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Original
 
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7B.29/2000/min
SCHULDBETREIBUNGS- UND KONKURSKAMMER
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8. März 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, Bundesrichter Weyermann,
Bundesrichterin Nordmann und Gerichtsschreiber Schett.
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In Sachen
Staat und Stadt Luzern, vertreten durch die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer sowie durch das Steueramt der Stadt, Beschwerdeführer, diese vertreten durch Rechtsanwalt Pius Huber, c/o Steuerverwaltung des Kantons Luzern, Buobenmatt 1, 6002 Luzern,
gegen
den Entscheid vom 21. Dezember 1999 des Obergerichts des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs,
betreffend
Lastenverzeichnis; Fristansetzung zur Klage, hat sich ergeben:
A.- Im Grundpfandverwertungsverfahren gegen die Baugenossenschaft X.________ betreffend das Grundstück Nr. .../GB Y.________ erstellte das Konkursamt Hochdorf namens des Betreibungsamtes Horw am 12. Mai 1999 das Lastenverzeichnis.
Darin wurde unter der Ordnungsnummer 05 eine Forderung der eine einfache Gesellschaft bildenden Baugenossenschaften O.________, P.________, Q.________ und R.________ von Fr. 5'704'444. 45 aufgenommen und festgehalten, diese Forderung sei durch eine nachverpfändete Inhaberobligation mit Pfandverschreibung im 5. Rang sichergestellt. Mit Eingabe vom 25. Mai 1999 an das Konkursamt Hochdorf bestritt die Steuerverwaltung des Kantons Luzern namens des Steueramtes der Stadt Luzern und der kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer im Sinne von Art. 140 Abs. 2 SchKG die Position 05 des Lastenverzeichnisses sowohl bezüglich Bestand der Forderung als auch bezüglich Pfandhaft. Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 setzte das Konkursamt Hochdorf der einfachen Gesellschaft Baugenossenschaften O.________, P.________, Q.________ und R.________ gestützt auf Art. 140 und 107 SchKG eine 20-tägige Frist, um auf Feststellung ihres Anspruchs zu klagen.
Eine von den Baugenossenschaften O.________, P.________, Q.________ und R.________ am 11. Juni 1999 beim Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Land eingereichte Beschwerde wurde am 7. September 1999 gutgeheissen und das Konkursamt Hochdorf angewiesen, bezüglich der Ordnungsnummer 05 des Lastenverzeichnisses die Frist zur Klage gemäss Art. 140 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 108 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 2 SchKG anzusetzen. Der von der Steuerverwaltung des Kantons Luzern als Vertreterin von Staat und Stadt Luzern am 20. September 1999 eingereichte Beschwerde-Weiterzug blieb erfolglos. Mit Entscheid vom 21. Dezember 1999 bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission) als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs die vom Amtsgerichtspräsidenten vorgenommene Verteilung der Parteirollen.
B.- Das Steueramt der Stadt Luzern und die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer des Kantons Luzern haben den obergerichtlichen Entscheid mit Beschwerde vom 26. Januar 2000 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen. Sie beantragen, der Entscheid des Obergerichts vom 21. Dezember 1999 sei aufzuheben.
Das Konkursamt Hochdorf sei anzuweisen, den Beschwerdegegnerinnen im Grundpfandverwertungsverfahren betreffend das Grundstück Nr. ..., GB Y.________, in Bezug auf die Ordnungsnummer 05 des Lastenverzeichnisses vom 12. Mai 1999 Frist zur Klage nach Art. 140 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 und Abs. 5 SchKG anzusetzen. Sodann ersuchen sie, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen. Mit Präsidialverfügung vom 31. Januar 2000 ist diesem Begehren entsprochen worden. Die Beschwerdegegnerinnen schliessen in ihrer Vernehmlassung vom 18. Februar 2000 auf Abweisung der Beschwerde.
Das Konkursamt Hochdorf hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
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1.- a) Das Obergericht führt aus, auf dem Grundstück Nr. .../GB Y.________ sei im 5. Rang eine Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung über Fr. 4'000'000.--, angegangen am 11. März 1991, eingetragen. Dass der Name der Beschwerdegegnerinnen im Grundbuch nicht erwähnt sei, spiele entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer keine Rolle, da die Obligation mit Grundpfandverschreibung vorliegend als Inhaberpapier ausgestaltet sei. Der Name des Berechtigten werde aus diesem Grund nicht ins Grundbuch eingetragen. Mutationen bei den Grundpfandgläubigern ergäben sich aussergrundbuchlich (B.
Trauffer, Die Grundpfandverschreibung im Rechtsverkehr, ZBGR 79 [1998], S. 19 f.). Es müsse deshalb möglich sein, die Gläubigereigenschaft bezüglich der Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung anderweitig nachzuweisen. Aus der Forderungseingabe der Luzerner Kantonalbank vom 6. April 1999 ergebe sich, dass die Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung der Luzerner Kantonalbank durch die Baugenossenschaft X.________ als zusätzliche Sicherheit verpfändet worden sei. Die Vorinstanz fährt fort, die Luzerner Kantonalbank weise ausdrücklich darauf hin, dass die Baugenossenschaft X.________ die Inhaberobligation gemäss deren Schreiben vom 4. März 1999 an die Beschwerdegegnerinnen verkauft habe. Letztere wiesen zudem eine Vereinbarung vom 1. März 1999 über den Verkauf der Inhaberobligation durch die Baugenossenschaft X.________ vor sowie eine Besitzanweisung an die Luzerner Kantonalbank, den Titel nach Befriedigung ihrer Forderung einem nachgehenden Pfandgläubiger oder der Baugenossenschaft R.________ auszuhändigen. Damit sei die Gläubigereigenschaft der Beschwerdegegnerinnen für das vorliegende Verfahren genügend ausgewiesen. Das treffe umso mehr zu, als es sich bei der Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung um ein Inhaberwertpapier handle, die Übertragung somit durch formlose Übergabe des Titels erfolge und keine schriftliche Abtretungserklärung nötig sei (Trauffer, a.a.O., S. 27). Die Beschwerdegegnerinnen könnten sich somit auf einen Anspruch berufen, der im Grundbuch eingetragen sei.
b) Die Beschwerdeführer werfen der oberen Aufsichtsbehörde vor, sie habe das im schweizerischen Grundpfandrecht vorherrschende Akzessorietätsprinzip missachtet und verkannt, dass ein Anwendungsfall von Art. 815 ZGB, also eine leere Pfandstelle vorliege. Sodann werde in BGE 110 III 87 E. 2c S. 92 ausgeführt, mit Bezug auf den Gewahrsam bei einer Drittansprache müsse für die Prozessrollenverteilung nach Art. 106 - 109 SchKG auf den Zeitpunkt der Pfändung abgestellt werden, und unter Umständen auf den Zeitpunkt der Arrestierung, wenn die Pfändung infolge einer Arrestbetreibung erfolgt sei. Das Obergericht erwägt in dieser Hinsicht, der Arrest vom 27. Mai 1997 habe lediglich das Grundstück Nr. .../GB Y.________, nicht jedoch die Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung betroffen. Es sei der Baugenossenschaft X.________ wie auch allfälligen anderen Gläubigern aus diesem Grund nicht verwehrt gewesen, diesen Titel abzutreten oder zu verkaufen. Neue Grundpfandrechte habe die Baugenossenschaft X.________ nicht errichtet, da die Inhaberobligation im 5. Rang bereits 1991, also lange vor dem Arrest errichtet worden sei.
Diese Auffassung steht im Widerspruch zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Mit dem am 27. Mai 1997 erfolg- ten Arrest verlor die Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung hinsichtlich des frei verfügbaren Teils die Eigenschaft eines selbstständig pfändbaren Aktivums des Schuldners; der Titel hat nunmehr einzig noch die Funktion, eine auf dem Grundstück ruhende Last zu verkörpern (BGE 104 III 15 E. 2b S. 17; vgl. auch BGE 113 III 144 E. 4c S. 147 und Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 3. Aufl. 1984, § 23 N. 30, S. 291/ 292). Die gestützt auf den am 4. März 1999 erfolgten Kauf der Inhaberobligation ins Lastenverzeichnis aufgenommene Forderung der Beschwerdegegnerinnen (Ordnungs-Nr. 05) im Betrag von Fr. 5'704'444. 45 ist deshalb fragwürdig. Beim Streit um die Prozessrollenverteilung im Widerspruchsverfahren nach Art. 106-109 SchKG hat sich die Rechtsprechung im Falle einer Drittansprache bei einer Pfändung ganz klar dafür ausgesprochen, dass sich der Gewahrsam nach dem Zeitpunkt der Pfändung bestimme (BGE 110 III 87 E. 2c S. 92; 80 III 115). Gegebenenfalls müsse man auf einen früheren Zeitpunkt abstellen, nämlich auf den Zeitpunkt der Arrestierung, wenn die Pfändung infolge einer Arrestbetreibung erfolgt sei. Im Grunde komme es nur auf den Zeitpunkt an, in dem der Betriebene die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache verliere, sei es aufgrund der Pfändung (Art. 96 SchKG), sei es aufgrund eines Arrestes (Art. 275 SchKG), welcher für den Vollzug des Arrests auf die Vorschriften bei der Pfändung verweist. Diese Regel ist nunmehr sinngemäss auch beizuziehen, wenn es gilt, den massgeblichen Zeitpunkt des Gewahrsams am strittigen Grundpfandtitel zu bestimmen. Am 27. Mai 1997, als das Grundstück Nr. .../GB Y.________ mit einem Arrest belegt wurde, war die Inhaberobligation mit Grundpfandverschreibung unbestrittenermassen im Gewahrsam der Luzerner Kantonalbank.
Dieser Grundpfandtitel ist im Grundbuch im 5. Rang eingetragen.
Nicht im Grundbuch, lediglich im Lastenverzeichnis unter der Ordnungs-Nr. 05 eingetragen ist dieser Grundpfandtitel als Sicherheit zu Gunsten der Beschwerdegegnerinnen.
Als die Baugenossenschaft X.________ die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Grundstück infolge der Arrestlegung verlor, konnten die Beschwerdegegnerinnen sich keinen Gewahrsam mehr an der Inhaberobligation verschaffen; ihr Recht ergibt sich auch nicht aus dem Grundbuch. Art. 39 VZG bestimmt, beim Streit über ein im Grundbuch eingetragenes Recht, dessen Bestand oder Rang vom Eintrag abhänge, sei die Klägerrolle demjenigen zuzuweisen, der eine Abänderung oder die Löschung des Rechtes verlange. Auch diese Bestimmung ist eine Einzelanwendung des Grundsatzes, dass bei der Auseinandersetzung über Rechte an Grundstücken derjenige zur Klage aufzufordern ist, dessen Rechtsbehauptung den Eintragungen im Grundbuch zuwiderläuft (BGE 72 III 44 S. 48/49). Da sich das Recht der Beschwerdegegnerinnen nicht aus dem Grundbuch ergibt, ist die Klägerrolle nach Massgabe von Art. 39 VZG vorgezeichnet, d.h.
sie fällt ihnen zu, weshalb der angefochtene Entscheid aufzuheben ist.
2.- Da der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt wurde, wird das Konkursamt Hochdorf angewiesen, die Frist zur Klage neu gemäss Art. 140 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG den Beschwerdegegnerinnen anzusetzen (BGE 123 III 330).
3.- Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 1 GebVSchKG).
Demnach erkennt
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
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1.- a) Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 21. Dezember 1999 wird aufgehoben.
b) Das Konkursamt Hochdorf wird angewiesen, im Grundpfandverwertungsverfahren betreffend Grundstück Nr. .../GB Y.________, den Beschwerdegegnerinnen bezüglich der Ordnungs-Nr.
05 des Lastenverzeichnisses vom 12. Mai 1999 die Frist zur Klage gemäss Art. 140 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG neu anzusetzen.
2.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, vertre-ten durch Rechtsanwalt Pius Huber, c/o Steuerverwaltung des Kantons Luzern, Buobenmatt 1, 6002 Luzern, der Beschwerdegegnerin (Baugenossenschaften O.________, P.________, Q.________ und R.________, als einfache Gesellschaft, vertreten durch Advokat Dr. Fabrizio Gabrielli, Advokaturbüro Gfeller Christen Hentz, Kirschgartenstrasse 7, Postfach 257, 4010 Basel), dem Konkursamt Hochdorf, Hübelistrasse 18, 6020 Emmenbrücke 2, dem Betreibungsamt Horw, Schulhaus Hofmatt, Postfach 163, 6048 Horw, und der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 8. März 2000
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: