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Original
 
[AZA 0]
2A.434/2000/bol
II. ÖFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG **********************************
3. Oktober 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Hungerbühler,
Bundesrichter Müller und Gerichtsschreiber Fux.
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In Sachen
E.M.________, geb. 22. September 1974, Beschwerdeführer,
gegen
Fremdenpolizei des Kantons Zürich, Bezirksgericht Zürich, Haftrichterin,
betreffend
Verlängerung der Ausschaffungshaft
gemäss Art. 13b Abs. 2 ANAG,
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
1.-E.M.________ (geb. 1974) reiste am 28. Dezember 1999 illegal in die Schweiz ein und stellte gleichentags ein Asylgesuch. Das Bundesamt für Flüchtlinge trat mit Verfügung vom 29. März 2000 auf das Gesuch nicht ein, wies den Gesuchsteller aus der Schweiz weg, ordnete an, dass dieser die Schweiz sofort zu verlassen habe, beauftragte den Kanton Zürich mit dem Vollzug der Wegweisung und entzog einer allfälligen Beschwerde gegen die Verfügung die aufschiebende Wirkung. Gegen diesen Entscheid erhob E.M.________ am 18. April 2000 Beschwerde und ersuchte gleichzeitig um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die Schweizerische Asylrekurskommission lehnte mit Verfügung vom 2. Mai 2000 das Gesuch ab und trat mit Urteil vom 19. Mai 2000 auf die Beschwerde nicht ein.
Am 2. Juni 2000 ordnete die Fremdenpolizei des Kantons Zürich gegen E.M.________ die Ausschaffungshaft an. Am 5. Juni 2000 verfügte sie formell die Haft bis zum 2. September 2000 und beantragte dem Haftrichteramt, diese zu bestätigen.
Der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich führte noch am gleichen Tag (5. Juni 2000) die vorgeschriebene mündliche Verhandlung durch und bewilligte die Ausschaffungshaft antragsgemäss bis zum 2. September 2000. Auf das Haftentlassungsgesuch vom 3. Juli 2000 trat er, da verfrüht, mit Verfügung vom 5. Juli 2000 nicht ein. Am 23. August 2000 genehmigte die Haftrichterin am Bezirksgericht Zürich die von der Fremdenpolizei beantragte Verlängerung der Ausschaffungshaft für die Dauer von drei Monaten, d.h. bis zum 2. Dezember 2000.
Mit handschriftlicher Eingabe vom 18. September 2000 in russischer Sprache, die von Amtes wegen ins Deutsche übersetzt wurde, erhob E.M.________ gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, er sei aus der Haft zu entlassen.
Der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich hat auf eine Vernehmlassung verzichtet, während die Fremdenpolizei des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Ausländerfragen hat keine Stellungnahme eingereicht, und auch der Beschwerdeführer hat sich innert Frist nicht mehr geäussert.
2.- Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen oder in dieser belassen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142. 20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 122 II 148 E. 1 S. 150), dessen Vollzug - z.B. wegen fehlender Reisepapiere - noch nicht möglich, jedoch absehbar ist. Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 124 II 1 E. 1 S. 3).
Weiter muss die Haft verhältnismässig (BGE 119 Ib 193 E. 2c S. 198; vgl. auch BGE 122 II 148 E. 3 S. 153) und die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; vgl. dazu BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.).
Von den Behörden müssen die Papierbeschaffung und weitere Ausschaffungsbemühungen mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG; BGE 124 II 49 ff.; Beschleunigungsgebot).
Die Haft darf höchstens drei Monate dauern.
Stehen dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse entgegen, so kann die Haft mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde um höchstens sechs Monate verlängert werden (Art. 13b Abs. 2 ANAG). Bei der Haftverlängerung sind, auch wenn der Ausländer die ursprüngliche Haftgenehmigungsverfügung nicht angefochten hat, ebenfalls die Umstände des Haftvollzugs sowie der Haftgrund zu prüfen (vgl.
Art. 13c Abs. 3 ANAG); dabei kann auf die entsprechende Begründung im ursprünglichen Entscheid Bezug genommen werden (vgl. BGE 122 I 275 E. 3b S. 277).
3.- Der angefochtene Haftrichterentscheid ist gemessen an den genannten Voraussetzungen und Vorgaben nicht zu beanstanden.
a) Der Beschwerdeführer wurde mit Verfügung des Bundesamts für Flüchtlinge vom 29. März 2000 aus der Schweiz weggewiesen. Dieser Entscheid wurde ihm offensichtlich eröffnet, hat er doch dagegen am 18. April 2000 Beschwerde an die Asylrekurskommission erhoben. Das genügt nach dem oben Ausgeführten für die Ausschaffungshaft. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob auch der Rekursentscheid, der anscheinend nicht an die Adresse des Beschwerdeführers in Winterthur, sondern an dessen früheren Aufenthaltsort (Bauma) gesandt wurde, gültig eröffnet worden ist.
b) Zu Recht hat die Haftrichterin ferner den - fortbestehenden - Haftgrund der Untertauchensgefahr (Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG) bejaht: Der Beschwerdeführer ist illegal, d.h. ohne Reisepapiere in die Schweiz eingereist und weigert sich strikte, in die Heimat zurückzukehren.
Er hat sich auch während der gesamten Verfahrensdauer beharrlich geweigert, an der Beschaffung von Reisepapieren mitzuwirken. Der Aufforderung, am 26. April 2000 bei der russischen Botschaft persönlich vorzusprechen, ist er nicht nachgekommen, und bei der zwangsweisen Zuführung machte er gegenüber dem russischen Botschaftsrat widersprüchliche Angaben über seine Identität und Herkunft; er weigerte sich auch, das Antragsformular für ein Laissez-passer auszufüllen.
Nachdem er sich bis dahin als Russe ausgegeben hatte, behauptete er in der Verhandlung vom 23. August 2000 gegenüber der Haftrichterin erstmals, dass er nicht russischer Staatsangehöriger, sondern staatenlos sei. Die Haftrichterin hat diese Umstände zu Recht als genügend konkrete Hinweise dafür gewertet, dass der Beschwerdeführer behördliche Anordnungen missachten und sich im Fall seiner Freilassung nicht für eine Ausschaffung in seine Heimat bereithalten würde.
Für weitere Einzelheiten kann auf die zutreffenden Erwägungen im ersten Haftgenehmigungsentscheid vom 5. Juni 2000 und im angefochtenen Entscheid vom 23. August 2000 verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG).
c) Die Behörden haben im Rahmen des Möglichen auf die Klärung der Identität des Beschwerdeführers und auf die Papierbeschaffung hingearbeitet: Am 5. Juli 2000 war der Beschwerdeführer bei der Botschaft der Russischen Föderation vorgeführt worden. Am 13. Juli 2000 und am 22. August 2000 fand eine Befragung des Beschwerdeführers durch die Kantonspolizei Zürich statt. Gemäss Akten hat die Fremdenpolizei auch nach dem Haftgenehmigungsentscheid vom 23. August 2000 über die Kantonspolizei bzw. das Bundesamt für Flüchtlinge Schritte veranlasst, um die Herkunft des Beschwerdeführers und den Verbleib seiner Reisepapiere abzuklären. Dass diese Bemühungen bisher erfolglos geblieben sind, hat zu einem wesentlichen Teil der Beschwerdeführer selber zu vertreten, der die ihm obliegende Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung und der Beschaffung von Reisepapieren hartnäckig verweigert und durch widersprüchliche Angaben erschwert.
Unter diesen Umständen haben die Behörden das Beschleunigungsgebot bis hierhin eingehalten (vgl. BGE 124 II 49 E. 3a S. 50 f., mit Hinweisen) und ist gleichzeitig erstellt, dass dem Vollzug der Wegweisung besondere Hindernisse entgegenstehen.
Die Verlängerung der Haft um drei Monate erweist sich deshalb als gerechtfertigt und auf Grund des renitenten Verhaltens des Beschwerdeführers insbesondere als verhältnismässig.
Die Rückschaffung des Beschwerdeführers erscheint in technischer wie in praktischer Hinsicht als möglich, weshalb die Fortsetzung der Haft auch unter diesem Aspekt zulässig und gesetzeskonform ist.
4.-Der Beschwerdeführer kritisiert, die von ihm bestellte Anwältin sei bei der Verhandlung vor der Haftrichterin vom 23. August 2000 nicht anwesend gewesen. Soweit er damit eine Verletzung seines Anspruchs auf Vertretung im Sinn von Art. 13d Abs. 1 ANAG geltend machen will, dringt die Rüge nicht durch: Dass die vom Beschwerdeführer beauftragte Anwältin nicht zur Verhandlung erschienen ist, kann nicht der Haftrichterin angelastet werden, die vom angeblichen Vertretungsverhältnis keine Kenntnis hatte. Im Übrigen war der Beschwerdeführer im gerichtlichen Haftprüfungsverfahren durch einen unentgeltlichen Rechtsbeistand vertreten.
Er bemängelt zwar, dieser habe erst kurz vor der Gerichtsverhandlung seinen Fall "kennengelernt" und an der Verhandlung nichts Neues gesagt. Auch der betreffende Rechtsanwalt weist in einem Schreiben vom 26. September 2000 an das Bundesgericht darauf hin, dass im Kanton Zürich die Vorbereitungszeit für die gerichtlich bestellten Rechtsvertreter "regelmässig sehr knapp bemessen" sei. An der Verhandlung vom 23. August 2000 hatte er indessen nicht geltend gemacht, die verfügbare Zeit habe für die korrekte Wahrnehmung seines Mandats nicht ausgereicht. Unter den konkreten Umständen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Verbeiständung im Haftverlängerungsverfahren (vgl. BGE 122 I 275 E. 3a S. 276) nicht verletzt, wenngleich einzuräumen ist, dass der unentgeltliche Rechtsbeistand vorliegend sehr kurzfristig eingesetzt wurde (Bestellung erst am 22. August 2000, also einen Tag vor der Verhandlung; Mitteilung der Ernennung gleichentags per Fax um 16.39 Uhr). In Fällen mit komplexeren Rechtsfragen und komplizierterem Sachverhalt würde ein solches Vorgehen vor Bundesrecht möglicherweise nicht mehr standhalten.
5.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verlängerung der Ausschaffungshaft erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist deshalb im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG mit summarischer Begründung abzuweisen.
b) Bei diesem Verfahrensausgang würde der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Es rechtfertigt sich jedoch mit Blick auf seine finanziellen Verhältnisse, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 153a Abs. 1 OG).
c) Die Fremdenpolizei des Kantons Zürich wird ersucht sicherzustellen, dass das vorliegende Urteil dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und verständlich gemacht wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.- Es werden keine Kosten erhoben.
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Fremdenpolizei des Kantons Zürich, dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichterin, und dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 3. Oktober 2000
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: