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Original
 
[AZA]
H 119/99 Ge
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer;
Gerichtsschreiberin Fleischanderl
Urteil vom 9. Mai 2000
in Sachen
P.________, 1947, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt M.________,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17,
Zürich, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
In Erwägung
,
dass die Ausgleichskasse des Kantons Zürich P.________
mit Verfügungen vom 7. Dezember 1995 zur Bezahlung
persönlicher Sozialversicherungsbeiträge für die Jahre
1990/1991 von je Fr. 38'760.- (zuzüglich Verwaltungskosten)
sowie für die Perioden 1992/1993 und 1994/1995 von
Fr. 207'916.80 pro Jahr (zuzüglich Verwaltungskosten) ver-
pflichtete, dies gestützt auf Meldungen des Kantonalen
Steueramtes Zürich, wonach P.________ in den massgeblichen
Berechnungsperioden aus gewerbsmässigem Liegenschaftshandel
Nebenerwerbseinkommen von durchschnittlich je Fr. 408'000.-
(1987/1988) sowie Fr. 2'188'600.- pro Jahr (1989/1990 und
1991/1992) erzielt habe,
dass das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
mit Entscheid vom 9. März 1999 die Beschwerde gegen die
Verfügung betreffend die Beitragsjahre 1990/1991 abwies,
diejenige gegen die Verfügung betreffend die Beitragsperio-
de 1992/1993 guthiess mit der Feststellung, das beitrags-
pflichtige Einkommen sei auf je Fr. 213'000.- zu reduzie-
ren, und jene gegen die Verfügung betreffend die Jahre
1994/1995 ebenfalls guthiess und feststellte, es sei ledig-
lich der Mindestbeitrag geschuldet,
dass P.________ mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
geltend machen lässt, für die Beitragszeit vom 1. Juni 1991
bis 30. November 1995 seien die Beiträge "gemäss den Verfü-
gungen der Ausgleichskasse AHV Y.________ zu beziehen";
eventuell sei das beitragspflichtige Einkommen für die
Beitragsperioden 1990/1991, 1992/1993 sowie 1994/1995 um
das in den Berechnungsjahren erzielte Einkommen aus unse-
lbstständiger Erwerbstätigkeit zu reduzieren,
dass die Ausgleichskasse des Kantons Zürich vernehm-
lassungsweise insoweit auf Gutheissung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde schliesst, als sie die Aufhebung ihrer
Verfügungen vom 7. Dezember 1995 betreffend die Beitrags-
zeit vom 1. Juni 1991 bis 31. Dezember 1995 beantragt,
dass sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht
hat vernehmen lassen,
dass im vorliegenden Fall keine Versicherungsleistun-
gen streitig sind und das Eidgenössische Versicherungsge-
richt daher nur zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Bundes-
recht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen fest-
gestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104
lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG),
dass im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG die Möglichkeit,
im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Be-
weismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt ist
(BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinwei-
sen), wobei es namentlich unzulässig und mit der weit ge-
henden Bindung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts an
die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gemäss
Art. 105 Abs. 2 OG unvereinbar ist, neue tatsächliche Be-
hauptungen und neue Beweismittel erst im letztinstanzlichen
Verfahren vorzubringen, obwohl sie schon im kantonalen Be-
schwerdeverfahren hätten geltend gemacht werden können
(BGE 121 II 100 Erw. 1c; AHI 1994 S. 211 Erw. 2b mit Hin-
weisen),
dass der Beschwerdeführer letztinstanzlich unter ande-
rem die Beitragsverfügungen der Ausgleichskasse Y.________
vom 16. März 1999 auflegen lässt,
dass diese Verfügungen nach dem vorinstanzlichen Ent-
scheid vom 9. März 1999 erlassen wurden und demnach im kan-
tonalen Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht werden konn-
ten, weshalb sie entgegen der Auffassung der Beschwerdegeg-
nerin keine unzulässigen Noven darstellen und das Eidgenös-
sische Versicherungsgericht sie zu berücksichtigen hat,
dass der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die
Beitragsverfügungen der Ausgleichskasse Y.________ vom 16.
März 1999 sinngemäss die Zuständigkeit der Beschwerde-
gegnerin zur Beitragserhebung für die Zeit vom 1. Juni 1991
bis 30. November 1995 bestreitet,
dass gemäss Art. 64 AHVG alle Arbeitgeber und Selbst-
ständigerwerbenden den Verbandsausgleichskassen angehören,
die Mitglied eines Gründerverbandes sind (Abs. 1 Satz 1),
und alle Arbeitgeber und Selbstständigerwerbenden, die kei-
nem Gründerverband einer Verbandsausgleichskasse angehören,
den kantonalen Ausgleichskassen angeschlossen werden
(Abs. 2),
dass nach Art. 117 Abs. 4 AHVV Arbeitgeber und Selbst-
ständigerwerbende nur einer Ausgleichskasse angehören kön-
nen,
dass der Beschwerdeführer unbestrittenermassen vom
1. Juni 1991 bis 30. November 1995 den Gastbetrieb
X.________ als Inhaber geführt und die Ausgleichskasse
Y.________ mit Verfügungen vom 16. März 1999 Beiträge auf
dem daraus erzielten Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit erhoben hat,
dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1987 bis 1992
nebenerwerblich einen gewerbsmässigen Liegenschaftshandel
betrieben hat und mit Verfügungen vom 7. Dezember 1995 auf
dem hiebei erwirtschafteten Einkommen aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit Beiträge für die Jahre 1990 bis 1995 durch
die Beschwerdegegnerin festgesetzt wurden,
dass die Vorinstanz auf Grund der ihr von der Be-
schwerdegegnerin mit Eingabe vom 3. März 1999 zugestellten
Meldungen des Kantonalen Steueramtes Zürich für die Bei-
tragsjahre 1994/1995 sowie 1996/1997 um den vom Beschwer-
deführer in der Zeit vom 1. Juni 1991 bis 30. November 1995
geführten Restaurationsbetrieb im Tessin und dessen Zugehö-
rigkeit zur Ausgleichskasse Y.________ Kenntnis hatte,
dass das kantonale Gericht deshalb von Amtes wegen
vorfrageweise die Zuständigkeit der verfügenden Ausgleichs-
kasse bzw. die Kassenzugehörigkeit zu prüfen gehabt hätte
(Art. 85 Abs. 2 lit. d AHVG; in BGE 107 V 68 nicht veröf-
fentlichte Erw. 2 des Urteils C. vom 6. April 1981,
H 176/79 [= ZAK 1982 S. 83 f. Erw. 2], bestätigt in den
nicht publizierten Urteilen S. vom 18. Juni 1996, H 53/96,
und C. vom 25. April 1996, H 117/95),
dass diese Rechtslage im angefochtenen Entscheid nicht
berücksichtigt wird, dieser folglich aufzuheben und die Sa-
che zur Prüfung der Zuständigkeitsfrage an die Vorinstanz
zurückzuweisen ist,
dass das vorliegende Verfahren kostenpflichtig ist
(Art. 134 OG e contrario) und die Gerichtskosten auf Grund
der Anträge der Beschwerde führenden Partei, gemessen am
Ergebnis der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheides
- ohne Rücksicht auf die Anträge der Gegenpartei - der Be-
schwerdegegnerin aufzuerlegen sind (Art. 156 Abs. 1 in Ver-
bindung mit Art. 135 OG; BGE 123 V 156 Erw. 3),
dass die Beschwerdegegnerin dem anwaltlich vertretenen
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten hat
(Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG),
erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversiche-
rungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. März 1999 auf-
gehoben und die Sache an dieses zurückgewiesen wird,
damit es im Sinne der Erwägungen verfahre.
II. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.- werden der Aus-
gleichskasse des Kantons Zürich auferlegt.
III. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 15'000.- wird
dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
IV.Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich hat dem Be-
schwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössi-
schen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.
V.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 9. Mai 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: