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Original
 
[AZA]
I 560/99 Vr
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
Gerichtsschreiber Condrau
Urteil vom 25. Januar 2000
in Sachen
B.________, 1953, Beschwerdeführer, vertreten durch den
Verband X.________,
gegen
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, Bern, Beschwerde-
gegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
A.- B.________, geboren 1953, Elektromonteur, erlitt
am 21. Juni 1993 eine Fräsenverletzung mit Sehnendurch-
trennung an der linken Hand. Der postoperative Verlauf war
komplikationslos; ab 18. August 1993 arbeitete der Ver-
sicherte wieder zu 50 % und ab 30. August 1993 zu 100 %. Am
20. Dezember 1995 musste an der rechten Hand ein Handge-
lenksganglion operativ entfernt werden. Am 20. August 1996
bewilligte die IV-Stelle Bern dem Versicherten zur Abklä-
rung der Eingliederungs- und Arbeitsfähigkeit einen Aufent-
halt in der Genossenschaft Y.________. Sodann sprach ihm
die IV-Stelle mit Verfügung vom 19. Dezember 1996 eine
Intensivausbildung im Elektronikbereich bei der Genossen-
schaft Y.________ zu. Nach Abschluss dieser Ausbildung
lehnte die IV-Stelle Bern weitere berufliche Massnahmen und
den Anspruch auf eine Rente ab; falls der Versicherte eine
Arbeitsstelle finde, stellte sie dem Versicherten für eine
allfällige invaliditätsbedingte Einarbeitungszeit weitere
Leistungen in Aussicht (Verfügung vom 28. November 1997).
B.- Eine gegen die Verfügung vom 28. November 1997
erhobene Beschwerde mit den Anträgen, es sei eine ganze,
eventuell eine halbe Rente zuzusprechen, subeventuell seien
weitere berufliche Massnahmen zu gewähren, wies das Verwal-
tungsgericht des Kantons Bern am 20. Juli 1999 ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________
beantragen, es seien berufliche Massnahmen zu bewilligen.
Die IV-Stelle Bern beantragt Abweisung der Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialver-
sicherung lässt sich nicht vernehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Gemäss Art. 17 Abs. 1 IVG hat der Versicherte
Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit,
wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und
dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder
wesentlich verbessert werden kann. Nach der Rechtsprechung
ist unter Umschulung grundsätzlich die Summe der Eingliede-
rungsmassnahmen berufsbildender Art zu verstehen, die not-
wendig und geeignet sind, dem vor Eintritt der Invalidität
bereits erwerbstätig gewesenen Versicherten eine seiner
früheren annähernd gleichwertige Erwerbsmöglichkeit zu ver-
mitteln. Dabei bezieht sich der Begriff der "annähernden
Gleichwertigkeit" nicht in erster Linie auf das Ausbil-
dungsniveau als solches, sondern auf die nach erfolgter
Eingliederung zu erwartende Verdienstmöglichkeit. In der
Regel besteht nur ein Anspruch auf die dem jeweiligen Ein-
gliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen,
nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmög-
lichen Vorkehren. Denn das Gesetz will die Eingliederung
lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall
notwendig, aber auch genügend ist (BGE 124 V 109 Erw. 2a
mit Hinweisen).
Zu den notwendigen und geeigneten Eingliederungsmass-
nahmen berufsbildender Art zählen alle zur Eingliederung
ins Erwerbsleben unmittelbar erforderlichen Vorkehren.
Deren Umfang lässt sich nicht in abstrakter Weise festle-
gen, indem ein Minimum an Wissen und Können vorausgesetzt
wird und nur diejenigen Massnahmen als berufsbildend an-
erkannt werden, die auf dem angenommenen Minimalstand auf-
bauen. Auszugehen ist vielmehr von den Umständen des kon-
kreten Falles. Der Versicherte, der infolge Invalidität zu
einer Umschulung berechtigt ist, hat Anspruch auf die ge-
samte Ausbildung, die in seinem Fall notwendig ist, damit
die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder wesent-
lich verbessert werden kann (BGE 124 V 110 Erw. 2a mit
Hinweisen).
Der Umschulungsanspruch setzt eine Invalidität oder
die unmittelbare Bedrohung durch eine solche voraus (Art. 8
Abs. 1 IVG). Als invalid im Sinne von Art. 17 IVG gilt, wer
nicht hinreichend eingegliedert ist, weil der Gesundheits-
schaden eine Art und Schwere erreicht hat, welche die Aus-
übung der bisherigen Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise
unzumutbar macht. Dabei muss der Invaliditätsgrad ein be-
stimmtes erhebliches Mass erreicht haben; nach der Recht-
sprechung ist dies der Fall, wenn der Versicherte in den
ohne zusätzliche berufliche Ausbildung noch zumutbaren Er-
werbstätigkeiten eine bleibende oder längere Zeit dauernde
Erwerbseinbusse von etwa 20 Prozent erleidet (BGE 124 V 110
Erw. 2b mit Hinweisen).
2.- Der Beschwerdeführer beantragt die Übernahme der
Umschulung vom Elektromonteur zum Schwachstromtechniker.
a) Der Beschwerdeführer lässt sinngemäss vorbringen,
die Verfügung vom 28. November 1997 stelle soweit sie be-
rufliche Massnahmen betreffe, eine Wiedererwägungs- bzw.
eine Revisionsverfügung dar, für welche die Wiedererwä-
gungs- bzw. Revisionsvoraussetzungen nicht gegeben seien,
weshalb er nach wie vor Anspruch auf berufliche Massnahmen
habe. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Der
Beschwerdeführer kann aus der Verfügung vom 19. Dezember
1996 keine weiteren Ansprüche ableiten, weil die Intensiv-
ausbildung im Elektronikbereich eine in sich abgeschlossene
und zeitlich limitierte berufliche Massnahme darstellte.
b) Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass dem
Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht eine ganztägige
leichtere Arbeit im angestammten oder in einem verwandten
Beruf möglich wäre. Dem Schlussbericht der Genossenschaft
Y.________ vom 12. August 1997 ist zu entnehmen, dass der
Beschwerdeführer dank seiner Polyvalenz nebst der Beschäf-
tigung mit Lehrganggeräten auch in der Produktion von Elek-
tro- und Elektronikapparaten verantwortungsvolle Arbeiten
ausführen konnte. Diese Art von Arbeiten würden sich im
Hinblick auf seine körperlichen Einschränkungen als auch
bezüglich seiner Fähigkeiten optimal eignen. Aufgrund der
grösseren Erfahrung auf dem Starkstromgebiet bevorzuge der
Beschwerdeführer verständlicherweise Verdrahtungsarbeiten
sowie Steuerungs- und Schalttafelbau mit wenig Elektronik.
Die IV-Stelle konnte dem Beschwerdeführer ab 5. Mai 1997
bei der J.________ AG einen dreiwöchigen Schnupperversuch
vermitteln. In dieser Firma konnte er Steuerungen ver-
drahten, löten, Printplatten bestücken, Kabelkontrolle
durchführen usw. Dabei wurden der Bereich Schalttafelbau
und eine 100 %ige Tätigkeit bei Verdrahtungs- und Montage-
arbeiten als Einsatzmöglichkeiten gesehen (Schlussbericht
der IV-Stelle vom 28. August 1997).
Der Beschwerdeführer ist folglich vielseitig einsetz-
bar, wobei er einen ansehnlichen Teil seiner Kenntnisse als
Elektromonteur anwenden kann. Die Genossenschaft Y.________
hält in ihrem Schlussbericht abschliessend fest, weitere
berufliche Massnahmen wie z.B. eine dreijährige Volllehre
als Elektronikmonteur erachte sie als wenig sinnvoll, weil
sich die Verdienstaussichten kaum verbessern würden.
Den medizinischen und beruflichen Schlussfolgerungen
entspricht der von der Vorinstanz zutreffend vorgenommene
Einkommensvergleich, der eine Erwerbseinbusse und somit
eine Invalidität von höchstens 10 % ergibt.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Be-
schwerdeführer keinen Umschulungsanspruch besitzt. Daran
vermögen auch die weiteren Einwände nichts zu ändern.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungs-
gericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrecht-
liche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 25. Januar 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: