Er macht jedoch geltend, die von der Vorinstanz bestätigte Entzugsdauer von zwei Monaten verletze Bundesrecht und sei daher herabzusetzen.
1.1 Nach Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG beträgt die Dauer des Führerausweisentzugs mindestens einen Monat. Darüber hinaus ist die Dauer nach den Umständen festzusetzen (Art. 17 Abs. 1 SVG). Massgebend für die Bemessung sind vor allem die Schwere des Verschuldens, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen (Art. 33 Abs. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976 [VZV; SR 741.51]). Alle Umstände sind dabei gesamthaft zu würdigen, und es ist im Einzelfall die Entzugsdauer so festzusetzen, dass die mit der Massnahme beabsichtigte erzieherische und präventive Wirkung am besten erreicht wird. Den kantonalen Behörden steht bei der Bemessung der Entzugsdauer ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn dieses Ermessen überschritten oder missbraucht wurde. Dies ist namentlich der Fall, wenn die kantonalen Behörden einzelne Umstände zu Unrecht ganz ausser Acht lassen oder in einer unhaltbaren Weise gewichten (BGE 128 II 173 E. 4b).
1.2 Zunächst weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die einmonatige Mindestentzugsdauer von Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch für den Fahrzeugführer gilt, der den Verkehr in schwerer Weise gefährdet. Eine kantonale Praxis, wonach der Führerausweis in solchen Fällen in der Regel für mindestens drei Monate zu entziehen ist, verstösst gegen Bundesrecht (BGE 123 II 63 E. 3c/aa).
Dass das Verwaltungsgericht vorliegend von einem solchen standardisierten "Tarif" ausgegangen ist, lässt sich den Urteilserwägungen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht entnehmen. Wie er selbst einräumt, hat die Vorinstanz die Formulierung, welche in dem von ihm zitierten Bundesgerichtsurteil als teilweise bundesrechtswidrig qualifiziert worden ist (Entscheid des Kassationshofs vom 23. August 2002, 6A.57/2002, E. 4.2), denn auch nicht verwendet. Sein Einwand, das Verwaltungsgericht sei von einer zu hohen Mindestentzugsdauer ausgegangen, ist daher unbegründet.
1.3 Sodann wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die Vorinstanz sein Verschulden als schwer einstufte und diesen Umstand massnahmeerhöhend berücksichtigte.
Die den Erwägungen zum Verschulden vorangestellte Bemerkung, Art. 90 Ziff. 2 und Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG würden ein grobes Verschulden voraussetzen, ist zutreffend und bedeutet nicht, dass die Vorinstanz davon ausgeht, dies müsse automatisch zu einer Erhöhung der Mindestentzugsdauer führen (vgl. dazu E. 1.2). Das Gericht nennt in der Folge vielmehr die konkreten Umstände, die nach seiner Auffassung eine Erhöhung rechtfertigen.
In diesem Zusammenhang weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass das Überholmanöver kurz vor einer Autobahnabzweigung und bei regem Verkehrsaufkommen erfolgte. Damit schuf der Beschwerdeführer in der Tat eine hohe abstrakte Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer, die für ihn - wie das Gericht zutreffend festhält - auch erkennbar war. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer dringend auf die Toilette musste, vermag sein Verschulden nicht zu mindern. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hätte er kurz vor seinem Manöver - in einer Autobahnraststätte - Gelegenheit dazu gehabt. Auf die überzeugenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid kann verwiesen werden.
Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, er habe seine Tat bereits im Ermittlungsverfahren unumwunden eingestanden. Auch dieser Umstand lässt seine Tat nicht in milderem Licht erscheinen. Wie er selbst festhält, wurde sein Überholmanöver von zwei Beamten der Kantonspolizei Zürich beobachtet, womit er ohnehin bereits überführt war. Die Vorinstanz hat ihr Ermessen daher nicht überschritten, wenn sie das Verschulden des Beschwerdeführers als schwer einstufte.
1.4 Weiter beanstandet der Beschwerdeführer, dass ihm das Verwaltungsgericht lediglich eine leicht erhöhte Massnahmeempfindlichkeit zubilligte. In Wirklichkeit sei er in überdurchschnittlichem Masse auf ein Motorfahrzeug angewiesen.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der Massnahmeempfindlichkeit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen und deshalb zu berücksichtigen, in welchem Masse der Fahrzeugführer infolge beruflicher Angewiesenheit auf ein Motorfahrzeug stärker als andere Fahrer vom Entzug des Führerausweises betroffen ist (BGE 128 II 285 E. 2.4 mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer arbeitet bei der A.________ AG in Villmergen. Er nimmt die Arbeit morgens jeweils um 5.00 bzw. 6.30 Uhr auf und kann seinen Arbeitsort um diese Zeit nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Ausserdem muss er ab und zu kurzfristig auf Baustellen fahren, um Abklärungen zu treffen. Eine Angewiesenheit auf ein Motorfahrzeug ist damit grundsätzlich zu bejahen. Durch den Führerausweisentzug wird er gezwungen, für die fraglichen Fahrten auf Dritte zurückzugreifen oder ein Fahrrad bzw. ein Motorfahrrad zu benützen. Seine Situation ist indes nicht mit der eines Berufschauffeurs vergleichbar, denn durch die Massnahme wird ihm die Ausübung seines Berufes nicht verunmöglicht (vgl. Entscheid des Kassationshofs vom 15. August 1989, 6A.92/1989, E. 4, veröffentlicht in Pra 1990 Nr. 150). Ein gewisser organisatorischer, zeitlicher oder finanzieller Mehraufwand ist Folge eines jeden Führerausweisentzugs (BGE 122 II 21 E. 1c), weshalb das Verwaltungsgericht sein Ermessen nicht überschritten hat, wenn es der Massnahmeempfindlichkeit des Beschwerdeführers kein grosses Gewicht einräumte (vgl. BGE 128 II 173 E. 4e).
1.5 Auch bei gesamthafter Würdigung aller Umstände liegt die von den kantonalen Instanzen festgesetzte Entzugsdauer von zwei Monaten noch innerhalb des vom Bundesrecht gewährten Ermessensspielraums. Zwar setzte das Bundesgericht im Fall eines Lenkers, der ebenfalls rechts überholt hatte und sich wie hier ein schweres Verschulden vorwerfen lassen musste, die von der Vorinstanz verfügte Entzugsdauer von zwei Monaten auf einen Monat herab. Grund dafür war jedoch nicht, dass das Verwaltungsgericht von einer Einsatzmassnahme von drei Monaten ausgegangen war. Wie der Kassationshof ausdrücklich festhielt, lag dies noch innerhalb des bundesrechtlich gewährten Ermessenspielraums. Beanstandet wurde vielmehr, dass die Vorinstanz für den ungetrübten automobilistischen Leumund des Fahrzeugführers einen Abzug von einem Monat gewährt, die mittelgradig erhöhte Massnahmeempfindlichkeit aber völlig ausser Acht gelassen hatte (BGE 128 II 285 E. 2.5 und 3). In einem weiteren Fall hielt das Bundesgericht bei ungetrübten Leumund und ebenfalls nur leicht erhöhter Massnahmeempfindlichkeit sogar eine Entzugsdauer von drei Monaten für angemessen, wobei das Verschulden allerdings etwas schwerer wog als im vorliegenden Fall (vgl. Entscheid des Kassationshofs vom 23. August 2002, 6A.57/2002, E. 5). Eine Bestätigung der zweimonatigen Entzugsdauer erscheint damit als mit der bisherigen Praxis des Kassationshofs vereinbar.
2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach abzuweisen. Dementsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 156 Abs. 1 OG).
Das Gesuch des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 111 Abs. 2 OG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, sowie dem Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. August 2004
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: