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Original
 
[AZA]
C 422/99 Vr
II. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
Gerichtsschreiber Nussbaumer
Urteil vom 26. Mai 2000
in Sachen
L.________, 1940, Beschwerdeführerin,
gegen
Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland, Bahnhofstrasse 32,
Pratteln, Beschwerdegegnerin,
und
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal
A.- L.________ (geboren 1940) ist seit 1969 als
Klavierlehrerin bei der Regionalen Jugendmusikschule in
X.________ angestellt. Auf Grund eines Rückgangs der
Schülerzahlen und der damit verbundenen Herabsetzung der
Unterrichtslektionen meldete sie sich am 19. Januar 1998
bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug an. In
der Folge bot sie das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum
(RAV) auf den 3. sowie auf den 17. Februar 1998 und auf den
25. März 1998 zu Beratungsgesprächen auf. Mit Verfügung vom
17. März 1998 verneinte die Öffentliche Arbeitslosenkasse
Baselland einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab
19. Januar 1998 "mangels anrechenbarem Arbeitsausfall in-
folge ungekündigtem Arbeitsverhältnis". Nachdem L.________
hiegegen Beschwerde eingereicht hatte, hob die Arbeits-
losenkasse die Verfügung am 9. Juli 1998 vollumfänglich auf
und richtete der Versicherten für die Monate Januar und
Februar 1998 Taggelder unter Anrechnung der Tätigkeit bei
der Musikschule X.________ als Zwischenverdienst aus. Mit
vier Verfügungen vom 20. Juli 1998 lehnte sie hingegen eine
Anspruchsberechtigung für die Monate März bis und mit Juni
1998 ab, da die Versicherte in diesen Monaten "das Kon-
trollgespräch nicht passiert" und damit die Kontrollvor-
schriften nicht erfüllt habe.
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Ver-
sicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft mit Ent-
scheid vom 3. November 1999 ab.
C.- L.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag auf Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde. Das kantonale Gericht und das
Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine Ver-
nehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Gemäss Art. 8 Abs. 1 AVIG hat die versicherte
Person Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie
u.a. die Kontrollvorschriften des Art. 17 AVIG erfüllt
(lit. g). Nach Art. 17 Abs. 2 AVIG muss sie sich möglichst
frühzeitig, jedoch spätestens am ersten Tag, für den sie
Leistungen nach Art. 7 Abs. 2 lit. a oder b AVIG bean-
sprucht, persönlich beim Arbeitsamt ihres Wohnorts zur
Arbeitsvermittlung melden und von da an die Kontrollvor-
schriften des Bundesrates befolgen. Die Ausgleichsstelle
(Art. 83 AVIG) kann die kantonale Amtsstelle ganz oder
teilweise von der Durchführung der Stempelkontrolle ent-
binden, wenn geeignete Strukturen für eine effiziente Ver-
mittlung ohne Stempelkontrolle vorhanden sind. Laut Art. 17
Abs. 3 AVIG hat die versicherte Person auf Weisung des zu-
ständigen Arbeitsamtes u.a. an Besprechungen oder Orien-
tierungsveranstaltungen teilzunehmen (lit. b).
Nach Art. 21 AVIV müssen sich die Versicherten ent-
sprechend den Anordnungen des Kantons nach der Anmeldung
mindestens zweimal pro Monat persönlich zu einem Beratungs-
und Kontrollgespräch bei der zuständigen Amtsstelle melden.
Dabei wird die Vermittlungsfähigkeit überprüft. Eines der
Gespräche kann nur zur Erfassung der Kontrolldaten dienen
(Abs. 1). Die Termine für die Beratungs- und Kontrollge-
spräche werden für jeden Versicherten einzeln festgelegt
(Abs. 2 erster Satz). Bei Zwischenverdienst muss laut
Art. 22 AVIV mindestens einmal im Monat ein Beratungs- und
Kontrollgespräch stattfinden.
b) Nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG ist die versicherte
Person in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn sie
die Kontrollvorschriften oder die Weisungen des Arbeits-
amtes nicht befolgt. Widersetzt sie sich nach Ablauf der
gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG verfügten Ein-
stellungsdauer immer noch der Teilnahme an einem Beratungs-
gespräch (oder an einer arbeitsmarktlichen Massnahme), so
entzieht ihr die kantonale Amtsstelle laut Art. 30a Abs. 1
AVIG den Leistungsanspruch. Ist die arbeitslose Person zu
einem späteren Zeitpunkt zur Mitwirkung an der Eingliede-
rung bereit, so hat sie, sofern die übrigen Voraussetzungen
erfüllt sind, erneut Anspruch auf Versicherungsleistungen
(Abs. 2).
2.- a) Arbeitslosenkasse und kantonales Gericht ver-
treten die Auffassung, der Beschwerdeführerin stehe für die
Monate März bis und mit Juni 1998 kein Anspruch auf Ar-
beitslosenentschädigung zu, da in dieser Zeitspanne keine
Kontroll- und Beratungsgespräche stattgefunden hätten, wes-
halb mangels Erfüllen der Kontrollvorschriften die allge-
meine Anspruchsvoraussetzung des Art. 8 Abs. 1 lit. g AVIG
nicht erfüllt sei. Mit dieser Betrachtungsweise übersehen
sie, dass der Gesetzgeber im Rahmen der zweiten Teilrevi-
sion des AVIG vom 23. Juni 1995 vom bisherigen System mit
Erfüllung der Kontrollpflicht durch das Stempeln abgerückt
ist und die persönliche Beratung und Betreuung der Arbeits-
losen durch die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren ein-
geführt hat. Mit dem neuen Konzept der Beratungs- und Kon-
trollgespräche hat er gleichzeitig die Rechtsfolgen bei
Pflichtverletzungen neu geregelt. Nach der Meldung beim
Arbeitsamt führt die Nichtbefolgung der Kontrollvorschrif-
ten ohne entschuldbaren Grund zur Einstellung in der An-
spruchsberechtigung (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG). Wider-
setzt sich die versicherte Person auch nach Ablauf der
Einstellungsdauer der Teilnahme an einem Kontroll- oder
Beratungsgespräch, so wird ihr der Leistungsanspruch ent-
zogen, bis sie zur Mitwirkung bereit ist und die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (Art. 30a AVIG). Im Un-
terschied zur früheren Regelung mit dem Stempeln wirkt sich
die Verletzung der Kontrollpflicht nach der Anmeldung beim
Arbeitsamt nicht mehr anspruchsvernichtend aus, sondern sie
wird mit einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung und
als ultima ratio mit einem Leistungsentzug geahndet (Thomas
Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, Rz 254 und
263). Dieser neuen gesetzlichen Ausgestaltung der Sanktio-
nen bei Verletzung der Kontrollvorschriften widerspricht
die Vorgehensweise von Arbeitslosenkasse und Vorinstanz.
Ein Anspruch der Beschwerdeführerin würde nur entfallen,
wenn sie sich im Anschluss an die Verfügung vom 17. März
1998 ausdrücklich bei der Arbeitslosenversicherung abge-
meldet und damit rechtlich die Arbeitslosigkeit geendet
hätte (Nussbaumer, a.a.O., Rz 114).
b) Aus den Akten geht nicht klar hervor, weshalb in
den Monaten März bis und mit Juni 1998 kein Kontroll- und
Beratungsgespräch stattgefunden hat. Aus den von der Be-
schwerdeführerin nachträglich eingereichten Unterlagen
ergibt sich, dass sie am 19. Februar 1998 durch das RAV auf
den 25. März 1998 zu einem Beratungsgespräch aufgeboten
worden ist. Unmittelbar vor diesem Gesprächstermin hat die
Arbeitslosenkasse mit Verfügung vom 17. März 1998 die An-
spruchsberechtigung der Beschwerdeführerin ab 19. Januar
1998 mangels anrechenbarem Arbeitsausfall infolge ungekün-
digtem Arbeitsverhältnis abgelehnt. Diese Verfügung hat sie
am 9. Juli 1998 in Wiedererwägung gezogen. Für die Zeit
danach finden sich in den Akten wieder Aufgebote zu Bera-
tungsgesprächen, so am 22. Juli 1998 für den 18. August
1998 und am 24. August 1998 für den 8. September 1998.
Nicht feststellen lässt sich hingegen, aus welchem Grund in
den Monaten März bis Juni 1998 kein Beratungs- und Kon-
trollgespräch stattgefunden hat und ob die Beschwerde-
führerin in den Monaten April bis und mit Juni 1998 zu
einem solchen Gespräch vorgeladen worden ist. In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es laut Art. 21
Abs. 2 erster Satz AVIV Sache der Verwaltung ist, die Ver-
sicherten für die Kontroll- und Beratungsgespräche aufzu-
bieten. Sollte der Grund für die fehlenden Gespräche in den
Monaten März bis und mit Juni 1998 darin liegen, dass im
Anschluss an die leistungsablehnende Verfügung vom 17. März
1998 ein Aufgebot für weitere Gespräche durch das RAV
unterblieb, so kann dies der Beschwerdeführerin nicht ent-
gegengehalten werden. Gehen die fehlenden Kontroll- und
Beratungsgespräche auf unentschuldigtes Fernbleiben der
Versicherten zu aufgebotenen Terminen zurück, so wäre die-
ses Verhalten mit einer Einstellung in der Anspruchsbe-
rechtigung gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG zu ahn-
den. Da bis anhin eine solche Sanktion nicht erfolgt ist,
entfällt für die Zeitspanne von März bis und mit Juni 1998
ein Leistungsentzug gestützt auf Art. 30a AVIG. Es wird
Sache der Arbeitslosenkasse sein, die näheren Umstände für
das Fehlen der Kontroll- und Beratungsgespräche in der hier
streitigen Zeitspanne abzuklären und gegebenenfalls pro
unentschuldigt versäumtes Gespräch eine Einstellung in der
Anspruchsberechtigung zu verfügen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungs-
gerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 3. November
1999 und die Kassenverfügungen vom 20. Juli 1998 auf-
gehoben werden und die Sache an die Öffentliche Ar-
beitslosenkasse Baselland zurückgewiesen wird, damit
diese nach Durchführen der ergänzenden Sachverhalts-
abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Anspruch
der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosenentschädigung
für den Zeitraum März bis und mit Juni 1998 neu ver-
füge.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs-
gericht des Kantons Basel-Landschaft, dem Kantonalen
Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Baselland und
dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 26. Mai 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: