BGer 7B.175/2002
 
BGer 7B.175/2002 vom 13.11.2002
Tribunale federale
{T 0/2}
7B.175/2002 /min
Urteil vom 13. November 2002
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Levante.
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, Promenadenstrasse 12, 8500 Frauenfeld.
Pfändung/Pfändbarkeit einer Invaliditätsrente,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Thurgau als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 26. August 2002.
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
Das Betreibungsamt Gottlieben stellte in der gegen A.________ laufenden Betreibung (Nr. ...) am 1. März 2002 die Pfändungsurkunde bzw. mangels pfändbaren Vermögens oder Einkommens den Verlustschein (Nr. ...) nach Art. 115 SchKG aus; in der Pfändungsurkunde wurde festgehalten, dass der Schuldner eine unpfändbare IV-Rente von total Fr. 3'760.-- (IV-Rente Fr. 2'060.-- und IV-Pensionskassenrente von Fr. 1'700.--) beziehe. Auf Beschwerde der Gläubigerin (Gemeinde B.________) verfügte das Gerichtspräsidium Kreuzlingen als untere Aufsichtsbehörde am 22. Juli 2002 die Aufhebung der Pfändungsurkunde und wies das Betreibungsamt an, eine neue Pfändung unter der Annahme der beschränkt pfändbaren IV-Pensionskassenrente von Fr. 1'700.-- durchzuführen. Dagegen erhoben der Schuldner A.________ sowie das Betreibungsamt Beschwerde, welche das Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs mit Beschluss vom 26. August 2002 abwies.
A.________ hat den Beschluss der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschriften vom 5. und 7. September 2002 (Poststempel) rechtzeitig an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt sinngemäss, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Invaliditätsrente nicht zu pfänden.
Die kantonale Aufsichtsbehörde schliesst auf Abweisung der Beschwerde (soweit darauf einzutreten sei). Auf weitere Gegenbemerkungen hat sie verzichtet.
Weitere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden.
2.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat zunächst festgehalten, dass auf die Beschwerde des Betreibungsamtes zufolge fehlender Legitimation nicht einzutreten sei. Soweit sich der Beschwerdeführer darüber beschwert, dass die Vorinstanz auf die Beschwerde des Betreibungsamtes nicht eingetreten ist, kann er mit seinen Vorbringen nicht gehört werden: Es ist nicht ersichtlich, inwieweit er durch den Nichteintretensentscheid in seinen schutzwürdigen (rechtlichen oder tatsächlichen) Interessen berührt sein soll (BGE 120 III 42 E. 3 S. 44).
3.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die rechtlichen Überlegungen der Erstinstanz bestätigt und im Wesentlichen erwogen, dass die IV-Rente im Umfang von Fr. 2'060.-- pro Monat gestützt auf das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung ausbezahlt werde und daher unpfändbar sei. Die weitere IV-Pensionskassenrente im Betrag von Fr. 1'700.-- stelle Ersatzeinkommen aus beruflicher Vorsorge dar und sei daher im den Grundbedarf übersteigenden Betrag pfändbar. Der Beschwerdeführer hält dem im Wesentlichen entgegen, seine IV-Pensionskassenrente von Fr. 1'700.-- sei der Pfändbarkeit entzogen. Damit geht er fehl:
Der Beschwerdeführer versucht vergeblich, aus der SchKG-Revision etwas für sich abzuleiten. Er verkennt, dass das seit dem 1. Januar 1997 in Kraft getretene revidierte SchKG in Bezug auf die Pfändbarkeit von Leistungen der zweiten Säule keine materielle Änderung gebracht hat (BBl 1991 III 80; Bianchi, Previdenza professionale e diritto esecutivo, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, S. 217). Gemäss Art. 93 Abs. 1 SchKG können Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall abgelten, namentlich Renten, die nicht nach Art. 92 SchKG unpfändbar sind, so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. In der Sache stellt der Beschwerdeführer nicht in Frage, dass es sich bei der fraglichen IV-Pensionskassenrente um Ersatzeinkommen handelt. Aus den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG) und dem Urteil des Bundesgerichts vom 25. Juni 1986 (in Sachen Beschwerdeführer gegen Schweizerische Eidgenossenschaft betreffend Begehren um Ausrichtung einer Invalidenrente aufgrund der Statuten der Eidgenössischen Versicherungskasse) geht sodann hervor, dass die betreffende Rente nicht gestützt auf das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) ausgerichtet wird (vgl. Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG), sondern Ansprüche aus einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge darstellen, die monatlich seit dem 1. Juli 1986 auszubezahlen und somit fällig sind (vgl. Art. 92 Abs. 1 Ziff. 10 SchKG). Im Weiteren hat die Vorinstanz zu Recht festgehalten, dass die Unpfändbarkeit von Leistungen der Eidgenössischen Versicherungskasse bereits seit langem aufgehoben ist (AS 1950 I 57 S. 71; BBl 1948 I 1231 ff.), woran - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG; SR 831.40) nichts geändert hat. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Aufsichtsbehörde, die IV-Pensionskassenrente des Beschwerdeführers von Fr. 1'700.-- sei im Rahmen von Art. 93 Abs. 1 SchKG (beschränkt) pfändbar, nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann.
Demnach erkennt die Kammer:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin (Politische Gemeinde B.________), dem Betreibungsamt Gottlieben und dem Obergericht des Kantons Thurgau als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. November 2002
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: