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Original
 
[AZA 7]
U 116/98 Ge
I. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Borella, Meyer
und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiberin Berger
Urteil vom 2. März 2001
in Sachen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern,
Beschwerdeführerin,
gegen
J.________, 1956, Beschwerdegegner, vertreten durch
Rechtsanwalt Marco Unternährer, Sempacherstrasse 6, Luzern,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
A.- Der 1956 geborene J.________ war als Monteur in
der Firma K.________ AG erwerbstätig und bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch
gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten
versichert. Beim Demontieren eines grossen Eisenrahmens
erhielt er am 17. April 1989 einen Schlag auf den Rücken,
als sich der Rahmen löste und er ihn halten wollte. Am
19. April 1991 versuchte er, einen herunterfallenden,
200 kg schweren Torrahmen allein aufzuhalten. Als er am
20. April 1991 eine Nähmaschine oder einen Hochdruckreiniger
mit einem Gewicht von ungefähr 15 kg vom Rücksitz eines
Autos ausladen wollte, verspürte er eine plötzliche Lumboischialgie
links. Anlässlich dieser Ereignisse zog er sich
Rückenbeschwerden zu, in deren Folge er vom 17. April bis
8. Mai 1989 sowie vom 22. April bis 3. Juni 1991 zu 100 %
und anschliessend zu 50 % arbeitsunfähig war. Nach einer
Verschlechterung des Gesundheitszustandes hielt er sich vom
10. Juli bis 9. August 1991 in der Rehabilitationsklinik
der SUVA auf und war anschliessend weiterhin zu 100 %
arbeitsunfähig. Am 18. Oktober 1991 unterzog er sich einer
perkutanen Nukleotomie. Vom 27. April bis 8. Juni 1992
weilte er zu einer Badekur im ehemaligen Jugoslawien. Vom
24. November bis 1. Dezember 1992 wurde er erneut in
der SUVA-Rehabilitationsklinik behandelt. Eine zweite in
Aussicht genommene Operation wurde schliesslich nicht
durchgeführt. Die Ärztin der Beruflichen Abklärungsstelle
der Invalidenversicherung (BEFAS) erwähnte am 28. Juni 1993
erstmals eine psychosomatische Störung; dieser Beurteilung
schlossen sich der SUVA-Kreisarzt Dr. med. S.________ am
6. September 1993 und der Hausarzt Dr. med. H.________ am
12. November 1993 an. Vom 14. September 1993 an nahm der
Kreisarzt eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit an. Am 15. März
1994 erlitt J.________ eine Fersenbein-Fraktur. Zur
Behandlung dieser Verletzung und zur Abklärung der
Rückenbeschwerden weilte er vom 21. September bis 19. Oktober
1994 in der Klinik Y.________. Eine Erwerbstätigkeit
nahm er nicht mehr auf.
Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form
von Heilbehandlung und Taggeld bis 31. Januar 1995. Mit
Verfügung vom 14. Februar 1995 sprach sie dem Versicherten
ab 1. Februar 1995 eine Invalidenrente entsprechend einer
Erwerbsunfähigkeit von 40 % und eine Integritätsentschädigung
von Fr. 8'160.-, entsprechend einer
Integritätseinbusse von 10 % für die Folgen des Unfalles
vom 17. April 1989 (Schmerzen im lumbosakralen Übergang
ohne neurologische Ausfälle), und von Fr. 14'580.-,
basierend auf einer Integritätseinbusse von 15 % für die
Folgen des Unfalles vom 15. März 1994 (eingeschränkte
Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk, aufgehobene
In-/Eversion, beginnende Subtalararthrose), zu. Auf
Einsprache des Versicherten hin lehnte die SUVA weiter
gehende Leistungen ab (Entscheid vom 16. Juni 1995).
B.- Beschwerdeweise liess J.________ beantragen, es
sei ihm eine volle Invalidenrente sowie eine angemessene
Integritätsentschädigung zuzusprechen und die unentgeltliche
Rechtspflege für das Einsprache- und Beschwerdeverfahren
zu gewähren. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
holte ein Gutachten der Rheumaklinik und des Instituts für
Physikalische Medizin (vom 21. Mai 1997; nachfolgend:
Rheumaklinik) sowie der Psychiatrischen Poliklinik des
Spitals Z.________ (vom 20. August 1997; nachfolgend:
Poliklinik) ein. Am 24. Oktober 1997 reichte die Rheumaklinik
einen Ergänzungsbericht nach. Während aus rheumatologischer
Sicht ein chronifiziertes lumbovertebrales
Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung beidseits,
links mehr als rechts, und ein Status nach Calcaneus-Trümmerfraktur
links diagnostiziert wurde, stellte die
Poliklinik eine mittelgradige, anhaltende depressive Störung
mit somatischem Syndrom (ICD-10, F 33.11) fest. Der
psychiatrische Gutachter ging davon aus, dass der gesundheitliche
Zustand und die Arbeitsfähigkeit von J.________
durch eine kombinierte stützende, kognitiv orientierte
Psychotherapie mit Psychopharmakatherapie verbessert werden
könnten. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hob das
kantonale Gericht den Einspracheentscheid, soweit die
Invalidenrente betreffend, auf und wies die Sache an die
SUVA zurück, damit sie die im psychiatrischen Gerichtsgutachten
als indiziert erachtete psychotherapeutische Behandlung
(und allenfalls Taggelder) so lange gewähre, bis
von einer Fortsetzung keine namhafte Besserung des psychischen
Gesundheitszustandes mehr erwartet werden könne und -
wie somatisch - auch diesbezüglich der medizinische Endzustand
erreicht sei; erst hernach sei der Rentenanspruch
spruchreif, über den die SUVA alsdann zu verfügen habe.
Hinsichtlich der unentgeltlichen Verbeiständung für das
Einspracheverfahren wurde die Beschwerde gutgeheissen,
während sie bezüglich der Integritätsentschädigung abgewiesen
wurde (Entscheid vom 5. März 1998).
C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Rechtsbegehren, der Rückweisungsentscheid des kantonalen
Gerichts vom 5. März 1998 sei aufzuheben und es sei der
Einspracheentscheid vom 16. Juni 1995 zu bestätigen, mit
welchem eine Invalidenrente, gestützt auf eine Erwerbsunfähigkeit
von 40 %, zugesprochen worden war.
J.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliessen und um unentgeltliche Verbeiständung
nachsuchen. Das Bundesamt für Sozialversicherung
lässt sich nicht vernehmen.
D.- Am 17. November 2000 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt,
ohne ein Urteil zu fällen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Auf Beschwerde des Versicherten gegen den Rentenentscheid
der SUVA hin hat die Vorinstanz den Anfechtungsgegenstand
zulässigerweise auf den Anspruch auf Heilbehandlung
ausgedehnt (BGE 122 V 36 Erw. 2a mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin ficht den vorinstanzlichen Entscheid
hinsichtlich Heilbehandlung und Invalidenrente an.
Sie verneint ihre Leistungspflicht für die psychotherapeutische
Behandlung des Beschwerdegegners, da es am erforderlichen
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden,
der damit behandelt werden soll, fehle.
Im vorliegenden Verfahren ist damit streitig und zu prüfen,
ob der Unfallversicherer die psychotherapeutische Behandlung
zu übernehmen hat und ob erst in einem späteren Zeitpunkt
über den Rentenanspruch verfügt werden darf. Umstritten
ist insbesondere, unter welchen Bedingungen der adäquate
Kausalzusammenhang als Voraussetzung des Anspruchs auf
Behandlung psychosomatischer Unfallfolgen durch die obligatorische
Unfallversicherung als erfüllt betrachtet werden
kann.
2.- Das kantonale Gericht hat die massgebenden Gesetzesbestimmungen
über den Anspruch auf eine Invalidenrente
(Art. 18 Abs. 1 UVG) und die Invaliditätsbemessung mittels
Einkommensvergleich (Art. 18 Abs. 2 UVG), über das
Ende des Anspruchs auf Heilbehandlung und Taggeld und den
Beginn des Anspruchs auf Invalidenrente (Art. 19 Abs. 1
UVG) sowie die vom Eidgenössischen Versicherungsgericht
entwickelten Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des
Unfallversicherers zunächst vorausgesetzten natürlichen
Kausalzusammenhang (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289
Erw. 1b, je mit Hinweisen) zwischen dem Unfallereignis und
dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod)
zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.
3.- a) Der Versicherte hat Anspruch auf die zweckmässige
Behandlung der Unfallfolgen, insbesondere auf die ambulante
ärztliche Behandlung und die ärztlich verordneten
Arzneimittel (Art. 10 Abs. 1 lit. a und b UVG). Der Anspruch
besteht so lange als von der Fortsetzung der Behandlung
eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes erwartet
werden kann. Alsdann entsteht, soweit die entsprechenden
weiteren Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 18
UVG), ein Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 19 Abs. 1
UVG). Nach der Rentenfestsetzung hat die Versicherung Heilbehandlung
noch im Rahmen von Art. 21 UVG zu gewähren.
Die Pflegeleistungen sind grundsätzlich in natura, auf
Kosten des Unfallversicherers, zur Verfügung zu stellen
(Naturalleistungsprinzip; Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht,
S. 274). Indem Art. 48 Abs. 1 UVG den
Versicherer ermächtigt, im Einzelfall die diagnostischen
und therapeutischen Massnahmen festzulegen, überbindet das
Gesetz diesem die Verantwortung für die Heilbehandlung
(RKUV 1995 Nr. U 227 S. 190 Erw. 2a mit Literaturhinweisen).
b) Wie in der Expertise der Poliklinik vom 20. August
1997 überzeugend dargelegt wird, erlitt der Beschwerdegegner
durch den Unfall vom 19. April 1991 und dessen unmittelbare
und mittelbare Folgen eine psychische Störung, die
sich auch in einem somatischen Syndrom ausdrückt, das die
im Rahmen der organisch bedingten Behinderung mögliche Genesung
verzögert, allenfalls gar verhindert. Es steht auf
Grund der medizinischen Akten fest und ist zu Recht unbestritten,
dass die gesundheitliche Störung psychotherapeutisch
behandlungsbedürftig ist und von dieser Behandlung
eine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes und der
Arbeitsfähigkeit erwartet werden kann.
4.- Die Vorinstanz hat auf Grund des von ihr eingeholten
Gutachtens der Poliklinik vom 20. August 1997 zutreffend
festgestellt, dass der natürliche Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall vom 19. April 1991 und der psychiatrisch
behandelbaren mittelgradigen, anhaltenden, depressiven
Störung mit somatischem Syndrom (ICD-10, F 33.11) gegeben
ist. Zweifelhaft erschien ihr der natürliche Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall vom 17. April 1989 und der
psychischen Fehlentwicklung, da sich ein Hinweis auf die
subdepressive Stimmungslage erstmals im Bericht des IV-Berufsberaters
vom 22. Januar 1993 finde. Diese Frage konnte
sie zu Recht offen lassen, wie sich im Folgenden zeigen
wird.
5.- a) Die Leistungspflicht des Unfallversicherers
setzt im Weiteren voraus, dass zwischen dem Unfallereignis
und dem eingetretenen Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang
besteht. Nach der Rechtsprechung hat ein Ereignis dann
als adäquate Ursache eines Erfolges zu gelten, wenn es nach
dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen
Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen Erfolg von der
Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses
Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt
erscheint (BGE 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen).
b) aa) Der Begriff der adäquaten Kausalität ist in
allen Rechtsgebieten identisch (BGE 123 V 103 Erw. 3d; vgl.
auch BGE 119 Ib 342 Erw. 3c und 345 Erw. 5b). Hingegen unterscheiden
sich die gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen.
Dies führt mit Rücksicht auf die Besonderheiten des jeweiligen
Rechtsgebietes, z.B. des Zivil- und des Strafrechts,
notwendigerweise dazu, dass der Grundsatz der adäquaten
Kausalität unterschiedlich angewendet wird, und hat namentlich
auch zur Folge, dass im Recht der sozialen Unfallversicherung
der Adäquanz als Wertungselement im Hinblick auf
eine versicherungsmässig vernünftige und gerechte Abgrenzung
haftungsbegründender und haftungsausschliessender Unfälle
(BGE 122 V 417 Erw. 2c mit Hinweisen) andere Beurteilungskriterien
und Massstäbe zu Grunde gelegt werden als
im Haftpflichtrecht (BGE 123 III 111 Erw. 3, 123 V 104 Erw.
3d, EVGE 1960 S. 264 Erw. 2). Zu beachten gilt es in diesem
Zusammenhang, dass die zivilrechtliche Praxis selbst bei
weitgehender Preisgabe der steuernden oder begrenzenden
Funktion des Adäquanzbegriffs im Gegensatz zum
Sozialversicherungsrecht nach Art. 43 f. OR die Möglichkeit
zu einem differenzierten Schadensausgleich hat, wenn die
Haftungsvoraussetzungen im Grundsatz bejaht werden.
Demgegenüber ist mit dem Inkrafttreten des UVG am 1. Januar
1984 das bisherige Kürzungskorrektiv des Art. 91 KUVG durch
den neuen Art. 36 UVG stark eingeschränkt worden
(Meyer-Blaser, Kausalitätsfragen auf dem Gebiet des
Sozialversicherungsrechts, in: SZS 1994 S. 97).
bb) Innerhalb des Sozialversicherungsrechts spielt die
Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus dem natürlichen
Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers
im Bereich klar ausgewiesener organischer Unfallfolgen
praktisch keine Rolle (BGE 123 V 102 Erw. 3b, 118 V
291 f. Erw. 3a, 117 V 365 Erw. 5d/bb mit Hinweisen). Bei
der Beurteilung der Adäquanz von organisch nicht (hinreichend)
nachweisbaren Unfallfolgeschäden ist wie folgt zu
differenzieren: Es ist zunächst abzuklären, ob die versicherte
Person beim Unfall ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule,
eine dem Schleudertrauma äquivalente Verletzung
(SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 Erw. 2) oder ein Schädel-Hirntrauma
erlitten hat. Ist dies nicht der Fall, gelangt die
Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa zur Anwendung.
Ergeben die Abklärungen indessen, dass die versicherte
Person eine der soeben erwähnten Verletzungen erlitten
hat, muss beurteilt werden, ob die zum typischen Beschwerdebild
einer solchen Verletzung gehörenden Beeinträchtigungen
(vgl. dazu: BGE 119 V 337 Erw. 1, 117 V 360 Erw. 4b)
zwar teilweise vorliegen, im Vergleich zur psychischen
Problematik aber ganz in den Hintergrund treten. Trifft
dies zu, sind für die Adäquanzbeurteilung ebenfalls die in
BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa für Unfälle mit psychischen Folgeschäden
aufgestellten Grundsätze massgebend; andernfalls
erfolgt die Beurteilung der Adäquanz gemäss den in BGE 117
V 366 Erw. 6a und 382 Erw. 4b festgelegten Kriterien (BGE
123 V 99 Erw. 2a). Bei psychischen Fehlentwicklungen im
Anschluss an Berufskrankheiten hat die Adäquanzprüfung nach
haftpflichtrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen (BGE 125 V
456).
cc) Nach BGE 115 V 138 ff. Erw. 6 (bestätigt u.a. in
BGE 124 V 44 Erw. 5c/bb und 213 f. Erw. 4b) ist für die Beurteilung
des adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen einem
Unfall und der anschliessend einsetzenden psychischen Fehlentwicklung
mit Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
an das Unfallereignis anzuknüpfen. Bei banalen und
leichten Unfällen kann der adäquate Kausalzusammenhang
zwischen Unfall und nachfolgenden Gesundheitsstörungen in
der Regel ohne weiteres verneint werden, weil auf Grund der
allgemeinen Lebenserfahrung, aber auch unter Einbezug unfallmedizinischer
Erkenntnisse davon ausgegangen werden
darf, dass ein solcher Unfall nicht geeignet ist, einen erheblichen
Gesundheitsschaden zu verursachen. Bei schweren
Unfällen dagegen ist der adäquate Kausalzusammenhang zwischen
Unfall und Folgen in der Regel zu bejahen. Denn nach
dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen
Lebenserfahrung sind solche Unfälle geeignet, entsprechende
Gesundheitsschäden zu bewirken. Bei Unfällen aus dem mittleren
Bereich lässt sich die Frage, ob zwischen Unfall und
Folgen ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, nicht auf
Grund des Unfalls allein schlüssig beantworten. Weitere,
objektiv erfassbare Umstände, welche unmittelbar mit dem
Unfall in Zusammenhang stehen oder als direkte oder indirekte
Folgen davon erscheinen, sind in eine Gesamtwürdigung
einzubeziehen. Als wichtigste Kriterien sind zu nennen:
- besonders dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit
des Unfalls;
- die Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen,
insbesondere ihre erfahrungsgemässe Eignung, psychische
Fehlentwicklungen auszulösen;
- ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung;
- körperliche Dauerbeschwerden;
- ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich
verschlimmert;
- schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen;
- Grad und Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit.
Der Einbezug sämtlicher objektiver Kriterien in die
Gesamtwürdigung ist nicht in jedem Fall erforderlich. Je
nach den konkreten Umständen kann für die Beurteilung des
adäquaten Kausalzusammenhangs ein einziges Kriterium genügen.
Dies trifft einerseits zu, wenn es sich um einen Unfall
handelt, welcher zu den schwereren Fällen im mittleren
Bereich zu zählen oder sogar als Grenzfall zu einem schweren
Unfall zu qualifizieren ist. Anderseits kann im gesamten
mittleren Bereich ein einziges Kriterium genügen, wenn
es in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist. Kommt keinem
Einzelkriterium besonderes bzw. ausschlaggebendes Gewicht
zu, so müssen mehrere unfallbezogene Kriterien herangezogen
werden. Dies gilt umso mehr, je leichter der Unfall
ist. Handelt es sich beispielsweise um einen Unfall im
mittleren Bereich, der aber dem Grenzbereich zu den leichten
Unfällen zuzuordnen ist, müssen die weiteren zu berücksichtigenden
Kriterien in gehäufter oder auffallender Weise
erfüllt sein, damit die Adäquanz bejaht wird (BGE 115 V 139
Erw. 6a bis c).
c) Während sich die SUVA auf den Standpunkt stellt,
die Adäquanz als Voraussetzung des Heilbehandlungsanspruchs
beurteile sich nach den gleichen Kriterien wie im Zusammenhang
mit dem Invalidenrentenanspruch, rechtfertigt es sich
nach Auffassung der Vorinstanz, den adäquaten Kausalzusammenhang
zwischen Unfall und psychischer Fehlentwicklung im
Hinblick auf die Leistungspflicht für vorübergehende, zeitlich
beschränkte Leistungen nach einem milderen Massstab zu
beurteilen als für Dauerleistungen, auf welche sich die
Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
zur Adäquanz psychogener Unfallfolgen gemäss BGE 115 V 133
in erster Linie beziehe. Ob bestimmte Leiden dem Unfall zuzuordnen
und entsprechende Leistungen dem Unfallversicherer
zu überbinden seien, brauche für die beiden Leistungsarten
keineswegs gleich beantwortet zu werden. Die Möglichkeit
einer Differenzierung zwischen den Leistungsarten im Hinblick
auf die Beurteilung der Adäquanz leitet die Vorinstanz
unter Hinweis auf BGE 123 V 105 Erw. 3 aus der Funktion
des Adäquanzbegriffs als Haftungsbegrenzung ab.
Zu erwähnen bleibt Art. 36 UVG, welcher für den Fall,
dass die Gesundheitsschädigung nur teilweise Folge eines
Unfalles ist, ebenfalls eine Unterscheidung nach
Leistungsart trifft: Die Pflegeleistungen und
Kostenvergütungen sowie die Taggelder und
Hilflosenentschädigungen werden nicht (Abs. 1), die
Invalidenrenten, Integritätsentschädigungen und die
Hinterlassenenrenten werden angemessen gekürzt (Abs. 2
Satz 1). Für das Anlegen eines milderen Massstabes
könnte auch angeführt werden, dass die Durchführung aller
Erfolg versprechenden Heilbehandlungen und die damit allenfalls
bewirkte Verhinderung einer Invalidität am ehesten
gewährleistet ist, wenn die Tragung der Verantwortung des
Unfallversicherers für die Heilbehandlung (Erw. 3a hievor)
nicht durch strenge Adäquanzgesichtspunkte eingeschränkt
wird.
d) Lehre und Rechtsprechung lassen den sozialen Unfallversicherer
für Schäden nur dann einstehen, wenn diese
sowohl in einem natürlichen wie auch in einem adäquaten
Kausalzusammenhang mit dem schädigenden Ereignis stehen.
Die zur Adäquanz entwickelte Praxis (Erw. 5b/bb hievor)
differenziert einerseits nach der Art des eingetretenen
Schadens (so unter anderem danach, ob eine psychische
Fehlentwicklung mit oder ohne zum typischen Beschwerdebild
eines Schleudertraumas der Halswirbelsäule, einer dem
Schleudertrauma äquivalenten Verletzung oder eines Schädel-Hirntraumas
gehörende Beeinträchtigungen vorliegt) und
anderseits nach der Art des schädigenden Ereignisses (Unfall
oder Berufskrankheit). Der im Einzelfall in Betracht
zu ziehenden Leistung kommt im Rahmen der Prüfung der Adäquanz
keine Massgeblichkeit zu. Denn die Frage nach der
Leistungsart stellt sich erst, wenn ein leistungsbegründender
adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall oder
der Berufskrankheit einerseits und der Gesundheitsschädigung
anderseits zu bejahen ist. Entsprechend verhält es
sich im Übrigen auch mit der in Art. 36 UVG getroffenen
Regelung. Diese setzt die Prüfung - und in der Folge die
Bejahung - der Kausalität bereits voraus (BGE 123 V 103
Erw. 3c).
e) Nach dem Gesagten kann somit bei der Beurteilung
des adäquaten Kausalzusammenhangs - entgegen der Ansicht
der Vorinstanz - kein "milderer Massstab" zur Anwendung
kommen, wenn die Frage im Raum steht, ob vorübergehende
Leistungen zu gewähren seien. Unabhängig davon ist einzuräumen,
dass die differenzierende Praxis zur Adäquanz auf
Fälle ausgerichtet ist, in denen die Prüfung des adäquaten
Kausalzusammenhangs einige Zeit nach dem Unfallereignis
stattfindet. Dies zeigt sich darin, dass verschiedene Adäquanzkriterien
einen Zeitfaktor beinhalten (ungewöhnlich
lange Dauer der ärztlichen Behandlung, Dauerbeschwerden,
Dauer der Arbeitsunfähigkeit etc.; vgl. Erw. 5b/cc hievor).
Ob sich deshalb eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung
rechtfertigt, welche es erlaubt, dem Zeitpunkt Rechnung zu
tragen, in welchem die Adäquanzprüfung stattfindet, muss
allerdings hier nicht beantwortet werden, wie sich aus dem
Folgenden ergibt. In der Regel stellt sich die Frage nach
dem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis
und psychischen Fehlentwicklungen erst nach einer
längeren ärztlichen Behandlung und/oder nach einer länger
dauernden, vollen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit.
Während es sich bei solchen Gesundheitsbeschwerden um evolutive
Geschehnisse handelt, welche meist nicht bereits
kurz nach dem Unfall auftreten, stehen unmittelbar nach dem
schädigenden Ereignis regelmässig somatische Beschwerden im
Vordergrund. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall.
Die psychische Störung, welche zufolge der medizinischen
Akten auf das Ereignis vom 19. April 1991 zurückzuführen
ist, wurde erstmals am 28. Juni 1993 von der Ärztin der
BEFAS wahrgenommen. Für die Prüfung des Anspruchs auf Übernahme
der Kosten für die Behandlung der psychischen Fehlentwicklung
ist der Sachverhalt massgebend, wie er sich bis
zum Zeitpunkt des Einspracheentscheides (16. Juni 1995)
darstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen). Das Vorliegen
der Adäquanzkriterien lässt sich somit anhand einer
über vierjährigen Entwicklung beurteilen. Einer Anwendung
der bisherigen Rechtsprechung zur Abklärung des adäquaten
Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 19. April 1991
und der psychischen Fehlentwicklung steht deshalb nichts
entgegen.
6.- Auf Grund des augenfälligen Geschehensablaufs und
der dabei erlittenen Gesundheitsschädigung ist der Unfall
vom 19. April 1991, bei dem der Versicherte versuchte,
einen umfallenden, 200 kg schweren Torrahmen allein aufzufangen
und sich Rückenbeschwerden zuzog, im Rahmen der nach
der Rechtsprechung vorzunehmenden Einteilung (BGE 115 V 138
Erw. 6), anders als die von der Beschwerdeführerin genannten
Schadensereignisse (nicht veröffentlichte Urteile H.
vom 17. September 1996, U 154/95, M. vom 16. Oktober 1995,
U 60/95, B. vom 8. April 1991, U 47/90, und N. vom 6. Mai
1991, U 52/90), welche vom Eidgenössischen Versicherungsgericht
als leicht qualifiziert wurden, dem mittleren Bereich,
allerdings im Grenzbereich zu den leichten Unfällen,
zuzuordnen. Die Adäquanz wäre deshalb nur zu bejahen, wenn
eines der massgebenden Kriterien in besonders ausgeprägter
Weise oder die zu berücksichtigenden Kriterien in gehäufter
oder auffallender Weise erfüllt wären (BGE 115 V 140
Erw. 6c/bb). So verhält es sich jedoch nicht. Der Unfall
war weder besonders eindrücklich noch hat er sich unter
besonders dramatischen Begleitumständen ereignet. Von einer
schweren oder besonderen Art der Verletzungen, die erfahrungsgemäss
geeignet ist, psychische Fehlentwicklungen auszulösen,
kann nicht gesprochen werden. Der Unfallversicherer
hat die Kosten einer Psychotherapie nur dann zu übernehmen,
wenn das psychische Leiden adäquat unfallkausal
ist. Aus deren Unterlassung darf aber, entgegen der Meinung
der Vorinstanz, weder auf eine ärztliche Fehlbehandlung geschlossen
werden, noch geht es an, gestützt auf dieses Kriterium
die Adäquanzfrage zu beurteilen. Es verhält sich
diesbezüglich nicht anders als mit der psychisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit, die weder in Bezug auf Dauer noch Ausmass
in die Adäquanzprüfung einbezogen werden darf (RKUV
1993 Nr. U 166 S. 94 Erw. 2c mit Hinweisen). Wie dem Bericht
der SUVA-Rehabilitationsklinik X.________ vom
3. Dezember 1992 entnommen werden kann, liessen sich
klinisch keine radikulären Symptome eruieren und es
bestanden auch keine Hinweise für Diskopathien und
Affektionen der Intervertebralgelenke. Ein radiologisches
Korrelat zu den vom Versicherten geschilderten Beschwerden
fehlte somit. In ihrem Bericht vom 19. Oktober 1994 gab die
Klinik an, dass sich in Bezug auf den Rücken radiologisch
erstaunlich wenig Instabilitätszeichen feststellen liessen.
Auch die Rheumaklinik kam in ihrem Gerichtsgutachten vom
21. Mai 1997 zum Schluss, dass die geklagten massiven
Beschwerden in ihrer Ausgestaltung mit den erhobenen, nur
mässig ausgeprägten objektiven radiologischen Befunden
kontrastierten. Zufolge psychischer Überlagerung der
somatischen Leiden ist das Kriterium der körperlichen
Dauerschmerzen daher ebenfalls nicht erfüllt. Schliesslich
liegt auch keine ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen
Behandlung somatischer Unfallfolgen vor. Der Versicherte
kann zwar der vor dem Unfall vom 19. April 1991 ausgeübten
Tätigkeit als Monteur nicht mehr nachgehen. Auf Grund
seiner körperlichen Verfassung wäre ihm aber gemäss Bericht
der SUVA-Rehabilitationsklinik X.________ vom 3. Dezember
1992 eine leichte Tätigkeit ohne Heben von Lasten über 10
bis 15 kg wieder zumutbar. Demgegenüber gab Dr. med.
H.________ in seinem ärztlichen Zwischenbericht vom
30. Juni 1993 eine seit 27. Juni 1991 unverändert
bestehende 100%ige Arbeitsunfähigkeit an. Dr. med.
S.________ ging von einer 50 %igen Arbeitsfähigkeit ab
14. September 1993 aus (Angaben des Kreisarztes vom
15. September 1993). Inwieweit diese im Jahr 1993 schon auf
die psychischen Beschwerden zurückzuführen war und deshalb
im Rahmen der Adäquanzbeurteilung unberücksichtigt zu
bleiben hätte, kann offen gelassen werden, denn selbst wenn
die lange Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit
gegeben wäre, könnte die Adäquanz der psychischen
Fehlentwicklung nicht bejaht werden, wie sich zeigen wird.
Der Versicherte hielt sich vom 10. Juli bis 9. August 1991
sowie vom 24. November bis 1. Dezember 1992 in der
SUVA-Rehabilitationsklinik X.________, vom 27. April bis
8. Juni 1992 zu einer Badekur im ehemaligen Jugoslawien und
vom 21. September bis 19. Oktober 1994 zur Abklärung der
Rückenbeschwerden und Behandlung einer Fersenbeinverletzung
in der Klinik Y.________ auf. Nach der perkutanen Nukleotomie
vom 18. Oktober 1991 war eine zweite in Aussicht genommene
Operation schliesslich nicht durchgeführt worden.
Das Vorliegen eines schwierigen Heilungsverlaufs ist auf
Grund dieser Umstände zu bejahen. Insgesamt ist jedoch
weder ein einziges Kriterium in besonders ausgeprägter
Weise gegeben, noch sind die massgebenden Kriterien in gehäufter
oder auffallender Weise erfüllt, weshalb die Adäquanz
der psychischen Beeinträchtigungen zu verneinen ist.
Die SUVA hat folglich die Kosten für die Behandlung der
psychischen Fehlentwicklung nicht zu tragen, was zur Gutheissung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde führt.
7.- Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen
geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten
zu erheben. Die seitens des Versicherten beantragte unentgeltliche
Verbeiständung kann gewährt werden (Art. 152
in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig
ist und die Vertretung geboten war (BGE 124 V 309
Erw. 6; AHI 1999 S. 85 Erw. 3). Es wird indessen ausdrücklich
auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die
begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden
die Dispositiv-Ziffern 1, 4 und 5 des Entscheides
des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 5. März
1998 aufgehoben.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung
wird Rechtsanwalt Marco Unternährer, Luzern, für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
aus der Gerichtskasse eine Entschädigung (einschliesslich
Mehrwertsteuer) von Fr. 2500.- ausgerichtet.
IV. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wird über
eine Neuverlegung der Parteikosten für das kantonale
Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen
Prozesses zu befinden haben.
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 2. März 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: