BGer 5P.53/2000
 
BGer 5P.53/2000 vom 09.03.2000
[AZA 0]
5P.53/2000/min
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
9. März 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Raselli und
Gerichtsschreiber Mazan.
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In Sachen
A.________, Beschwerdeführerin,
gegen
1. B.________,
2. C.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Künzli, Villa Bianchi, Brunnenstrasse 27, Postfach 1010, 8610 Uster 1,Kassationsgericht des Kantons Zürich,
betreffend
Art. 4 aBV (Dienstbarkeit),
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
1.-A.________ ist Miteigentümerin von zwei Grundstücken an der Strasse Y.________ in Uster. Über ein benachbartes Grundstück, welches im Miteigentum von B.________ und C.________ steht, führt aufgrund eines im Jahr 1922 begründeten Fuss- und Fahrwegrechtes eine Zufahrtsstrasse von der öffentlichen Strasse zu den Grundstücken von A.________.
Seit 1991 prozessieren die Parteien - zunächst auf Klägerseite nebst A.________ auch E.________ und auf Beklagtenseite die Rechtsvorgänger von B.________ und C.________ - über die Breite des Zugangs zu den Grundstücken von A.________.
Gegen ein erstes Urteil des Bezirksgerichtes Uster erklärten beide Parteien Berufung ans Obergericht. Eine von den damaligen Beklagten gegen das Obergerichtsurteil erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde hiess das Kassationsgericht gut, hob das Obergerichtsurteil auf und wies die Sache zur Neuentscheidung ans Obergericht zurück, worauf das Obergericht beschloss, die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Mit Urteil vom 3. Juni 1997 befahl das Bezirksgericht Uster B.________ und C.________, den Zufahrtsweg zu den Grundstücken von A.________ auf einer Breite von mindestens2. 65 m jederzeit von Autos und Hindernissen jeder Art freizuhalten.
Gegen dieses Urteil erklärte A.________ Berufung ans Obergericht. B.________ und C.________ erhoben einen Kostenrekurs. Nachdem das Obergericht das Rekursverfahren mit dem Berufungsverfahren vereinigt hatte, wurden in der Sache entsprechend dem Urteil des Bezirksgerichtes Uster B.________ und C.________ mit Urteil vom 10. November 1998 verpflichtet, den Zufahrtsweg zu den Grundstücken von A.________ auf einer Breite von mindestens 2.65 m jederzeit von Autos und Hindernissen jeder Art freizuhalten.
Gegen das Urteil des Obergerichtes vom 10. November 1998 erhob A.________ sowohl eidgenössische Berufung ans Bundesgericht als auch kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ans Kassationsgericht des Kantons Zürich. Mit Beschluss vom 18. Dezember 1999 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit darauf einzutreten war.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 31. Januar 2000 beantragt A.________ dem Bundesgericht, den Beschluss des Kassationsgerichtes des Kantons Zürich vom 18. Dezember 1999 aufzuheben. Auf die Einholung von Vernehmlassungen wurde verzichtet.
2.-Wird in der gleichen Streitsache gegen ein Urteil der kantonalen Berufungsinstanz eidgenössische Berufung und gegen einen Entscheid eines kantonalen Kassationsgerichtes staatsrechtliche Beschwerde erhoben, rechtfertigt es sich in der Regel, zunächst die staatsrechtliche Beschwerde zu behandeln.
Auch im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, von dieser Regel abzuweichen.
3.-Das Obergericht hat seinen Entscheid damit begründet, dass allein das Wegrecht die hinreichende Erschliessung der beiden Grundstücke der Beschwerdeführerin gewährleiste.
Die Dienstbarkeit habe sich im Jahr 1922 auf die ganze Breite des damaligen Weges bezogen, wobei ein Befahren des Weges mit Fahrzeugen aller Art nicht möglich gewesen sei und die von der Beschwerdeführerin behauptete Minimalbreite von 3 m nirgends als Zahl festgehalten sei; vielmehr sei aufgrund des Beweisverfahrens für die damalige Zeit von einer Breite des Weges von 2.2 m bis 2.4 m auszugehen. Seither sei der Weg mehrmals verbreitert worden und weise heute an der schmalsten Stelle eine Breite von 3.15 m auf. Das Bezirksgericht Uster habe nun zu Recht erwogen, dass für die Festlegung der Servitutsbelastung massgebend sei, dass der Zubringerdienst mit Fahrzeugen für Lieferanten, Taxis, Besucher, Krankenautos und öffentliche Dienste erfolgen könne, wobei von den verschiedensten zu berücksichtigenden Fahrzeugen jenes der Feuerwehr mit 2.43 m das breiteste sei. Mit der Festsetzung der Wegbreite auf 2.65 m habe die erste Instanz einerseits das Beweisergebnis über die ursprüngliche Breite des Weges und andrerseits die allgemeine Anschauung darüber berücksichtigt, welche Breite ein Weg bei den gegebenen Verhältnissen mindestens aufweisen müsse, um als erschliessungstauglich zu gelten.
Eine Unterschreitung von 2.65 m komme mangels Anschlussberufung aus formellen Gründen nicht in Frage.
a) Die Beschwerdeführerin beanstandet den Beschluss des Kassationsgerichtes, mit welchem das Urteil des Obergerichtes bestätigt worden war, in verschiedener Hinsicht als verfassungswidrig. In tatsächlicher Hinsicht wurde weder im Verfahren vor Kassationsgericht noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren bestritten, dass die Zufahrt zu den Grundstücken der Beschwerdeführerin bei der Begründung der Dienstbarkeit 2.2 bis 2.4 m breit gewesen sei. Ferner ist unbestritten geblieben, dass die Zufahrt seither mehrmals verbreitert worden und dass sie heute an ihrer schmalsten Stelle 3.15 m breit sei. Schliesslich ist unangefochten geblieben, dass von allen - für eine genügende Erschliessung zu berücksichtigenden - Fahrzeugen dasjenige der Feuerwehr mit einer Breite von 2.43 m das breiteste sei. Damit stehen die massgebenden tatsächlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der Rechtsfrage des Umfangs der Dienstbarkeit im konkreten Fall massgebend sind, unangefochten fest.
b) Mit ihrer staatsrechtlichen Beschwerde kritisiert die Beschwerdeführerin nicht die erwähnten tatsächlichen Feststellungen als verfassungswidrig, sondern macht geltend, dass bei der Festsetzung der Breite des Wegrechtes Bundesrecht unrichtig angewendet worden sei. Die Beanstandungen, das Obergericht sei bei der Festlegung des Umfangs der Dienstbarkeit in willkürlicher Weise von der ursprünglichen Breite des Weges ausgegangen und habe aus einer ungemessenen eine gemessene Dienstbarkeit gemacht, betreffen die Rechtsanwendung.
Die richtige Anwendung von Bundesrecht kann indessen nur im Berufungsverfahren überprüft werden (Art. 43 Abs. 1 OG).
Die staatsrechtliche Beschwerde steht nicht zur Verfügung (Art. 84 Abs. 2 OG). Dies gilt auch insoweit, als die Beschwerdeführerin dem Obergericht die Auffassung unterstellt, die heute massgebende Breite der Dienstbarkeit durch die ursprüngliche Wegbreite definiert zu haben und damit in Willkür verfallen zu sein.
c) Ebenso wenig ist auf die staatsrechtliche Beschwerde einzutreten, als die Beschwerdeführerin dem Kassationsgericht - zum Teil sinngemäss - eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorwirft, weil es sich nicht zu den erwähnten Beanstandungen am Urteil des Obergerichtes geäussert habe. Da es bei diesen Fragen um die richtige Anwendung von Bundesrecht geht, hat sich das Kassationsgericht dazu nicht zu äussern (§ 285 ZPO/ZH), so dass von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs von vornherein keine Rede sein kann.
4.- Im Unterschied zu den soeben erwähnten unzulässigen Rügen ist auf die staatsrechtliche Beschwerde insoweit einzutreten, als die Beschwerdeführerin die Meinung des Kassationsgerichtes für willkürlich hält, das Obergericht habe § 104 Abs. 2 GVG/ZH dadurch verletzt, dass es sich über die Rechtsauffassung des Kassationsgerichtes in dessen Rückweisungsentscheid hinweggesetzt habe, wonach für die Festsetzung des Umfangs der Dienstbarkeit die § 184 ff. EGZGB/ZH massgebend seien. Ob das Obergericht das kantonale Recht (§§ 184 ff. EGZGB), auf welches Bundesrecht verweist (Art. 740 ZGB), im Zusammenhang mit der Ermittlung des Inhalts einer Dienstbarkeit richtig angewendet hat, kann im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde überprüft werden (vgl. den analogen Fall zu Art. 688 ZGB in BGE 122 I 81 ff.).
a) Die Beschwerdeführerin hat im kantonalen Beschwerdeverfahren geltend gemacht, dass das Obergericht im Zusammenhang mit der Festsetzung des Umfangs der Dienstbarkeit entgegen den Anweisungen des Kassationsgerichtes nicht geprüft habe, was im Kanton Zürich als "Landessitte" und "Bedürfnis" im Sinn von § 188 EGZGB gelte, und dadurch in willkürlicher Weise gegen § 104 Abs. 2 GVG verstossen habe.
Dazu hat das Kassationsgericht im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass sich das Obergericht zu diesen beiden Kriterien ausgesprochen habe. Es habe festgehalten, dass das "Bedürfnis" in der hinreichenden Erschliessung bzw. Zufahrt zu den Grundstücken der Beschwerdeführerin liege; nach den "Landessitten" müsse angesichts des hohen Motorisierungsgrades der Bevölkerung die Erschliessung bzw. Zufahrt mit Motorfahrzeugen gewährleistet sein.
b) Diese Begründung ist nicht zu beanstanden. Nachdem sich das Obergericht in seinem ersten Urteil noch auf die vom Regierungsrat am 9. Dezember 1987 erlassenen Normalien über die Anforderungen an Zugänge abgestützt hatte, hat es im zweiten Urteil entsprechend den Anordnungen des Kassationsgerichtes auf die §§ 184 ff. EGZGB abgestellt. Wenn es dabei im Zusammenhang mit der Frage des "Bedürfnisses" und der "Landessitten" die gleiche Begründung verwendete wie im ersten Urteil, bedeutet dies keineswegs, dass die Anordnungen des Kassationsgerichtes in Verletzung von § 104 Abs. 2 GVG nicht berücksichtigt worden sind. Entscheidend ist, dass das Obergericht nach dem Rückweisungsbeschluss durch das Kassationsgericht nicht mehr auf die regierungsrätlichen Normalien abgestellt hat, sondern entsprechend der Anweisung in der Rückweisung einerseits in einem Beweisverfahren die ursprüngliche Ausdehnung des Wegrechtes bei seiner Begründung ermittelt und andrerseits die Frage abgeklärt hat, wie unter dem Gesichtspunkt der § 184 ff. EGZGB das Wegrecht heute zu verstehen sei. Wenn im Zusammenhang mit der Anwendung von § 188 EGZGB wiederum auf den "hohen Motorisierungsgrad der Bevölkerung" abgestellt wurde, ist dies nicht zu beanstanden. Von einer willkürlichen Verletzung von § 104 Abs. 2 GVG kann offensichtlich keine Rede sein.
c) Unter diesen Umständen ist die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten ist.
5.-Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da auf die Einholung einer Vernehmlassung verzichtet wurde, entfällt eine Entschädigungspflicht.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.-Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.-Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 9. März 2000
Im Namen der II. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: