Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
[AZA]
I 690/99 Vr
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer und neben-
amtlicher Richter Maeschi; Gerichtsschreiber Maillard
Urteil vom 12. Mai 2000
in Sachen
C.________, 1947, Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt H.________,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich,
Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- Die 1947 geborene C.________ meldete sich am
18. November 1996 unter Hinweis auf seit 1988 bestehende
Kniebeschwerden links bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in medizinischer und
beruflicher Hinsicht verneinte die IV-Stelle des Kantons
Zürich mit Verfügung vom 1. Juli 1997 den Anspruch auf eine
Invalidenrente.
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozial-
versicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom
14. Oktober 1999 ab.
C.- C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen mit dem Rechtsbegehren, ihr seien die gesetzlichen
finanziellen Leistungen aus der Invalidenversicherung
zuzusprechen; eventuell sei der Gesundheitszustand und die
Arbeitsfähigkeit durch ein unabhängiges interdisziplinäres
Sachverständigengutachten zu klären.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde, während sich das Bundesamt für Sozial-
versicherung nicht vernehmen lässt.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Be-
stimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1
IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenan-
spruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) sowie die Bemessung
des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach
der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG) zu-
treffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.
2.- Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet der
Anspruch auf Invalidenrente. Streitig ist zunächst, welche
Arbeitsleistung der Beschwerdeführerin noch zumutbar ist.
a) Die Beschwerdeführerin war vor der Knieoperation
vom 24. November 1995 ganztags als Weberin bei der Firma
W.________ AG tätig gewesen. Am 17. Juni 1996 nahm sie die
Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber wieder auf, wobei sie
halbtags in der leichteren Tätigkeit als Musterweberin
eingesetzt wurde. Seit dem 1. August 1997 ist sie in dieser
Funktion zu einem Bruttolohn von Fr. 22.50 in der Stunde
bei einer garantierten Arbeitszeit von 800 Stunden im Jahr
und einer täglichen Arbeitszeit von höchstens fünf Stunden
angestellt.
b) Dr. med. N.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie
und Orthopädie, welcher die Knieoperation am 24. November
1995 durchgeführt hatte, gab am 16. Dezember 1996 eine
Arbeitsfähigkeit von 50 % in der bisherigen Tätigkeit an
mit der Feststellung, dass die Versicherte zur Zeit eine
ausschliesslich stehend zu verrichtende Tätigkeit ausübe;
mit der eingesetzten Knieprothese sollte sie nach Möglich-
keit nur eine geringe Gehdistanz zurückzulegen haben, da
andernfalls mit einer frühzeitigen Zerstörung des künst-
lichen Gelenks zu rechnen sei. In einem Zeugnis zuhanden
der beteiligten Rechtsschutzstelle vom 3. Juni 1997 führte
Dr. med. N.________ aus, die Versicherte besorge einen
Haushalt mit drei Personen. Neben diesen Arbeiten sollte
sie auswärts höchstens halbtägig und möglichst nur sitzend
beschäftigt werden. Dabei handle es sich um eine theore-
tische Schätzung. Bei der heutigen Arbeitsmarktlage und der
bisherigen Tätigkeit als Weberin sei eine solche Beschäfti-
gung praktisch nicht realisierbar. Es bestehe eine Invali-
dität von 50 %.
Der behandelnde Arzt Dr. med. K.________, Facharzt FMH
für Allgemeinmedizin, bestätigte am 13. Januar 1997 eine
vollständige Arbeitsunfähigkeit vom 23. November 1995 bis
16. Juni 1996 und eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % ab
17. Juni 1995 bis auf weiteres. Die Versicherte sollte
keine körperlich schwere Arbeit mehr verrichten, mehr-
heitlich sitzend arbeiten und nicht lange stehen. In einer
ergänzenden Stellungnahme zuhanden der IV-Stelle führte Dr.
med. K.________ aus, die Versicherte übe halbtags die
bisherige eher strenge und für sie nicht geeignete Arbeit
aus und sei daher zu 50 % arbeitsunfähig. Der nun einge-
schlagene Weg einer Teilinvalidisierung (50 %) vermöge
jedoch nicht zu befriedigen. Seiner Meinung nach sei die
Versicherte bei einer geeigneten Arbeit durchaus in der
Lage, wieder ganztags erwerbstätig zu sein, eventuell auch
an vier Tagen in der Woche. Zum gleichen Schluss gelangte
IV-Arzt Dr. med. B.________, welcher eine Arbeitsfähigkeit
von 80 % bei einer vorwiegend sitzend zu verrichtenden
Tätigkeit annahm.
c) Aufgrund der ärztlichen Angaben ist mit der Vorin-
stanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin eine
leichtere, überwiegend sitzend zu verrichtende Tätigkeit zu
80 % möglich und zumutbar wäre. Entgegen den Ausführungen
in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergibt sich aus den
Berichten von Dr. med. N.________ nicht, dass die
Beschwerdeführerin auch in einer geeigneten leichteren
Tätigkeit mindestens zu 50 % arbeitsunfähig ist. Dr. med.
N.________ geht klarerweise davon aus, dass die Versicherte
in zeitlich reduziertem Umfang weiterhin die bisherige
ausschliesslich stehend zu verrichtende Tätigkeit als
Weberin ausübt. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass
die Versicherte möglichst keine ausschliesslich stehend zu
verrichtende Arbeit mehr ausüben sollte, ihr eine teils
sitzend, teils stehend zu verrichtende Arbeit mit wenig
Gehdistanz jedoch zumutbar sei. Damit schliesst auch Dr.
med. N.________ eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit im
Rahmen einer geeigneten leichteren Tätigkeit nicht aus.
Etwas anderes ergibt sich auch aus dem Zeugnis vom 3. Juni
1997 nicht, indem bei der Annahme einer Arbeitsfähigkeit
von lediglich 50 % der Umstand berücksichtigt wird, dass
die Beschwerdeführerin neben der Erwerbstätigkeit einen
Haushalt von drei Personen zu besorgen hat. Nach den
Angaben der Berufsberaterin der IV-Stelle beschränkt sich
ihre Tätigkeit im Haushalt auf das Einkaufen und Kochen,
während die übrigen Arbeiten von den im gleichen Haushalt
lebenden Töchtern verrichtet werden.
Ohne dass es weiterer Abklärungen bedürfte, ist fest-
zustellen, dass der Beschwerdeführerin die Ausübung einer
geeigneten leichteren, vorwiegend sitzend zu verrichtenden
Tätigkeit mindestens zu 80 % möglich und zumutbar ist.
3.- Streitig ist des Weiteren die Invaliditätsbemes-
sung nach der hier anwendbaren Methode des Einkommensver-
gleichs.
a) Nach den Angaben des Arbeitgebers vom 2. Dezember
1996 hätte die Beschwerdeführerin ohne den Gesundheitsscha-
den einen Monatslohn von Fr. 3800.- (x 13) erzielt. Umge-
rechnet auf den für die Beurteilung massgebenden Zeitpunkt
des Verfügungserlasses (1. Juli 1997) ergibt sich damit ein
Valideneinkommen von Fr. 50'050.- im Jahr, was unbestritten
ist.
b) Zum Invalideneinkommen macht die Beschwerdeführerin
geltend, mit der nunmehr ausgeübten Tätigkeit als Musterwe-
berin während 800 Stunden im Jahr nütze sie die verbleiben-
de Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit zumutbarerweise voll aus,
weshalb vom damit erzielten Einkommen von Fr. 18'000.- aus-
zugehen sei. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Ar-
beitsleistung nach den Angaben des Arbeitgebers ein Monats-
lohn von lediglich Fr. 1700.- entspreche und die vertrag-
lich vereinbarte Arbeitszeit von 800 Stunden im Jahr ledig-
lich 42 % einer vollzeitlichen Tätigkeit ausmache. Das In-
valideneinkommen belaufe sich damit auf Fr. 17'136.-, was
einen Invaliditätsgrad von 66 % ergebe. Dieser Argumenta-
tion kann nicht gefolgt werden.
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführerin auch im
Rahmen der früheren Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von im-
merhin 50 % attestiert wird, kann nach dem Gesagten nicht
angenommen werden, dass sie die verbleibende Arbeits- oder
Erwerbsfähigkeit mit der Tätigkeit als Musterweberin wäh-
rend 800 Stunden im Jahr zumutbarerweise voll ausnützt. Die
Voraussetzungen für eine Gleichstellung des tatsächlich er-
zielten Einkommens mit dem für den Einkommensvergleich
massgebenden Invalideneinkommen sind daher nicht gegeben
(BGE 117 V 18 Erw. 2c/aa mit Hinweisen).
c) In der Verfügung vom 1. Juli 1997 hat die Verwal-
tung das Invalideneinkommen auf Fr. 41'000.- festgesetzt.
Sie stützte sich dabei auf die von der Berufsberatung der
IV-Stelle angegebenen Löhne aus der internen Arbeitsplatz-
dokumentation (DAP) der Schweizerischen Unfallversiche-
rungsanstalt (SUVA). Danach hätte die Beschwerdeführerin
als Mitarbeiterin C in der Elektromontage einen Lohn von
Fr. 41'561.- bis Fr. 48'646.-, als Hilfsarbeiterin einen
solchen von Fr. 46'800.- bis Fr. 48'750.- und als Hilfs-
arbeiterin an einer halbautomatischen Wickelmaschine einen
solchen von Fr. 33'744.- bis Fr. 42'504.- erzielen können.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zumutbarkeit dieser
Tätigkeiten und macht sinngemäss geltend, die genannten
Verweisungsberufe stellten keine ihr tatsächlich offen
stehende Beschäftigungsmöglichkeiten dar. Wie es sich damit
verhält, lässt sich nicht näher prüfen, weil die DAP-
Blätter mit den Anforderungsprofilen und weiteren Angaben
zu den angegebenen Arbeitsplätzen fehlen. Weitere Abklä-
rungen, wie sie die Beschwerdeführerin beantragt, erübrigen
sich indessen. Nach den zutreffenden Feststellungen der
Vorinstanz verfügt die Beschwerdeführerin trotz des Gesund-
heitsschadens noch über ein weites Feld von Beschäftigungs-
möglichkeiten. Zumutbar sind ihr grundsätzlich alle leich-
teren, vorwiegend sitzend zu verrichtenden Hilfsarbeiten im
Textilgewerbe oder in andern Produktionsbereichen. Solche
Tätigkeiten stehen bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage auch
Personen offen, die - wie die Versicherte - aus gesundheit-
lichen Gründen eine leicht reduzierte Arbeitszeit einzuhal-
ten haben.
d) Unter Beizug statistischer Durchschnittslöhne hat
das kantonale Gericht ein massgebendes Invalideneinkommen
von Fr. 30'554.- ermittelt. Ausgehend von dem nach Tabelle
TA1 der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 1996 des
Bundesamtes für Statistik von Arbeitnehmerinnen mit einfa-
chen und repetitiven Tätigkeiten erzielten monatlichen
Bruttolohn (Zentralwert) von Fr. 3112.- im Textilgewerbe
und von Fr. 2914.- im Bereich Herstellung von Bekleidung
und Pelzwaren hat es den Durchschnitt von Fr. 3013.- auf
die im genannten Gewerbe betriebsübliche Arbeitszeit von
42 Stunden umgerechnet und der Nominallohnentwicklung von
0,6 % im Jahr 1997 angepasst, was einen Jahreslohn von
Fr. 38'192.- und bei einer Arbeitsfähigkeit von 80 % ein
massgebendes Einkommen von Fr. 30'554.- sowie gemessen am
Valideneinkommen von Fr. 50'050.- einen Invaliditätsgrad
von 38,9 % ergibt. Diese Berechnungsweise ist nicht zu
beanstanden.
Entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichts-
beschwerde rechtfertigt es sich nicht, allein vom niedrige-
ren Durchschnittslohn in der Bekleidungsindustrie auszuge-
hen, war die Beschwerdeführerin doch stets im Textilgewerbe
tätig gewesen und kann ungeachtet des Gesundheitsschadens
weiterhin in dieser Branche tätig sein. Ihr kann auch inso-
weit nicht gefolgt werden, als sie Abzüge vom statistischen
Tabellenlohn verlangt. Zu einem sogenannten leidensbeding-
ten Abzug, wie ihn die Rechtsprechung für Teilzeitbeschäf-
tigte und Versicherte zulässt, die vor Eintritt der Invali-
dität eine körperlich schwere Tätigkeit ausgeübt haben und
in der Folge lediglich leichtere Arbeiten zu verrichten
vermögen (vgl. dazu BGE 124 V 323 Erw. 3b/bb; AHI 1998
S. 177 Erw. 3a, S. 291 f. Erw. 3b), besteht kein Anlass,
zumal aufgrund der ärztlichen Angaben selbst von einer
vollen Arbeitsfähigkeit in einer geeigneten leichteren
Tätigkeit ausgegangen werden könnte. Es besteht auch kein
Grund zur Vornahme von Abzügen unter Berücksichtigung des
Lebens- und Dienstalters sowie der Nationalität (vgl. hiezu
AHI 1999 S. 181 f. Erw. 3b und 242 f. Erw. 4c). Dies umso
weniger als die Beschwerdeführerin eine geeignete leichtere
Tätigkeit auch beim bisherigen Arbeitgeber verrichten könn-
te. Nach dessen Angaben gegenüber der Berufsberatung der
IV-Stelle hätte ihr im August 1996 eine sitzend zu verrich-
tende Tätigkeit in der Krawattenabteilung angeboten werden
können, wenn der Arbeitgeber von den gesundheitsbedingten
Beeinträchtigungen Kenntnis gehabt hätte. Nach den Arzt-
berichten ist zudem anzunehmen, dass die Versicherte auch
die gegenwärtige, vorwiegend sitzend zu verrichtende Tätig-
keit als Musterweberin in einem Umfang von mindestens 80 %
zu verrichten vermöchte. Damit würde sie ein Einkommen von
Fr. 34'285.- (Fr. 18'000.- : 42 x 80) erzielen, was im Ver-
gleich zum Valideneinkommen von Fr. 50'050.- einen Invali-
ditätsgrad von lediglich 31,5 % ergäbe.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
rungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialver-
sicherung zugestellt.
Luzern, 12. Mai 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: