BGer 5C.105/2000
 
BGer 5C.105/2000 vom 09.06.2000
[AZA 0]
5C.105/2000/min
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
9. Juni 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Weyermann, Bundesrichter Raselli und
Gerichtsschreiber Levante.
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In Sachen
X.________, Gesuchsgegner und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Fredy Fässler, Webergasse 21, Postfach 641, 9001 St. Gallen,
gegen
Y.________, Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte,
betreffend
Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB,
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
1.- Auf Gesuch von Y.________ hin wies der Kantonsgerichtspräsident des Kantons Appenzell A.Rh. mit Entscheid vom 2. Februar 2000 die Herausgabekommission der "Z.________" an, inskünftig und ab sofort vom Honorarguthaben von X.________ monatlich Fr. 1'100.-- abzuziehen und direkt auf das Konto ... der Gesuchstellerin bei der Bank Q.________ zu überweisen, unter Androhung doppelter Zahlungspflicht im Unterlassungsfalle. Ferner verfügte der Kantonsgerichtspräsident, dass die entsprechende einstweilige Verfügung vom 6. Dezember 1999 aufgehoben sei, und wies die Gerichtskasse T.________ an, die von der Herausgabekommission der "Z.________" allenfalls hinterlegten Beträge Y.________ zu überweisen.
Hiergegen appellierte X.________ und verlangte die Aufhebung des Entscheides des Kantonsgerichtspräsidenten, die Abweisung des Begehrens um Schuldneranweisung sowie die Rücküberweisung der von ihm hinterlegten Beträge. Mit Entscheid vom 13. April 2000 wies der Obergerichtspräsident des Kantons Appenzell A.Rh. die Appellation ab und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid.
X.________ beantragt mit eidgenössischer Berufung vom 15. Mai 2000 dem Bundesgericht, den Entscheid des Obergerichtspräsidenten des Kantons Appenzell A.Rh. vom 13. April 2000 aufzuheben und das Begehren von Y.________ um Schuldneranweisung abzuweisen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eine Berufungsantwort wurde nicht eingeholt.
Auf eine gleichzeitig erhobene staatsrechtliche Beschwerde ist das Bundesgericht mit Urteil vom heutigen Tag nicht eingetreten.
2.- Es stellt sich zunächst die Frage, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, um gegen den Entscheid des Obergerichtspräsidenten Berufung zu erheben. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf Art. 291 ZGB. Nach dieser Bestimmung kann der Richter, wenn die Eltern die Sorge für das Kind vernachlässigen, ihre Schuldner anweisen, die Zahlungen ganz oder zum Teil an den gesetzlichen Vertreter des Kindes zu leisten.
a) Das Bundesgericht beurteilte in BGE 110 II 9 Streitigkeiten in Anwendung von Art. 291 ZGB als vollstreckungsrechtliche Streitigkeiten und nicht als Zivilsachen im Sinne von Art. 44 und Art. 46 OG. Es erwog unter Hinweis auf Art. 171 ZGB (Fassung von 1907), nach dessen Vorbild Art. 291 ZGB geschaffen wurde, dass sich der Alimentenschuldner in einer ähnlichen Lage befinde wie der Betriebene, bei dem gepfändet wurde. Die unterhaltspflichtige Person bleibe Gläubiger des Dritten, verliere aber das Recht, über ihre Forderung zu verfügen, insbesondere Zahlungen zu empfangen; dieses Recht gehe auf den Unterhaltsgläubiger über. Art. 291 ZGB ermögliche die Zwangsvollstreckung für gewisse anderweitig festgestellte Unterhaltsforderungen; dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, der Unvollkommenheit der Vollstreckungsprozeduren für Urteile und Alimentenvereinbarungen abzuhelfen.
Bei der Anordnung gemäss Art. 291 ZGB handle es sich um eine Zwangsvollstreckungsmassnahme eigener Art mit der Privilegierung, dass ihr keine Zustellung des Zahlungsbefehls vorausgehe, sie weder Fristen für den Vollzug der Pfändung noch eine Kontrolle der Pfändung durch eine Aufsichtsbehörde oder eine Konkurrenz der Pfändungsgläubiger kenne; schliesslich sei die Massnahme nicht nur für fällige Forderungen, sondern auch für laufende Verpflichtungen gegeben (BGE 110 II 9 E. 1 S. 12 f., mit Hinweisen).
b) Der Berufungskläger betrachtet die vorliegende Streitigkeit als Zivilsache; er macht unter Hinweis auf BGE 116 II 21 geltend, dass die erwähnte Rechtsprechung nicht mehr so klar sei. In dem von ihm zitierten Entscheid bestätigte das Bundesgericht seine Praxis, wonach letztinstanzliche kantonale Entscheidungen, durch die gestützt auf Art. 176 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB die Gütertrennung angeordnet oder verweigert wird, nicht mit Berufung, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden können. Es erwog, an der früheren Auffassung, dass die Berufung gegen Eheschutzentscheide unter anderem deswegen unzulässig sei, weil es sich nicht um Zivilstreitigkeiten handle, könne grundsätzlich nicht festgehalten werden; ausschlaggebend sei vielmehr, ob ein kantonaler Entscheid als Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG zu betrachten sei (BGE 116 II 21 E. 1a S. 23). Wenn das Bundesgericht in diesem Zusammenhang die Klammerbemerkung "vgl. immerhin BGE 110 II 12 E. 1" angebracht und dabei hervorgehoben hat, dass in jenem Entscheid auf Art. 291 ZGB gestützte Vorkehren als privilegierte Zwangsvollstreckung sui generis und demnach nicht als Zivilstreitigkeit im Sinne von Art. 44 und 46 OG betrachtet wurden, so hat es damit - entgegen der Auffassung des Berufungsklägers - die Rechtsprechung zu Art. 291 ZGB vorbehalten und nicht relativiert. Immerhin gehen die Auffassungen über die Rechtsnatur der Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB in der Literatur auseinander. Deschenaux/Steinauer (Le nouveau droit matrimonial, Bern 1987, S. 145) teilen die Auffassung des Bundesgerichts, dass die Anweisung Vollstreckungscharakter habe. Oscar Vogel (Die Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1984: Zivilprozessrecht, ZBJV 1986 S. 479 f.) hingegen erachtet diese als eine Schutzmassnahme des Zivilrechts; er hält allerdings nicht für abwegig, für solche Entscheide in Anbetracht ihres provisorischen Charakters die bundesrechtliche Berufung zu versagen. Gleicher Auffassung ist Suzette Sandoz-Monod (L'avis aux créanciers des art. 171 (177 nCC) et 291 CC est-il une mesure d'exécution forcée?, BlSchK 1988 S. 86 f.). Eine Auseinandersetzung mit der Lehrmeinung, dass es sich bei den strittigen Vorkehren um eine Zivilsache handle, erübrigt sich indessen. Da der Richter die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB bei Wegfall ihrer Voraussetzungen wieder aufheben kann, stellt der angefochtene Entscheid wegen seines letztlich provisorischen Charakters ohnehin keinen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG dar (BGE 116 II 21 E. 1c S. 25 f.). Die Berufung ist aus diesem Grund unzulässig.
3.- Es ergibt sich, dass auf die Berufung nicht eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Berufungskläger kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da auf das Einholen einer Berufungsantwort verzichtet wurde, sind der Berufungsbeklagten keine Aufwendungen entstanden, so dass eine Entschädigungspflicht entfällt.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.- Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Berufungskläger auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Präsidenten des Obergerichts des Kantons Appenzell A.Rh. schriftlich mitgeteilt.
_____________Lausanne, 9. Juni 2000
Im Namen der II. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: