BGer 4P.38/2004
 
BGer 4P.38/2004 vom 21.04.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
4P.38/2004 /bmt
Urteil vom 21. April 2004
I. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiberin Schoder.
Parteien
S.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Züger,
gegen
T.________ AG,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Guido Schmidhäusler,
Zivilkammer des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz.
Gegenstand
Art. 9 BV (Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, Zivilkammer, vom 25. November 2003.
Sachverhalt:
A.
S.________ (Beschwerdeführerin) war bei der T.________ AG (Beschwerdegegnerin) in den Jahren 1996 und 1997 als freie Mitarbeiterin tätig. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin wandelten die Parteien das Auftragsverhältnis per 1. Januar 1998 in ein Arbeitsvertragsverhältnis um. Am 29. September 1998 kündigte die Beschwerdeführerin das Vertragsverhältnis per Ende Oktober 1998. Am 2. Oktober 1998 war die Beschwerdeführerin letztmals für die Beschwerdegegnerin tätig.
B.
Am 12. Januar 1999 klagte die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin vor dem Einzelrichter des Bezirks Höfe auf Zahlung der ausstehenden Lohnansprüche für die Monate September und Oktober 1998 von insgesamt Fr. 20'000.-- nebst 5% Zins seit dem 2. Oktober 1998 und auf Beseitigung des Rechtsvorschlags im gegen die Beschwerdegegnerin in dieser Streitsache eingeleiteten Betreibungsverfahren. Die Beschwerdegegnerin erhob am 1. März 1999 Widerklage auf Zahlung von Fr. 28'200.-- nebst 5% Zins seit 30. November 1998. Mit Eingabe vom 14. Mai 1999 beantragte sie eventualiter Zahlung von Fr. 31'000.-- nebst 5% Zins seit 30. November 1998.
In teilweiser Gutheissung der Klage verpflichtete der Einzelrichter des Bezirks Höfe die Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin den Betrag von Fr. 20'000.-- sowie 5% Zins seit 4. November 1998 zu zahlen, und wies die Widerklage der Beschwerdegegnerin ab. Dagegen erhob die Beschwerdegegnerin Berufung beim Kantonsgericht des Kantons Schwyz. Mit Urteil vom 25. November 2003 hiess das Kantonsgericht die Berufung gut, hob das angefochtene Urteil des Einzelrichters auf und trat mangels sachlicher Zuständigkeit auf Klage und Widerklage nicht ein.
C.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen das Urteil des Kantonsgerichts sowohl staatsrechtliche Beschwerde sowie Berufung. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Streitsache zu neuer Entscheidung an das Kantonsgericht. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Erhebt eine Partei gleichzeitig staatsrechtliche Beschwerde und Berufung, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung wird ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG). Vorliegend besteht kein Anlass, anders zu verfahren.
2.
Die Begründungen der staatsrechtlichen Beschwerde und der Berufung stimmen weitgehend überein. Bei dieser Sachlage ist nach der Rechtsprechung ein strenger Massstab an die formellen Erfordernisse (Art. 55 Abs. 1 lit. c, Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) der beiden Rechtsmittel anzulegen (BGE 116 II 745 E. 2b S. 748).
3.
Im Gegensatz zum Bezirksgericht vertritt das Kantonsgericht den Standpunkt, die Beschwerdeführerin habe nicht nachweisen können, dass die Parteien für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 1998 statt eines auftragsrechtlichen einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hätten. Die Beschwerdeführerin sei von 1994 bis 1997 unbestrittenermassen in einem Freelance-Verhältnis als Dozentin für die Beschwerdegegnerin tätig gewesen. Die Zusammenarbeit zwischen den Parteien habe sich ab Januar 1998 nicht wesentlich verändert. Für das Vorliegen eines Auftragsverhältnisses für die Zeitspanne von Januar bis Oktober 1998 spreche, dass die Beschwerdeführerin für andere Unternehmen tätig gewesen und deshalb von der Beschwerdegegnerin wirtschaftlich nicht völlig abhängig gewesen sei, dass die Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht weisungsunabhängig gewesen sei und ihre Arbeit grundsätzlich frei habe einteilen können, dass die Parteien kein Konkurrenzverbot vereinbart hätten und dass erst ab April 1998 die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin regelmässig monatliche Zahlungen von Fr. 10'000.-- geleistet habe, wobei unklar sei, ob es sich um Akonto- oder um Nettozahlungen unter Abzug der Sozialleistungen gehandelt habe. Dass die Beschwerdegegnerin für das Jahr 1998 mit weniger Aufträgen gerechnet und gewusst habe, dass sich die Beschwerdeführerin im Frühling 1998 einer Unterleibsoperation werde unterziehen müssen, würde ebenfalls darauf hindeuten, dass die Beschwerdegegnerin keinen Arbeitsvertrag mit der Beschwerdeführerin habe abschliessen wollen. Zudem sei nicht bewiesen, inwieweit die Beschwerdeführerin auf einer Ferienregelung bestanden und ob die Beschwerdegegnerin über die Beschwerdeführerin eine Personalakte geführt habe. Da davon auszugehen sei, dass zwischen den Parteien ein Auftragsverhältnis vorliege, sei die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Lohnforderung für die Monate September und Oktober 1998 hinfällig.
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Anwendung von bundesrechtlichen Vorschriften, insbesondere von Art. 343 Abs. 4 OR und von Art. 8 ZGB.
3.1.1 Nach dem Grundsatz der absoluten Subsidiarität (Art. 84 Abs. 2 OG) ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht mit einem anderen Rechtsmittel gerügt werden kann. Diese Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde gilt insbesondere auch im Verhältnis zur Berufung (BGE 120 II 384 E. 4a S. 385). Die Rüge falscher Anwendung von Bundesrecht ist in berufungsfähigen Streitsachen mit Berufung vorzubringen (Art. 43 Abs. 1 und 2 OG).
3.1.2 Da die Beschwerdeführerin die willkürliche Anwendung von Art. 343 Abs. 4 und Art. 8 ZGB mit Berufung geltend machen kann, ist auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten.
3.2 Die Beschwerdeführerin rügt sodann in verschiedener Hinsicht eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV).
3.2.1 Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere als die vom kantonalen Gericht gewählte Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre. Willkürlich ist ein Entscheid vielmehr erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, insbesondere mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 128 I 177 E. 2.1 S. 182, je mit Hinweisen). Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist in der Beschwerdeschrift im Einzelnen darzustellen, inwiefern das angefochtene Urteil willkürlich sein soll. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 127 III 279 E. 1c S. 282, je mit Hinweisen). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob dem Bundesgericht freie Prüfung aller Tat- und Rechtsfragen zukäme (BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189).
3.2.2 Die Beschwerdeführerin rügt, das Kantonsgericht habe die Anerkennung der klägerischen Sachdarstellung durch die Beschwerdegegnerin übergangen. Sie gibt aber nicht an, welche Norm des kantonalen Prozessrechts willkürlich angewendet worden sein soll. Auf die Rüge ist mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
3.2.3 Die Beschwerdeführerin rügt Willkür in der Beweiswürdigung. Sie setzt sich aber auf weite Strecken mit dem angefochtenen Urteil nicht auseinander, sondern übt daran bloss appellatorische Kritik, führt einzelne Beweise auf, die sie anders gewichtet haben will, oder bringt unzulässige Noven (BGE 119 II 6 E. 4a S. 7) vor. Dies gilt insbesondere für die Rüge, dass das Kantonsgericht willkürlich annehme, die Beschwerdeführerin habe eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin für die Beschwerdegegnerin habe sich ab Januar 1998 nicht wesentlich geändert, die Beschwerdeführerin sei weisungsunabhängig tätig gewesen und habe ihre Arbeit ohne eigentliche Kontrolle gestalten können, die Beschwerdegegnerin habe die Zahlungen an die Beschwerdeführerin unter der Position "Personal" in der Buchhaltung aufgeführt, die fehlende Vereinbarung eines Konkurrenzverbots lasse auf ein Auftragsverhältnis schliessen, die Parteien hätten mit geschäftlichen Schwierigkeiten gerechnet und die Beschwerdegegnerin habe um die Unterleibsoperation der Beschwerdeführerin gewusst. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
3.2.4 Die Beschwerdeführerin bringt überdies vor, das Kantonsgericht gehe willkürlich davon aus, es sei nicht erwiesen, dass die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin einen monatlichen Lohn von Fr. 10'000.-- unter Abzug der Sozialleistungen ausbezahlt und dass die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin bei der Krankentaggeldversicherung angemeldet habe. Die Beschwerdeführerin zitiert dazu eine Zeugenaussage ihres Kollegen, wonach sie im Angestelltenverhältnis beschäftigt gewesen und zwischen ihr und der Beschwerdegegnerin eine monatliche Akontozahlung von Fr. 10'000.-- vereinbart worden sei, wobei dieser Betrag als untere Grenze des monatlichen Leistungsbezugs zu verstehen gewesen sei. Allein diese Zeugenaussage vermag aber den Schluss des Kantonsgerichts, dass unklar sei, ob es sich bei den monatlichen Zahlungen von Fr. 10'000.-- um Akontozahlungen oder um Monatslöhne handelte, nicht als willkürlich erscheinen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als auf die erwähnte Zeugenaussage mit Vorsicht abzustellen ist, da es sich beim Zeugen um den ehemaligen Lebenspartner der Beschwerdeführerin handelt, mit dem diese heute noch befreundet ist. Auch der geltend gemachte Umstand, dass die Beschwerdeführerin der Buchhalterin eine Krankenanzeige ausgehändigt und diese das Formular der Krankentaggeldversicherung weitergeleitet habe, lässt aufgrund aller übrigen Indizien im Ergebnis den beweismässigen Schluss des Kantonsgerichts nicht als unhaltbar erscheinen, dass die Parteien sich nicht in einem Arbeitsvertrag, sondern in einem Auftragsverhältnis binden wollten. Von einer stossenden, das Willkürverbot verletzenden Beweiswürdigung kann jedenfalls nicht die Rede sein. Die Beschwerde ist insoweit abzuweisen.
4.
Der Streitwert liegt unter Fr. 30'000.--, weshalb das Verfahren vor Bundesgericht kostenlos ist (Art. 343 Abs. 3 OR). Die in der Sache obsiegende Partei hat aber in Verfahren, die gemäss Art. 343 Abs. 3 OR kostenlos sind, Anspruch auf Parteientschädigung (BGE 115 II 30 E. 5c S. 42). Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin demgemäss für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. April 2004
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: