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Original
 
[AZA]
I 524/99 Gi
II. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
Gerichtsschreiberin Hofer
Urteil vom 11. April 2000
in Sachen
D.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsan-
walt B.________,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich,
Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- Die 1950 geborene D.________ war seit 1981 als
Serviceangestellte in der F.________ Restaurant AG, tätig.
Nach mehreren Arbeitsausfällen wegen Kreuz- und Rückenpro-
blemen reduzierte sie ab Juni 1991 die Erwerbstätigkeit auf
50 %.
Die Versicherte meldete sich am 4. Juli 1991 erstmals
zum Leistungsbezug an. Die Invalidenversicherungs-Kommis-
sion des Kantons Zürich klärte die medizinischen und wirt-
schaftlichen Verhältnisse ab und ermittelte gestützt auf
die eingeholten Unterlagen mit Beschluss vom 26. Oktober
1992 einen Invaliditätsgrad von 50 %. Die Ausgleichskasse
Wirte setzte mit Verfügung vom 29. Januar 1993 rückwirkend
ab 1. April 1992 eine halbe Invalidenrente fest.
Am 8. Juli 1994 stellte D.________ sinngemäss ein Re-
visionsgesuch, mit welchem sie eine Zunahme der Beschwerden
wegen eines im August 1993 erlittenen Verkehrsunfalles gel-
tend machte. Die IV-Stelle des Kantons Zürich zog die Akten
der Zürich Versicherungen bei. Zudem holte sie nebst Aus-
künften der Arbeitgeberfirma vom 18. August 1994 die Attes-
te des Hausarztes Dr. med. B.________ vom 2. August und
8. November 1994 ein. Ferner liess sie die Versicherte
durch Dr. med. S.________, Psychiatrie und Psychotherapie
(Bericht vom 2. Januar 1996), und die Ärzte des Spitals,
X.________, Rheumaklinik und Institut für Psychiatrische
Medizin (Bericht vom 7. August 1996), begutachten. Gestützt
auf das Ergebnis der Abklärungen ermittelte sie einen Inva-
liditätsgrad von 22 %, was sie D.________ mit Vorbescheid
vom 4. Februar 1997 eröffnete. Nach Stellungnahme durch die
Versicherte erliess die IV-Stelle am 21. April 1997 eine
Verfügung, mit welcher sie den Anspruch auf eine Invaliden-
rente verneinte und die bisher zur Ausrichtung gelangte
halbe Rente auf Ende des folgenden Monats aufhob.
B.- D.________ liess dagegen beim Sozialversicherungs-
gericht des Kantons Zürich Beschwerde einreichen mit dem
Antrag, in Aufhebung der Verfügung der IV-Stelle sei ihr
weiterhin eine Invalidenrente zu gewähren; eventuell sei
ein orthopädisches Gutachten einzuholen. Zudem reichte sie
die Stellungnahme der Rheuma- und Rehabilitations-Klinik
Y.________ vom 17. Juni 1997 ein. In teilweiser Gutheissung
der Beschwerde hob das kantonale Gericht die Verfügung auf
und verpflichtete die IV-Stelle, der Versicherten auch über
den 30. April 1997 hinaus eine halbe Invalidenrente auszu-
richten (Entscheid vom 1. Juli 1999).
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________
beantragen, Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Ent-
scheids sei aufzuheben, und es sei ihr eine ganze Invali-
denrente zuzusprechen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für
Sozialversicherung nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat die massgeblichen Bestimmungen
über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und
1 bis IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades (Art. 28
Abs. 2 IVG) sowie die Grundsätze zu den bei der Revision im
Sinne von Art. 41 IVG miteinander zu vergleichenden Sach-
verhalten (BGE 109 V 265 Erw. 4a, 106 V 87 Erw. 1a, 105 V
30; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b) und
zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der Invalidi-
tätsschätzung (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105
V 158 Erw. 1) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen
werden.
2.- Das kantonale Gericht gelangte in zutreffender
Würdigung der medizinischen Unterlagen zum Schluss, dass
die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin neben
der im Wesentlichen unverändert gebliebenen Rückenproblema-
tik nunmehr durch eine depressive Entwicklung zusätzlich
belastet wird. In den der Verfügung vom 29. Januar 1993 zu-
grunde gelegenen Berichten gingen die beteiligten Ärzte von
einer Arbeitsfähigkeit von 50 % im angestammten Beruf als
Serviceangestellte aus. Demgegenüber beurteilte Dr. med.
S.________ in seinem Bericht vom 2. Januar 1996 die Ein-
schränkung der Arbeitsfähigkeit aus psychischen Gründen mit
30 %, und zwar sowohl für die bisher ausgeübte Tätigkeit
wie auch für jede andere Beschäftigung. Die Ärzte des Spi-
tals X.________ veranschlagten die Arbeitsfähigkeit gemäss
Expertise vom 7. August 1996 aus rheumatologischer Sicht
für alle körperlich leichten bis mittelschweren Arbeiten in
wechselnden Positionen auf 100 %, während für den Service-
beruf - unter Berücksichtigung der psychisch bedingten Be-
einträchtigung - von einer Arbeitsfähigkeit von 70 % auszu-
gehen sei. Soweit die Mediziner der Rheuma- und Rehabilita-
tions-Klinik Y._______ die Arbeitsunfähigkeit auf 50 % (Be-
richt vom 17. Juni 1997) und der Hausarzt gar auf 66 2/3 %
(Arztbericht vom 2. August 1994) festgelegt haben, kann da-
rauf nicht abgestellt werden, weil diese Einschätzungen
nicht nach der Art der Beschäftigung differenzieren. Wenn
die Vorinstanz bei diesen Gegebenheiten von einer 70 %igen
Arbeitsfähigkeit für körperlich leichte bis mittelschwere
Tätigkeiten in wechselnden Positionen ausging, lässt sich
dies nicht beanstanden.
3.- Von ausschlaggebender Bedeutung für den Renten-
anspruch der Beschwerdeführerin ist die Frage, ob mit der
Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation so erhebli-
che erwerbliche Auswirkungen einhergehen, dass die Invali-
dität den - Anspruch auf eine ganze Rente begründenden -
Grenzwert von 66 2/3 % erreicht. Dabei ist für den im Rah-
men der Invaliditätsbemessung vorzunehmenden Einkommensver-
gleich (Art. 28 Abs. 2 IVG) nicht die Berufsunfähigkeit
massgebend, sondern die gesundheitsbedingte Erwerbsunfähig-
keit (Art. 4 IVG), verstanden als das Unvermögen, auf dem
gesamten für die Versicherte in Frage kommenden Arbeits-
markt die verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise
wirtschaftlich zu verwerten (BGE 121 V 331 Erw. 3b, 109 V
29).
a) Das kantonale Gericht hat das Valideneinkommen auf
Fr. 76'674.- festgesetzt. Dieser Betrag entspricht dem von
der Beschwerdeführerin als Serviceangestellte 1991 erziel-
ten Einkommen von Fr. 68'653.- (= Fr. 5281.- x 13) unter
Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung bis 1996. Die-
ser Betrag wird von keiner Seite bestritten.
b) Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist die
Vorinstanz auf Grund der so genannten DAP-Erhebungen von
einem Einkommen von Fr. 45'754.- ausgegangen, welches sie
im Hinblick darauf, dass die Versicherte auch bei einer
geeigneten leichten bis mittelschweren Tätigkeit nicht mehr
voll leistungsfähig sei, reduziert und entsprechend auf
Fr. 32'028.- veranschlagt hat (70 % von Fr. 45'754.-). Aus
der Gegenüberstellung mit dem Valideneinkommen ergab sich
daraus ein Invaliditätsgrad von 58 %.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die Massgeblichkeit
der DAP-Erhebungen für den Einkommensvergleich. Dem ist
entgegenzuhalten, dass Arbeitsplatzerhebungen durchaus eine
geeignete Grundlage für den Einkommensvergleich darstellen.
Mit den angegebenen Verweisungstätigkeiten hat die Verwal-
tung berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin nur über
geringe berufliche Fähigkeiten, insbesondere über keine
kaufmännische Ausbildung, verfügt. Bei den vergleichsweise
genannten Tätigkeiten wie Mitarbeiterin in der Etikettie-
rung, Hefterin/Biegerin oder Kassierin/Buffet handelt es
sich um leichtere körperliche Arbeiten, welche der Versi-
cherten durchaus zumutbar sind. Bei der Festsetzung des In-
valideneinkommens ist zu beachten, dass die Beschwerdefüh-
rerin nach medizinischer Einschätzung in einer geeigneten
Tätigkeit zu 70 % arbeitsfähig wäre. Zu einem weitergehen-
den Abzug, wie ihn die Rechtsprechung unter bestimmten Vo-
raussetzungen als zulässig erachtet hat (RKUV 1998 Nr.
U 304 S. 372), besteht kein Anlass, zumal die Versicherte
nicht auf eine leichte Beschäftigung angewiesen ist, son-
dern nach ärztlicher Einschätzung durchaus auch mittel-
schwere Tätigkeiten verrichten kann. Zudem gingen Verwal-
tung und Vorinstanz nicht von so genannten Tabellenlöhnen,
sondern von konkreten Lohnangaben aus. Des Weitern ist im
Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin in einer ge-
eigneten Tätigkeit immerhin zu 70 % arbeitsfähig wäre,
nicht anzunehmen, dass sie als Teilinvalide eine erhebli-
che, über die verminderte Arbeitsfähigkeit hinausgehende
Erwerbseinbusse in Kauf zu nehmen hätte.
Würde das Invalideneinkommen auf Grund der Tabellen-
löhne berechnet (Schweizerische Lohnstrukturerhebung [LSE]
1996, Tabelle TA 1), ergäbe dies, ausgehend vom Medianwert
des monatlichen Bruttolohnes (Zentralwert) für Frauen in
einfachen und repetitiven Tätigkeiten (Anforderungsni-
veau 4) und unter Hochrechnung von 40 auf 41.9 Wochen-
stunden (BGE 124 V 323 Erw. 3b/aa mit Hinweis auf LSE 1994
S. 42) Fr. 3619.- im Monat oder Fr. 43'428.- (Fr. 3619.-
x 12) im Jahr und somit bei 70 %iger Leistungsfähigkeit
Fr. 30'400.-. Gemäss Rechtsprechung wird dem Umstand, dass
gesundheitlich beeinträchtigte Personen, die selbst bei
leichten Hilfsarbeitertätigkeiten behindert sind, im Ver-
gleich zu voll leistungsfähigen und entsprechend einsetzba-
ren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern lohnmässig benach-
teiligt sind und deshalb in der Regel mit unterdurch-
schnittlichen Lohnansätzen rechnen müssen, durch einen Ab-
zug von bis zu 25 % vom Medianwert des herangezogenen Ta-
bellenlohnes Rechnung getragen (BGE 124 V 323 Erw. 3b/bb;
nicht publizierte Erw. 4b des Urteils BGE 114 V 310; AHI
1998 S. 177 Erw. 3a). Dabei kommt der Abzug von 25 % nicht
generell und in jedem Fall zur Anwendung. Vielmehr ist an-
hand der gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles zu
prüfen, ob und in welchem Ausmass das hypothetische Einkom-
men als invalide Person zusätzlich reduziert werden muss
(AHI 1998 S. 177 Erw. 3a). In diesem Zusammenhang kann auch
berücksichtigt werden, dass Teilzeitbeschäftigte in der
Regel überproportional weniger verdienen als Vollzeitange-
stellte (Tabelle 13* der LSE 1994, S. 30; AHI 1998 S. 292
Erw. 3b, 178 Erw. 4b). So beträgt beispielsweise die Lohn-
einbusse für Arbeiten im niedrigsten Anforderungsprofil
zwischen einem Beschäftigungsgrad von mehr als 90 %
(Fr. 3951.-) und einem solchen von 75 % und mehr als 50 %
(Fr. 3553.-) 10 %. Ob die Versicherte eine Teilzeitbeschäf-
tigung im Umfang von 70 % ausüben soll oder ob ihr vielmehr
eine Vollbeschäftigung, jedoch mit entsprechend reduzierter
Leistungsfähigkeit zumutbar ist, lässt sich den medizini-
schen Unterlagen nicht entnehmen, braucht aber auch nicht
abschliessend geklärt zu werden. Denn selbst unter Berück-
sichtigung einer allfälligen Verdiensteinbusse zufolge
Teilzeitarbeit und der verminderten Einsetzbarkeit in einer
leidensangepassten Tätigkeit erscheint ein Abzug vom Tabel-
lenlohn in der Höhe von insgesamt 10 % - wie er von der Be-
schwerdeführerin als Minimalabzug geltend gemacht wird -
als angemessen. Daraus resultiert ein jährliches hypotheti-
sches Invalideneinkommen von Fr. 27'360.-. Stellt man das
so ermittelte Invalideneinkommen dem Valideneinkommen von
Fr. 76'764.- gegenüber, erreicht die Erwerbseinbusse rund
64 %.
Daraus folgt, dass selbst bei Zugrundelegung der für
die Beschwerdeführerin günstigeren Annahme der Invalidi-
tätsgrad jedenfalls 66 2/3 % nicht erreicht hat, sodass
kein Anspruch auf eine Invalidenrente besteht.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
rungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse
Gastrosuisse und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 11. April 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: