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Original
 
[AZA]
H 47/00 Vr
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
Gerichtsschreiber Hadorn
Urteil vom 3. April 2000
in Sachen
Dr. med. K.________, 1942, Beschwerdeführer, vertreten
durch die Treuhand X.________,
gegen
Ausgleichskasse der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, Oberer
Graben 37, St. Gallen, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
Mit Verfügung vom 17. September 1999 setzte die Aus-
gleichskasse der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte die per-
sönlichen Beiträge des selbstständig Erwerbstätigen Dr.
med. K.________ für die Beitragsperiode 1998/99 im ordent-
lichen Verfahren auf Fr. 90'088.80 zuzüglich Fr. 495.50
Verwaltungskosten pro Jahr fest.
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher
K.________ eine Gegenwartsbemessung ab 1. Januar 1998 ver-
langte, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 30. November 1999 ab.
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen
und erneut beantragen, es sei ab 1. Januar 1998 eine Zwi-
schentaxation vorzunehmen.
Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Stellungnahme.
Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht ver-
nehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Da keine Versicherungsleistungen streitig sind,
hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen,
ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt, ein-
schliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens,
oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich
unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2
OG).
Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das
Eidgenössische Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten
an die Parteibegehren nicht gebunden ist, wenn es im Pro-
zess um die Verletzung von Bundesrecht oder um die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts
geht.
2.- a) Streitig ist, ob die persönlichen Beiträge für
die Periode 1998/99 im ordentlichen (Vergangenheitsbemes-
sung) oder im ausserordentlichen Verfahren (Gegenwartsbe-
messung) festzusetzen sind.
b) Das kantonale Gericht hat die massgebenden Rechts-
grundlagen zum ordentlichen und ausserordentlichen Ver-
fahren der Beitragsfestsetzung (Art. 22 und Art. 25 Abs. 1
AHVV) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 120 V
161; ZAK 1992 S. 474) richtig dargelegt. Darauf wird ver-
wiesen. Zu ergänzen ist, dass Art. 25 Abs. 1 AHVV nach der
Praxis eine Ausnahmebestimmung darstellt, welche nicht ex-
tensiv ausgelegt werden darf (BGE 98 V 247, 96 V 64; ZAK
1981 S. 256 Erw. 3c). Dies bedeutet indessen nicht, dass
Art. 25 AHVV die Anwendung zu versagen ist, wenn seine Vo-
raussetzungen erfüllt sind (BGE 113 V 178).
3.- a) Der Beschwerdeführer ist seit längerer Zeit als
selbstständig erwerbstätiger Spezialarzt an der privaten
Klinik Y.________ tätig. Mit dem Inkrafttreten des neuen
KVG, namentlich dessen Art. 41, erlitt er unbestritte-
nermassen erhebliche Einkommensverluste. Denn nach der
erwähnten Bestimmung besteht die Ausgleichspflicht des
Wohnkantons bei teilstationärer und stationärer Behandlung
von Kantonseinwohnern in einem ausserkantonalen Spital aus
medizinischen Gründen nur bei Inanspruchnahme eines öffent-
lichen oder öffentlich subventionierten Spitals, nicht aber
bei Behandlung in einer privaten, nicht öffentlichen oder
nicht öffentlich subventionierten Klinik. Vor allem die
Kantone St. Gallen und Graubünden haben ihre Verträge mit
der Klinik Y.________ gekündigt und überweisen seither ihre
Herzpatienten nicht mehr dorthin, sondern an das öffentli-
che Spital Z.________. Dadurch verzeichnete die Klinik
Y.________ einen Rückgang an Patienten, was für den
Beschwerdeführer den erwähnten Einkommensverlust zur Folge
hatte.
b) Die Vorinstanz anerkannte einen Erwerbsrückgang von
mehr als 25 %, erwog jedoch, dass der Beschwerdeführer nach
wie vor als selbstständiger Arzt an der erwähnten Klinik
auf dem Gebiet der Herzchirurgie tätig sei. Insbesondere
die Kostenstruktur seiner Praxis habe sich nicht verändert.
Daher seien die Grundlagen der wirtschaftlichen Betätigung
gleich geblieben. Der Verlust eines Vertragspartners sei im
Wirtschaftsleben ein gewöhnlicher Vorgang, und die Abnahme
der Patientenzahlen sei vergleichbar mit dem Rückgang von
Kunden wegen schlechter Wirtschaftslage. Dies rechtfertige
keine Gegenwartsbemessung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 AHVV.
Die Kündigung eines Zusammenarbeitsvertrages der Klinik mit
einem Kanton stelle ebenso wenig einen Grund für eine Zwi-
schentaxation dar wie der Abschluss eines solchen noch nie
zu einer Zwischenveranlagung geführt habe. Der Kanton
St. Gallen habe überdies ursprünglich beabsichtigt, selber
eine herzchirurgische Abteilung an seinem Kantonsspital
einzurichten. Zwar sei diese Vorlage in der Volksabstimmung
gescheitert. Bei deren Annahme hätte der Beschwerdeführer
ebenfalls Patienten verloren, ohne dass dies einen Grund
für eine Zwischenveranlagung abgegeben hätte. Im Übrigen
sei das vorliegende Verfahren nicht der richtige Ort, um
über die aktuelle Gesundheitspolitik zu urteilen.
Hiegegen wendet der Beschwerdeführer im Wesentlichen
ein, der Vergleich mit der verschlechterten Konjunkturlage
sei falsch, da vorliegend gesetzliche Bestimmungen und
politische Entscheide, welche nicht beeinflussbar seien,
zum Einkommensverlust geführt hätten. Dieser Verlust sei
dauernd; ein Ausweichen auf ein anderes medizinisches Ge-
biet sei ihm als Herzspezialisten kaum möglich. Zwar be-
schäftige er nach wie vor eine Sekretärin und eine tech-
nische Operations-Assistentin. Dieses Personal lasse sich
jedoch nicht reduzieren, und zwar unabhängig von seiner
Auslastung.
c) Der Einkommensverlust des Beschwerdeführers ist
unbestritten. Er ist auf die geänderte Rechtslage im
Bereich der Krankenversicherung zurückzuführen. Insofern
ist der Vergleich mit der verschlechterten Konjunkturlage
nicht ohne weiteres schlüssig. Indessen braucht dieser
Punkt nicht abschliessend geprüft zu werden. Im nicht
veröffentlichten Urteil K. vom 3. Juli 1998 (H 109/97)
hatte das Eidgenössische Versicherungsgericht ebenfalls
über das Gesuch eines Arztes um Umstellung auf Gegenwarts-
bemessung zu befinden. Dieser erlitt einen Einnahmenverlust
von mehr als 40 %, weil er auf Grund einer Gesetzesänderung
die Selbstdispensation von Medikamenten nicht mehr ausüben
durfte, somit seine Privatapotheke aufgeben und auf die
entsprechenden Einkünfte verzichten musste. Dabei verwies
das Gericht auf die bisherige Praxis (ZAK 1952 S. 50; nicht
veröffentlichte Urteile M. vom 24. Oktober 1988, H 134/87,
und K. vom 17. September 1982, H 112/81), wonach auch bei
Einkommenseinbussen auf Grund von Rechtsänderungen das Vor-
liegen einer strukturellen Änderung mit strengem Massstab
geprüft wird.
d) Gemäss dieser Rechtsprechung, von welcher abzuwei-
chen kein Anlass besteht, muss auch hier ungeachtet der
klar erwiesenen Einkommensverluste geprüft werden, ob die
Tätigkeit des Beschwerdeführers eine strukturelle Änderung
erfahren hat. Dies ist nicht der Fall. Der Beschwerdeführer
weist denn auch nicht nach, inwiefern sich die Struktur
seiner Praxis geändert hätte. Er beschäftigt noch die sel-
ben Personen wie bisher und führt seine Tätigkeit weiterhin
in der selben Weise aus. Dass sein Personal möglicherweise
nicht mehr voll ausgelastet ist, ändert nichts daran, dass
keine strukturelle Änderung eingetreten ist. Damit liegt
trotz der Einkommenseinbusse kein Grund für eine Gegen-
wartsbemessung vor.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Die Gerichtskosten von total Fr. 4000.- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten
Kostenvorschuss verrechnet.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 3. April 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: