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Original
 
[AZA]
M 9/99 Hm
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer;
Gerichtsschreiber Schürer
Urteil vom 9. Mai 2000
in Sachen
B.________, 1962, Beschwerdeführer, vertreten durch
S.________,
gegen
Bundesamt für Militärversicherung, Bern, Beschwerdegegner,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden
B.________ reichte am 28. April 1999 Beschwerde ein
gegen einen Einspracheentscheid des Bundesamtes für Mili-
tärversicherung. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 22. September 1999
teilweise gut und wies die Sache zu ergänzender Abklärung
und neuer Entscheidung an die Militärversicherung zurück.
Das Begehren um Zusprechung einer Parteientschädigung an
den durch S.________ vertretenen B.________ wies es ab
(Ziffer 3 des Dispositivs).
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 4. November 1999
beantragt B.________ die Aufhebung von Ziffer 3 des Dispo-
sitivs des vorinstanzlichen Entscheids und die Rückweisung
der Sache an das Verwaltungsgericht, damit dieses eine
gesetzeskonforme Parteientschädigung zuspreche.
Das Verwaltungsgericht hob mit Entscheid vom 17. No-
vember 1999 Ziffer 3 des Dispositivs des Entscheids vom
22. September 1999 auf und verpflichtete das Bundesamt für
Militärversicherung, B.________ eine Parteientschädigung
von Fr. 1400.- zuzüglich 7,5 % Mehrwertsteuer zu bezahlen.
Mit Brief vom 18. November 1999 teilte das Verwaltungs-
gericht dem Eidgenössischen Versicherungsgericht mit, ange-
sichts seines Entscheides vom Vortag sei die Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde vom 4. November 1999 gegenstandslos.
Mit Brief vom 7. Dezember 1999 an das Eidgenössische
Versicherungsgericht erklärte sich B.________ mit der im
Entscheid vom 17. November 1999 zugesprochenen Parteient-
schädigung einverstanden und ersuchte um Verfahrenserle-
digung "in diesem Sinne". Das Bundesamt für Militärver-
sicherung teilte seinerseits mit Brief vom 9. Dezember 1999
mit, es akzeptiere den Entscheid vom 17. November 1999.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Nach einem allgemeinen prozessualen Grundsatz
kommt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde als ordentlichem
Rechtsmittel Devolutiveffekt zu. Das bedeutet, dass mit
Einlegung des Rechtsmittels die Streitsache an die funktio-
nell übergeordnete Rechtsmittelinstanz geht. Die obere
Instanz wird damit zuständig, sich mit der Angelegenheit zu
befassen; auf der anderen Seite verliert die Vorinstanz mit
der Überwälzung der Zuständigkeit die Befugnis, sich der
Sache als Rechtspflegeinstanz anzunehmen, beispielsweise
ihren Entscheid in Ansehung der Rechtsmittelvorbringen zu
ändern (BGE 125 V 348 Erw. 2b/aa mit Hinweisen). Das Bun-
desrechtspflegegesetz kennt keine auf das Verwaltungsge-
richtsbeschwerdeverfahren anwendbare Bestimmung, welche den
Devolutiveffekt in gleicher Weise wie Art. 58 VwVG für das
Verwaltungsbeschwerdeverfahren einschränken würde.
Ein nach der Einreichung einer Verwaltungsgerichts-
beschwerde ergehender neuer Entscheid der Vorinstanz ist
nichtig, es kommt ihm lediglich die Bedeutung eines Antrags
an das Eidgenössische Versicherungsgericht zu (BGE 109 V
236 Erw. 2, ARV 1998 Nr. 35 S. 198 Erw. 1b). In diesem
Zusammenhang ist an das lateinische Rechtssprichwort "lata
sententia iudex desinit iudex esse" zu erinnern, wonach der
Richter ab dem Zeitpunkt der Verkündung seines Urteils auf
dieses nicht mehr zurückkommen kann (BGE 122 I 99 Erw.
3a/bb; RKUV 1997 Nr. U 288 S. 444 Erw. 2b/cc; abweichend:
BGE 121 IV 66).
b) Vorliegend hat die Vorinstanz nach Kenntnisnahme
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 4. November 1999
gestützt auf die darin vorgebrachte Begründung mit Ent-
scheid vom 17. November 1999 jenen vom 22. September 1999
aufgehoben und über die Parteientschädigung neu befunden.
Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen kommt diesem
Entscheid lediglich die Bedeutung eines Antrags an das
Eidgenössische Versicherungsgericht zu.
c) Nach Art. 106 Abs. 2 lit. g MVG hat die im kantona-
len Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf eine Partei-
entschädigung. Nachdem beide Parteien die von der Vorin-
stanz im Entscheid vom 17. November 1999 auf Fr. 1400.-
zuzüglich 7,5 % Mehrwertsteuer festgesetzte Parteientschä-
digung in quantitativer Hinsicht als angemessen anerkennen,
und da zudem gemäss BGE 122 V 278 der Entschädigungsan-
spruch auch einem durch S.________ vertretenen Beschwerde-
führer zusteht, setzt das Eidgenössische Versicherungsge-
richt die dem Beschwerdeführer für das kantonale Verfahren
zustehende Parteientschädigung auf den genannten Betrag
fest.
2.- Da nicht Versicherungsleistungen streitig sind,
ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 e contrario).
Die Gerichtskosten gehen zulasten der Militärversicherung
(Art. 156 Abs. 1 OG; vgl. BGE 123 V 156), welche zudem dem
obsiegenden Beschwerdeführer eine Parteientschädigung für
das letztinstanzliche Verfahren zu leisten hat (Art. 159
Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
Ziffer 3 des Dispositivs des Entscheids des Verwal-
tungsgerichts des Kantons Thurgau vom 22. September
1999 aufgehoben und dem Beschwerdeführer für das kan-
tonale Beschwerdeverfahren zulasten des Bundesamtes
für Militärversicherung eine Parteientschädigung von
Fr. 1400.- zuzüglich 7,5 % Mehrwertsteuer zuerkannt.
II. Es wird die Nichtigkeit des Entscheids des Verwal-
tungsgerichts des Kantons Thurgau vom 17. November
1999 festgestellt.
III. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Bundesamt
für Militärversicherung auferlegt. Der vom Beschwerde-
führer geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird
diesem zurückerstattet.
IV. Das Bundesamt für Militärversicherung hat dem Be-
schwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössi-
schen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.
V. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungs-
gericht des Kantons Thurgau zugestellt.
Luzern, 9. Mai 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: