BGer I 587/2000
 
BGer I 587/2000 vom 19.02.2002
[AZA 7]
I 587/00 Gi
II. Kammer
Bundesrichter Meyer, Bundesrichter Lustenberger und
Ferrari; Gerichtsschreiber Grünvogel
Urteil vom 19. Februar 2002
in Sachen
B.________, 1947, Beschwerdeführer vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte, Schützenweg 10, 3014 Bern,
gegen
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
A.- Der 1947 geborene B.________ war bei der Firma L.________ AG, als Kranführer angestellt, als er sich am 1. Juli 1985 bei der Invalidenversicherung wegen eines weichteilrheumatischen Syndroms, eines Lumbovertebralsyndroms wie auch einer Beinlängenverkürzung rechts zum Leistungsbezug anmeldete. Es wurden verschiedene medizinische Abklärungen vorgenommen, welche kein klares klinisches Korrelat an den Tag brachten. Gleichzeitig schulte die Invalidenversicherung B.________ wegen der Beschwerden zum Hilfsmechaniker um, worauf er in dieser Funktion am 6. Oktober 1988 in einem Teilzeitpensum von 50 % eine Stelle bei der Firma M.________ AG, antrat. Anschliessend sprach ihm die Eidgenössische IV-Stelle mit Verfügung vom 11. Januar 1991 rückwirkend ab 1. Mai 1990 eine halbe Invalidenrente zu. Gestützt auf Berichte des Rheumatologen Dr. W.________, vom 17. April vom 10. Oktober 1991, des Hausarztes Dr.
H.________, vom 18. September, 4. November und 2. Dezember 1991, wie auch des IV-Berufsberaters vom 29. Juni 1992, worin ein Abfall der Leistungsfähigkeit des Versicherten auf 30 % der Norm bei im Wesentlichen unverändertem Befund geltend gemacht wurde, erhöhte die IV-Stelle die Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Januar 1992 auf eine ganze Rente (Verfügung vom 28. August 1992). B.________ kehrte daraufhin in sein Heimatland Italien zurück.
Zwischen April und November 1994 unterzog das Spital P.________ den Versicherten einer umfassenden Untersuchung.
Gestützt auf die darauf basierenden Berichte des Spitals, in welchen klinisch keine erheblichen Veränderungen festgehalten, indessen von einer auf 60 % der Norm verbesserten Leistungsfähigkeit gesprochen wurde, reduzierte die IV-Stelle für Versicherte im Ausland die bisher ausgerichtete ganze Rente mit Wirkung ab 1. Oktober 1995 revisionsweise auf eine halbe (Verfügung vom 7. August 1995). Eine dagegen erhobene Beschwerde hatte insoweit Erfolg, als das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die angefochtene Verfügung aufhob und die Angelegenheit zwecks weiterer Abklärungen an die Verwaltung zurückwies (Entscheid vom 14. Februar 1996).
Die IV-Stelle liess den zwischenzeitig wieder in der Schweiz wohnhaften B.________ vom Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB), Basel, polydisziplinär untersuchen. In der Expertise vom 14. November 1996 erklärte dieses, zwar hätten sich die Befunde gegenüber den ärztlichen Untersuchungen im Jahre 1991 nicht erheblich verändert, es bestehe nach wie vor eine weitgehend rein somatoforme Schmerzstörung; angesichts der aktuellen Untersuchungsergebnisse liesse sich jedoch lediglich (noch) eine Arbeitsunfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Hilfsmechaniker oder einer anderen, leidensangepassten Arbeit von 40 % begründen.
Gestützt darauf erliess die nunmehr zuständige IV-Stelle des Kantons Bern am 2. Juni 1998 erneut eine Revisionsverfügung, in der sie von einer Erwerbseinbusse von 40 % seit 24. Oktober 1996 ausging und die bisher ausgerichtete ganze Rente mit Wirkung ab 1. September 1998 auf eine halbe Härtefallrente reduzierte. In einer weiteren Verfügung vom 12. Juni 1998 sprach die IV-Stelle dem Versicherten ab 1. April 1998 eine halbe Rente zu. Schliesslich setzte die Invalidenversicherung am 19. Juni 1998 den Invaliditätsgrad ab 1. August 1998 auf 40 % fest und bestätigte den Anspruch auf eine halbe Härtefallrente.
B.- Die gegen alle drei Verfügungen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 25. Juli 2000 insoweit gut, als es die Verfügungen vom 2., 12. und 19. Juni 1998 aufhob und die IV-Stelle anwies, B.________ unter Anrechnung der bisher erbrachten Leistungen bis 31. Januar 1997 eine ganze und ab 1. Februar 1997 eine ordentliche halbe Rente auszurichten.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Verfügungen vom 2., 12., und 19. Juni 1998 sowie die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente über den 1. Februar 1997 hinaus beantragen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Ent- scheid die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) und die Revision von Invalidenrenten bei wesentlicher Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (Art. 41 IVG; BGE 112 V 372 Erw. 2b mit Hinweisen; vgl. auch SVR 1996 IV Nr. 70 S. 204 Erw. 3a mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.
2.- Der Beschwerdeführer macht einen seit der Zusprechung der ganzen Invalidenrente (28. August 1992) im Wesentlichen gleichgebliebenen medizinischen Befund geltend, was eine Rentenrevision verbiete. Dabei übersieht er, dass eine Rente auch dann einer Revision zugänglich ist, wenn sich der Befund zwar nicht wesentlich verändert hat, die erwerblichen Auswirkungen aber wegen voraussichtlich bleibender oder längere Zeit dauernder gestiegener oder gesunkener Leistungsfähigkeit nicht mehr die gleichen sind.
Diesfalls handelt es sich nicht um eine unter revisionsrechtlichem Gesichtswinkel unerhebliche abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen unveränderten Gesundheitszustandes (BGE 112 V 372 unten mit Hinweisen; SVR 1996 IV NR. 70 S. 204 Erw. 3a mit Hinweisen). Hat sich das Zumutbarkeitsprofil nachhaltig geändert, zeigt dies rechtliche Wirkungen. Gerade bei einem Beschwerdebild wie jenem des Versicherten, welches sich durch Beschwerden mit geringem klinischen Befund (somatoforme Schmerzstörung) auszeichnet, sind solche Veränderungen des Zumutbarkeitsprofils nicht selten. Dieses hat sich denn auch, nachdem neben den italienischen Ärzten rund zwei Jahre später auch die Experten des ZMB am 14. November 1996 von einer im Vergleich zur Situation im Jahre 1992 erheblich verbesserten Leistungsfähigkeit ausgehen, in der Zeit bis zum Erlass der Revisionsverfügung (2. Juni 1998) in einer Weise gewandelt, dass per 1. Februar 1997 eine voraussichtlich dauerhafte Änderung angenommen werden kann, womit die Invalidenrente einer Revision zugänglich ist.
3.- Das von der Vorinstanz anhand von Tabellenlöhnen festgelegte Invalideneinkommen für das Jahr 1997 in der Höhe von Fr. 25'128.- (12 x Fr. 2094.-) wird vom Beschwerdeführer zu Recht nicht beanstandet.
Was den mutmasslichen Verdienst ohne gesundheitliche Beeinträchtigung anbelangt, so wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an sich zutreffend darauf hingewiesen, dass der Versicherte zuletzt vor Eintritt des Gesundheitsschadens bei der Firma L.________ AG als Kranführer tätig gewesen war und die Stelle bei der Firma M.________ AG als Hilfsmechaniker bereits auf Empfehlung des Berufsberaters der IV-Stelle angetreten hatte. Somit ist zur Bestimmung des Valideneinkommens nach jenem Verdienst zu fragen, den der Versicherte 1997 mutmasslicherweise als Kranführer erwirtschaftet hätte und nicht, wie von Verwaltung und Vorinstanz angenommen, nach jenem als Hilfsmechaniker. Dabei kann aber entgegen dem Beschwerdeführer nicht auf die Angaben der Firma L.________ AG vom 12. Dezember 1991 abgestellt werden, wonach er 1991 voraussichtlich einen Stundenlohn von Fr. 30.12 zuzüglich je 8,3 % Feriengeld und Anteil 13. Gehalt erhalten hätte: In Anbetracht des bis vor der Arbeitsaufgabe im Jahre 1985 als Kranführer tatsächlich erzielten Einkommens von Fr. 17.45 in der Stunde und der durchschnittlichen Nominallohnentwicklung zwischen 1985 und 1992 von 35 % (Die Volkswirtschaft 12/1998, Tabelle B 10.3, Indexstand 1985: 1256, Indexstand 1992: 1699) erscheinen diese Angaben wenig realistisch. Vielmehr ist der zuletzt tatsächlich erzielte Lohn als Ausgangsgrösse heranzuziehen.
Unklar ist dabei, ob der von der Firma L.________ AG in der Arbeitgeberbescheinigung vom 2. August 1985 aufgeführte Stundenlohn von Fr. 17.45 bereits eine Ferien- und Feiertagsentschädigung und einen Anteil 13. Monatslohn einschliesst.
Darüber hinaus ist nicht erstellt, ob die Arbeitgeberin dem Beschwerdeführer überhaupt ein 13. Monatsgehalt ausgezahlt hat, entspricht doch der im angesprochenen Formular unter Ziff. 8, AHV-beitragspflichtiges Einkommen, als 13. Monatslohn ausgewiesene Betrag nicht 8,33 % des übrigen Jahreslohnes, sondern liegt darunter. Wie es sich damit verhält, kann aber offen bleiben. Selbst wenn man, ausgehend von einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,9 Stunden und einem Brutto-Stundenlohn von Fr. 17.45, je 8,3 % des Bruttoverdienstes als Anteil
13. Monatslohn sowie als Ferien- und Feiertagsentschädigung berücksichtigen will, ergibt dies einen, dem Nominallohnindex (Die Volkswirtschaft 12/1998, Tabelle B 10.3: Indexstand 1997: 1818) angepassten Lohn ohne Gesundheitsschaden im Jahre 1997 von rund Fr. 59'599. 85 (41, 9 x 17.45 x 52 [damit ist die Ferien- und Feiertagsentschädigung mitberücksichtigt]= 38'020. 05 x 1818 / 1256 = 55'032. 20 x 0.083 = 4567. 65 + 55'032. 20 = 59'599. 85), was bei einem Valideneinkommen von jährlich Fr. 25'128.- zu einem Invaliditätsgrad von 57,8 % führt. Damit erweist sich die von der Vorinstanz bestätigte Zusprechung einer halben Invalidenrente so oder anders als im Ergebnis zutreffend.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Schweizerischer Baumeisterverband
und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 19. Februar 2002
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Vorsitzende der II. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: