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Original
 
[AZA]
I 419/99 Ge
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer;
Gerichtsschreiber Grünvogel
Urteil vom 22. März 2000
in Sachen
C.________, 1945, Beschwerdeführer, vertreten durch
Advokatin M.________,
gegen
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, Basel, Beschwerde-
gegnerin,
und
Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die
IV-Stellen, Basel
A.- Der 1945 geborene C.________ meldete sich am
17. September 1995 bei der Invalidenversicherung wegen seit
längerer Zeit bereits bestehender Rückenschmerzen zum Leis-
tungsbezug an. Die IV-Stelle Basel-Stadt holte zahlreiche
Arztberichte ein, worunter sich u.a. Stellungnahmen der
Rheumathologischen Klinik X.________ vom 3. Juni 1996, des
Departements Innere Medizin, Abteilung für Psychosomatik
des Spitals Y.________, vom 23. Juli 1997, des Psychiaters
Dr. F.________ vom 24. Oktober und 25. November 1997 sowie
der Klinik X._______ vom 10. März 1998 befanden. Gestützt
darauf sprach die IV-Stelle C.________ mit Wirkung ab
1. Mai 1996 eine halbe Invalidenrente zu (Verfügung vom
12. Juni 1998).
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies die Kantona-
le Rekurskommission für Ausgleichskassen und die IV-Stellen
Basel-Stadt mit Entscheid vom 21. Mai 1999 ab, nachdem sie
die von der IV-Stelle nachträglich eingeholten Berichte der
Klinik Z.________ für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten,
vom 10. September 1998 sowie des Spitals Y.________,
Bereich Innere Medizin, vom 15. Dezember 1998 beigezogen
hatte.
C.- C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheids und der Verfügung vom 12. Juni 1998 sei ihm eine
ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventuell sei die Ange-
legenheit zur Durchführung einer multidisziplinären Unter-
suchung an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für
Sozialversicherung nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die kantonale Rekurskommission hat die gesetz-
lichen Bestimmungen und Grundsätze über den Umfang des Ren-
tenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis IVG) sowie die
Ermittlung des Invaliditätsgrads nach der Einkommensver-
gleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a
und b) zutreffend dargelegt. Entsprechendes gilt auch für
die Ausführungen zur den ärztlichen Stellungnahmen bei der
Ermittlung des Invaliditätsgrads zukommenden Bedeutung (BGE
114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1; vgl. auch BGE 115 V
134 Erw. 2) sowie zum Beweiswert und zur richterlichen Wür-
digung von medizinischen Berichten und Gutachten (vgl. BGE
125 V 351, 122 V 160 Erw. 1c). Darauf kann verwiesen wer-
den.
2.- Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs rügt, weil die Vorinstanz den von ihr
eingeholten Bericht des Kantonsspitals Basel vom 15. De-
zember 1998 in ihre Entscheidbegründung einbezogen hatte,
ohne diesen dem Versicherten vorgängig zur Kenntnis und
Stellungnahme gebracht zu haben, gilt diese Verletzung
letztinstanzlich als geheilt. Denn dieser Bericht diente
dem kantonalen Gericht primär zur Vervollständigung des
Sachverhaltes und wurde nicht zu einem wesentlichen Punkt
der Beurteilung gemacht, sodass nicht von einer besonders
schwerwiegenden Gehörsverletzung gesprochen werden kann,
die nicht wieder dadurch gutgemacht werden konnte, dass
sich der Beschwerdeführer in der Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde zum Inhalt dieses Gutachtens nachträglich äussern
konnte (vgl. BGE 125 V 371 Erw. 4c/aa, 124 V 183 Erw. 4a,
120 V 362 Erw. 2a, je mit Hinweisen).
3.- Die Vorinstanz ist in Würdigung der medizinischen
Unterlagen davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer
leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens im Umfang von
50 % einer Vollzeitstelle voll zugemutet werden können.
Diese Beurteilung der Restarbeitsfähigkeit ist präzi-
sierungsbedürftig. Gemäss der Stellungnahme der Rheumatho-
logischen Klinik X.________ vom 3. Juni 1996, welche durch
das Departement Innere Medizin, Abteilung für Psychosomatik
des Spitals Y.________, vom 23. Juli 1997 ausdrücklich
bestätigt wird, ist der Versicherte aus rheumatologischer
Sicht in einer leichten bis mittelschweren Arbeit nur
insoweit voll leistungsfähig, als es sich um wechselbe-
lastende Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten oder Arbeiten in
ausschliesslich kniender Position handelt. Eine weiterge-
hende, somatisch bedingte Einschränkung besteht sodann in-
soweit, als dem Versicherten wegen der funktionellen Ein-
äugigkeit keine ein räumliches Sehen oder Stereosehen
voraussetzende Tätigkeit zuzumuten ist (Bericht der Klinik
X.________ vom 10. März 1998). Da er weiter an einer
Innenohrschwerhörigkeit beidseits leidet (Bericht der
Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, vom
10. September 1998), ist er schliesslich für Arbeiten
ungeeignet, die besondere Hörfähigkeiten verlangen. Eine
derart verstandene somatische Restarbeitsfähigkeit kann der
Versicherte schliesslich gemäss der umfassenden und
überzeugenden Einschätzung des Psychiaters Dr. F.________
(Berichte vom 24. Oktober und 25. November 1997) wegen der
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (F45.4) mit sekun-
därer andauernder Persönlichkeitsveränderung (F62.8) ledig-
lich in einem Teilzeitpensum von (mindestens) 50 % umset-
zen. Insoweit ist die vorinstanzliche Einschätzung nicht zu
beanstanden.
Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ver-
tretenen Auffassung erlauben die einzelnen Fachberichte -
wie soeben dargetan - eine zuverlässige Beurteilung der
Restarbeitsfähigkeit zum Verfügungszeitpunkt (12. Juni
1998), worauf nach ständiger Rechtsprechung abzustellen ist
(BGE 121 V 366 Erw. 2b mit Hinweisen). Von ergänzenden Ab-
klärungen, insbesondere einer multidisziplinären Begutach-
tung des Versicherten, sind keine neuen Erkenntnisse über
den Gesundheitszustand zum massgebenden Zeitpunkt zu erwar-
ten, weshalb dem Eventualantrag auf Rückweisung zur Durch-
führung einer polydisziplinären Untersuchung nicht stattzu-
geben ist. Ebenso wenig besteht letztinstanzlich hinrei-
chender Anlass für weitere Abklärungen in dieser Richtung.
4.- Trotz der attestierten Einschränkungen verfügt der
Beschwerdeführer noch über eine beträchtliche Restarbeits-
fähigkeit, deren zumutbare Verwertbarkeit auf dem Arbeits-
markt ohne Weiteres bejaht werden kann. Zu denken ist etwa
an Kontroll- und Überwachungsfunktionen, leichtere Magazi-
ner-, Sortier-, Prüf-, und Verpackungsarbeiten sowie leich-
tere Arbeiten im Bereich der Reinigung. Zwar ist dem Be-
schwerdeführer beizupflichten, dass in diesem Spektrum Ar-
beitsstellen anzutreffen sind, die ein räumliches Sehen
oder Stereosehen erfordern und/oder in erster Linie auf
Weisungen (Schwerhörigkeit) auszuführen sind. Indessen kann
nicht gesagt werden, dies sei die Regel, sodass die aufge-
zeigten leichteren Arbeiten bloss noch theoretischer Natur
und im ausgeglichen unterstellten Arbeitsmarkt (Art. 28
Abs. 2 IVG) nicht mehr verbreitet wären.
5.- Zu beurteilen ist sodann, welche Einkünfte der
Beschwerdeführer bei Verrichtung der oben aufgezeigten Ver-
weisungstätigkeiten durchschnittlich zu erreichen vermöch-
te. Zu diesem Zweck ist in Übereinstimmung mit der Vorin-
stanz von dem in der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung
(LSE) 1996 des Bundesamtes für Statistik in der Tabelle TA1
ausgewiesenen durchschnittlichen Verdienst von Männern im
privaten Sektor für einfache und repetitive Tätigkeiten
auszugehen.
Danach betrug der Durchschnittslohn für eine derartige
Tätigkeit bei 40 Arbeitsstunden pro Woche Fr. 4294.- im Mo-
nat. Dieser Betrag ist an die durchschnittliche Arbeitszeit
1996 von 41,9 Stunden (Die Volkswirtschaft 1997, Heft 7,
Tabelle B 9.2) anzupassen, was die kantonale Rekurskommis-
sion übersehen hat. Daraus resultiert für 1996 ein Einkom-
men von Fr. 53'976.- (4294 x 12 Monate x 41.9 / 40). Da der
Beschwerdeführer aus psychischen Gründen nur zu 50 % ar-
beitsfähig ist, ist dieser Betrag entsprechend zu kürzen,
was Fr. 26'988.- ergibt. Von diesem Durchschnittseinkommen
ist angesichts der ärztlich attestierten Einschränkungen
bei der Verrichtung mittelschwerer und leichterer Arbeiten
sowie des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seine Ar-
beitsfähigkeit nur in einer Teilzeitarbeitsstelle optimal
umsetzen kann (siehe Erw. 3 hievor) und Teilzeitbeschäftig-
te in der Regel überproportional weniger als Vollzeitange-
stellte verdienen (LSE 1994 Ziff. 1.4.5 und Tabelle 13*
S. 30), ein Abzug vorzunehmen (vgl. BGE 124 V 323
Erw. 3b/bb mit Hinweisen; AHI 1999 S. 181 Erw. 3b, 1998
S. 177 Erw. 3a und S. 178 Erw. 4b, S. 292 Erw. 3b). Unter
Berücksichtigung sämtlicher Umstände erscheint die Annahme
eines um maximal 25 % verminderten Tabellenlohnes als an-
gemessen. Daraus ergibt sich ein Invalideneinkommen von
mindestens Fr. 20'241.- (26'988 x 0,75).
6.- Stellt man den Betrag von Fr. 20'241.- dem von
Verwaltung und Vorinstanz festgelegten und vom Beschwerde-
führer nicht in Frage gestellten hypothetischen Verdienst
ohne Gesundheitsschaden (Valideneinkommen) von Fr. 57'200.-
gegenüber, resultiert eine Erwerbseinbusse von knapp 65 %,
was den Anspruch auf eine ganze Rente ausschliesst. Der an-
gefochtene Entscheid hält damit im Ergebnis stand.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, der Kantonalen Re-
kurskommission für die Ausgleichskassen und die IV-
Stellen Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 22. März 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: