BGer 5P.366/2000
 
BGer 5P.366/2000 vom 05.12.2000
[AZA 0/2]
5P.366/2000/sch
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
5. Dezember 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Raselli, Bundesrichter Meyer und
Gerichtsschreiber Mazan.
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In Sachen
1. S.P.________,
2. P.I.________,
3. A.Z.________,
4. T.G.________, Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Vincent Augustin, Vazerolgasse 2, Postfach 731, 7002 Chur,
gegen
1. A.R.________, vertreten durch KPMG Fides, Rechtsberatung,
Rösslimattstrasse 37, Postfach 2859, 6002 Luzern,
2. T.R.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Nuot
P. Saratz, Laret, 7504 Pontresina, Beschwerdegegner,
betreffend
Art. 4 BV (aussergerichtliche Entschädigung),
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
1.-Die am 29. Januar 1985 geborene A.R.________ (Beschwerdegegnerin 1) ist die Haupterbin ihrer am 19. Novem- ber 1988 verstorbenen Mutter C.R.________. In ihrem Testament vom 12. Oktober 1988 hatte die Erblasserin unter anderem verfügt, dass das Kindesvermögen bis zum vollendeten
18. Altersjahr ihrer Tochter durch ein 5-köpfiges Board bestehend aus T.R.________ (Beschwerdegegner 2, Vater des Kindes) sowie vier weitere Personen (Beschwerdeführer 1 bis 4) verwaltet werden solle. Seit Jahren bestehen zwischen dem Beschwerdegegner 2 und den Beschwerdeführern 1-4 erhebliche Spannungen.
Im Rahmen von verschiedenen vormundschaftlichen Verfahren versuchten sowohl die Beschwerdegegnerin 1 - vertreten durch den Beschwerdegegner 2 - als auch der Beschwerdegegner 2 persönlich im Wesentlichen, die Entfernung der vier Beschwerdeführer aus dem Board und die Ernennung von vier unabhängigen, sachkundigen Verwaltern als neue Boardmitglieder zu erwirken. Zuletzt waren die drei Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97 vor dem Bezirksgericht Maloja als Beschwerdeinstanz in Vormundschaftssachen hängig.
Parallel zu den Bestrebungen der Beschwerdegegner ist die Vormundschaftsbehörde Oberengadin von Amtes wegen unter anderem betreffend die Zusammensetzung des Boardes tätig geworden. Mit Entscheid vom 28. Januar 1999 wurde das testamentarisch eingesetzte Board - bestehend aus dem Beschwerdegegner 2 und den vier Beschwerdeführern - abgesetzt.
Gegen ihre Absetzung aus dem Board erhoben die Beschwerdeführer beim Bezirksgerichtsausschuss Maloja Beschwerde, worauf der Bezirksgerichtsausschuss diese Beschwerde im Verfahren V 37/99 mit Entscheid vom 8. Juni 1999/2. August 1999 abwies. Dieser Entscheid blieb unangefochten.
Im Anschluss an die rechtskräftige Absetzung des gesamten fünfköpfigen Boardes im Verfahren V 37/99 wollten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. September 1999 wissen, ob die Beschwerdegegner an den Beschwerden V 39/97, V 44/97 und V 85/97 festhalten oder sie zurückziehen. Mit Schreiben vom 29. September 1999 liess der Beschwerdegegner 2 in eigenem Namen und in demjenigen der Beschwerdegegnerin 1 die Beschwerden zurückziehen. Mit Verfügung vom 16./18.
November 1999 schrieb das Bezirksgerichtspräsidium Maloja die drei zuletzt genannten Verfahren wie folgt ab:
"1. Es wird festgestellt, dass die [Beschwerdegegner]
die Beschwerden Fälle Nrn. V 39/97, V 44/97 und
V 85/97 am 29. September 1999 wegen Gegenstandslosigkeit
zurückgezogen haben.
2. Gestützt auf diese Erklärung werden die Verfahren
zufolge Beschwerderückzugs und Gegenstandslosigkeit
als erledigt abgeschrieben.
3. Die Verfahrenskosten [...] werden den [Beschwerdegegnern]
auferlegt, unter solidarischer Haftung
eines jeden für den gesamten Betrag.
4. Die ausseramtlichen Kosten werden wettgeschlagen.
5. Mitteilung an: ..."
Gegen diesen Entscheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung ans Kantonsgericht von Graubünden und beanstandeten unter anderem, dass das Bezirksgerichtspräsidium die aussergerichtlichen Kosten wettgeschlagen und keine Umtriebsentschädigung zugesprochen habe. Mit Urteil vom 4. April/
16. August 2000 wies das Kantonsgericht von Graubünden die Berufung ab.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 15. September 2000 beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichtes von Graubünden vom 4. April/
16. August 2000 aufzuheben. Auf die Einholung von Vernehmlassungen wurde verzichtet.
2.-Das Kantonsgericht hat die Auffassung des Bezirksgerichtspräsidiums bestätigt, dass die ausseramtlichen Kosten wettzuschlagen seien, und zur Begründung ausgeführt, dass die Beschwerdeführer für die Absetzung des gesamten Boardes im Verfahren V 37/99 wesentlich mitverantwortlich gewesen seien und es deshalb in hohem Masse stossend wäre, wenn sie in den damit in Zusammenhang stehenden Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97 eine Umtriebsentschädigung erwirken könnten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass den Beschwerdegegnern in der erstinstanzlichen Abschreibungsverfügung die Verfahrenskosten überbunden worden seien, weil im Verfahren vor Kantonsgericht nur die Entschädigungsfrage, nicht aber die Regelung im Kostenpunkt, die ja möglicherweise mit vertretbaren Gründen auch anders hätte ausfallen können, zu überprüfen sei.
a)Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, dass das Kantonsgericht in willkürlicher Weise den Ausgang des Verfahrens V 37/99 mit der Entschädigungsregelung in den Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97 vermische, ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet. Die rechtskräftige Absetzung des gesamten Boardes im Verfahren V 37/99 hatte sehr wohl einen Einfluss auf die Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97, wurde doch der Ausgang dieser Verfahren, in welchen die Absetzung der Beschwerdeführer 1 bis 4 verlangt wurde, definitiv präjudiziert; aus welchen Gründen die verschiedenen Verfahren eingeleitet wurden, ist unerheblich.
Verfehlt ist der Einwand, dass es sich um Verfahren mit unterschiedlichen Parteien handle, da in dem von Amtes wegen eingeleiteten Verfahren V 39/99 die gleichen sechs Personen Parteien waren wie in den Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97, deren Entschädigungsreglung mit der vorliegenden Beschwerde angefochten wird.
b)Soweit die Beschwerdeführer die Feststellung des Kantonsgerichtes als willkürlich rügen, dass es "Spannungen innerhalb der mit der Vermögensverwaltung betrauten Personengruppe" gegeben habe, ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet; wenn es unbestrittenermassen Spannungen zwischen dem Beschwerdegegner 2 und den Beschwerdeführern 1 bis 4 gegeben hat, ist von Spannungen innerhalb der erwähnten Personengruppe auszugehen. Nicht einzutreten ist sodann auf die Rüge, dass die Feststellung willkürlich sei, die Beschwerdeführer seien für die Spannungen mitverantwortlich; dass diese aus dem Verfahren V 37/99 stammende Feststellung willkürlich sein soll, wird mit dem Hinweis auf E. 12a des erwähnten Entscheides (recte: E. 12b) nicht dargetan, zumal andere dort festgestellte Verfehlungen von den Beschwerdeführern verschwiegen werden; dass ein Verweis auf die Begründung im Verfahren V 37/99 unzulässig sein soll, wurde bereits widerlegt (oben, lit. a). Weshalb schliesslich die Feststellung des Kantonsgerichtes, dass die Interessen der Beschwerdegegnerin 1 durch die schwerwiegenden Meinungsdifferenzen innerhalb des Boardes beeinträchtigt gewesen seien, willkürlich sein soll, ist nicht nachvollziehbar; offensichtlich gefährdet ein zerstrittenes Board die Interessen der Beschwerdegegnerin 1. Soweit die Beschwerdeführer sodann geltend machen, das Kantonsgericht habe willkürlich übersehen, dass auf die Beschwerden der Beschwerdegegnerin 1 mangels gültiger Vertretung nicht hätte eingetreten werden können, erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weil die Beschwerdeführer im kantonalen Berufungsverfahren die Gültigkeit des Beschwerderückzuges beanstandet, aber mit keinem Wort die Gültigkeit der Beschwerdeerhebung thematisiert haben; auf dieses neue Argument ist nicht einzutreten (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26 m.w.H.). Unbegründet ist auch der Vorwurf, das Kantonsgericht habe willkürlich entschieden und das rechtliche Gehör verletzt, weil bei der Festsetzung der ausseramtlichen Kosten nicht die prozentualen Anteile des Obsiegens und Unterliegens herausgearbeitet worden seien.
Im Unterschied zu vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem klar bestimmten Streitwert kann im vorliegenden Fall der Umfang des Obsiegens und Unterliegens der beteiligten Parteien nicht präzis beziffert werden. Die Annahme des Kantonsgerichtes, die Beschwerdeführer, die sich in den Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97 ihrer Absetzung widersetzt hätten, im Verfahren V 37/99 aber dann doch abgesetzt worden seien, seien "einer zumindest teilweise unterliegenden Partei gleich[zu]stellen", leuchtet ein.
c) Damit bleibt noch die Frage zu prüfen, ob das Kantonsgericht Art. 114 Abs. 1 ZPO/GR willkürlich verletzt hat, indem es die ausseramtlichen Kosten wettgeschlagen hat.
Gemäss dieser Bestimmung ist der Kläger im Falle des Rückzuges "in der Regel verpflichtet, die ergangenen gerichtlichen und aussergerichtlichen Kosten zu vergüten". Soweit die Beschwerdeführer das Wettschlagen der Kosten bei einem Klagerückzug grundsätzlich als willkürlich beanstanden, ist ihnen entgegenzuhalten, dass Art. 114 ZPO/GR nur vorsieht, dass der zurückziehenden Partei "in der Regel" die gerichtlichen und aussergerichtlichen Kosten aufzuerlegen sind und das Kantonsgericht ausführlich und zutreffend (vgl. oben, lit. b) begründet hat, weshalb im vorliegenden Fall von der Regel abzuweichen ist. Nicht einzutreten ist sodann auf den Einwand, das Kantonsgericht sei in willkürlicher Weise vom Grundsatz abgewichen, dass von einer absoluten Parallelität bezüglich der Verteilung von amtlichen und ausseramtlichen Kosten auszugehen sei; das Kantonsgericht hat dargelegt, weshalb es im Rechtsmittelverfahren die Verteilung der aussergerichtlichen Kosten ungeachtet der Regelung der gerichtlichen Kosten frei prüfen könne, ohne dass sich die Beschwerdeführer mit dieser Begründung auseinandersetzen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Schliesslich ist auch der Einwand verfehlt, dass der Hinweis auf Art. 122 Abs. 1 ZPO/GR willkürlich sei; das Bezirksgericht hat die Verfahren V 39/97, V 44/97 und V 85/97 "zufolge Beschwerderückzugs und Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben", wobei das Kantonsgericht die Abschreibung zufolge Gegenstandslosigkeit nicht beanstandet, sondern im Gegenteil ausgeführt hat, dass die Erledigung zufolge Gegenstandslosigkeit "wohl" zutreffend gewesen sei, welche Feststellung von den Beschwerdeführern nicht beanstandet worden ist. Damit erweist sich aber auch der Einwand der Beschwerdeführer ohne weiteres als unbegründet, dass der angefochtene Entscheid in Widerspruch stehe zu PKG 1987 Nr. 25 S. 87. Wenn aber die Abschreibung des Verfahrens - unter anderem wegen Gegenstandslosigkeit - nicht zu beanstanden ist, ist die Beschwerde auch in diesem Punkt unbegründet.
3.- Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da auf die Einholung einer Vernehmlassung verzichtet wurde, entfällt die Entschädigungspflicht.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.-Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftpflicht auferlegt.
3.-Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Kantonsgericht von Graubünden schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 5. Dezember 2000
Im Namen der II. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: