BGer C 41/2000
 
BGer C 41/2000 vom 06.08.2001
[AZA 7]
C 41/00 Gi
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiber
Scartazzini
Urteil vom 6. August 2001
in Sachen
V.________, 1939, Beschwerdeführer,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern, Hallwilerweg 5, 6000 Luzern 7, Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
A.- Der 1939 geborene V.________ war vom 1. März 1997 an bei der Firma E.________ Umwelttechnologie GmbH als technischer Leiter tätig. Die Firma wurde in der Folge in P.________ GmbH (nachfolgend GmbH) umbenannt. Mit Entscheid vom 29. Januar 1999 wurde über sie der Konkurs eröffnet.
Am 25. März 1999 stellte V.________ Antrag auf Ausrichtung von Insolvenzentschädigung. Mit Verfügung vom 12. April 1999 lehnte die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern das Gesuch ab.
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde, womit V.________ u.a. geltend machte, die oberste betriebliche Entscheidungsgewalt sei für die GmbH als einzige Tochtergesellschaft der H.________ AG (nachfolgend Holding) bereits ab deren Konkurseröffnung am 13. August 1998 auf die Konkursverwaltung derselben übergegangen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 29. November 1999 ab.
C.- V.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und es sei seinem Antrag auf Insolvenzentschädigung stattzugeben.
Mit Ausnahme von Bemerkungen zur Frage, ob die Insolvenz der GmbH in fehlerhaften Tatbeständen der Gesellschaft vor Eröffnung des Konkursverfahrens der Holding gelegen habe, verzichtet die Arbeitslosenkasse auf eine Vernehmlassung und beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG) und den Personenkreis, der vom Entschädigungsanspruch ausgeschlossen ist (Art. 51 Abs. 2 AVIG), zutreffend dargelegt.
Ebenso hat sie die zu Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG ergangene, im Rahmen von Art. 51 Abs. 2 AVIG gleichermassen anwendbare (ARV 1996/1997 Nr. 41 S. 224) Rechtsprechung betreffend Personen, die als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums vom Kurzarbeitsentschädigungsanspruch ausgeschlossen sind (BGE 122 V 273 Erw. 3; siehe auch BGE 123 V 237 Erw. 7a), richtig wiedergegeben und zu Recht festgehalten, dass die massgebliche Entscheidungsbefugnis beim geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH (Art. 811 Abs. 1 OR) - wie beim mitarbeitenden Verwaltungsrat einer AG nach Art. 716-716b OR - ex lege gegeben und der Ausschluss der in Art. 51 Abs. 2 AVIG genannten Personen absolut zu verstehen ist (ARV 2000 Nr. 15 S. 74 Erw. 2; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: SBVR, S. 146 Nr. 380). Zutreffend hat sie auch dargelegt, dass bei Angestellten in leitenden Funktionen nicht generell von einem Ausschluss vom Anspruch auf Insolvenzentschädigung ausgegangen werden darf. Vielmehr muss hier geprüft werden, welche Entscheidungsbefugnisse ihnen auf Grund der innerbetrieblichen Struktur zukommt (BGE 122 V 272 Erw. 3; ARV 1996/1997 Nr. 41 S. 226 Erw. 1b). Zu ergänzen ist, dass Arbeitnehmer, die über eine massgebliche Entscheidungsbefugnis verfügen, u.a. dann keine Insolvenzentschädigung beanspruchen können, wenn die fehlerhaften Tatbestände, welche die Insolvenz der Gesellschaft herbeiführten, während der Zeit gesetzt wurden, als sie ihre arbeitgeberähnliche Stellung noch tatsächlich innehatten (BGE 126 V 136 Erw. 5; SVR 1998 AlV Nr. 2 S. 5 Erw. 2).
2.- a) Davon ausgehend, dass der Beschwerdeführer den Lohn bis Ende August 1998 erhalten hatte, stehen nach vorinstanzlichem Entscheid für die Ausrichtung der Insolvenzentschädigung im vorliegenden Fall die Lohnforderungen für die Zeit ab 1. September 1998 in Frage. Demgegenüber macht V.________ in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut geltend, für den Monat August 1998 sei seine Lohnforderung von Fr. 4700.- zwar ausbezahlt worden, jedoch vermindert um eine in gleicher Höhe erfolgten Lohnrückstellung.
Bereits im kantonalen Verfahren hatte der Beschwerdeführer diesbezüglich widersprüchliche Aussagen gemacht, worauf die Vorinstanz sich im angefochtenen Entscheid schliesslich auf die Erklärung gestützt hat, die unter Wahrheitspflicht anlässlich der konkursamtlichen Einvernahme gemacht wurde. Da der Beschwerdeführer zu dieser Frage nichts Neues vorbringt, besteht kein Anlass dazu, den massgeblichen Zeitraum der Ausrichtung einer Insolvenzentschädigung neu zu prüfen.
b) Es ist unbestritten, dass mit der Einstellung des Konkursverfahrens der Holding auch die Verwaltung der Masse durch die Konkursverwaltung entfiel und die GmbH ab 10. November 1998 ohne Gesellschafter und Organe war. Daraus hat die Vorinstanz geschlossen, für diesen Zeitraum sei der Beschwerdeführer erst recht als zum obersten betrieblichen Entscheidungsgremium gehörend zu betrachten gewesen, weil es seit dem 10. November 1998 gar niemand mehr gegeben habe, der ihm Weisungen erteilen und ihn kontrollieren konnte.
Der Beschwerdeführer beanstandet diese Schlussfolgerung und macht geltend, die massgeblichen Verhältnisse seien allgemein dadurch gekennzeichnet, dass die Verwaltung der Masse an den nicht mehr amtierenden Verwaltungsrat der Holding zurückfalle, deren Mitglieder ihrerseits als Liquidatoren die Verwertung der Masse zu betreiben haben. Durch die Firmenpolitik der Mehrheit der Liquidatoren, die darauf ausgerichtet war, die Masse der GmbH im Rahmen eines Konkursverfahrens zu verwerten und die GmbH zu liquidieren, sei ihm als Minderheit eine arbeitgeberähnliche Stellung mit massgeblichem Einfluss auf die Firmenpolitik in dieser Situation verwehrt gewesen.
Da es dem Beschwerdeführer nicht gelingt, die dargelegten Verhältnisse rechtlich zu belegen, kann dieser Betrachtungsweise nicht gefolgt werden. Zudem ist zu beachten, dass diese Argumentation am Ergebnis auch insofern nichts zu ändern vermochte, als er in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedenfalls nicht die vorinstanzlichen Feststellungen beanstandet, wonach er seit Mitte 1997 die Geschäftsführung der GmbH innegehabt habe, darin unbehelligt gewesen sei und in dieser Eigenschaft massgeblichen Einfluss auf alle Unternehmerentscheidungen habe nehmen können. Demzufolge ist auch unter diesem Gesichtspunkt der Insolvenzentschädigungsanspruch des Beschwerdeführers für den Zeitraum ab 1. September 1998 abzuweisen.
c) Die Vorinstanz stützte ihre Erwägungen ferner auf die Tatsache, dass die fehlerhaften Tatbestände, welche die Insolvenz der GmbH herbeiführten, bereits vor dem 13. August 1998 (Konkurseröffnung über die Holding) und damit zur Zeit des Doppelmandats des Beschwerdeführers (Geschäftsführer der GmbH und Verwaltungsrat der Holding) gesetzt wurden.
Die eingeleiteten Sanierungsbemühungen für die GmbH hätten nicht erfolgreich abgeschlossen werden können und der Konkurs über die Holding sei mangels Aktiven eingestellt worden, obwohl die GmbH zu den "Aktiven" dieser AG gehörte.
Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, fehlerhafte Tatbestände in der GmbH seien erst mit der Konkurseröffnung der Holding entstanden und erst unter diesen Eigentumsverhältnissen hätten Sanierungsbemühungen für die GmbH eingeleitet werden müssen. Wie die Arbeitslosenkasse in ihrer Vernehmlassung vom 22. Februar 2000 jedoch zutreffend ausführt, hatte der Beschwerdeführer bereits in einer Erklärung vom 12. August 1998 angegeben, die GmbH leide im Moment ebenfalls über massive Liquiditätsprobleme und müsse schnellstens mit neuen Mitteln versehen werden. Zudem hatte er darauf hingewiesen, dass bei einem Verkauf nicht nur auf die Höhe des Preises, sondern auch auf die Verpflichtung zur weiteren Einbringung von liquiden Mitteln zu achten war, ansonsten die GmbH umgehend zahlungsunfähig geworden wäre. Zu Recht folgert die Arbeitslosenkasse daraus, damit widerlege der Beschwerdeführer seine Behauptung selbst, die Insolvenz habe nicht in fehlerhaften Tatbeständen der GmbH vor Eröffnung des Konkursverfahrens der Holding gelegen.
3.- Aus dem Gesagten folgt, dass der Beschwerdeführer seit Mitte 1997 als Geschäftsführer der GmbH und bis zum 13. August 1998 noch zusätzlich als Verwaltungsrat der Holding als einzige Gesellschafterin eine umfassende arbeitgeberähnliche Stellung eingenommen hat. Ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung war unter diesen Umständen klarerweise auszuschliessen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Kantonalen Arbeitsamt Luzern und
dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 6. August 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: