Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
{T 7}
I 479/99 Hm
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer;
Gerichtsschreiberin Hofer
Urteil vom 17. Januar 2000
in Sachen
IV-Stelle Zug, Baarerstrasse 11, Zug, Beschwerdeführer,
gegen
F.________, 1937, Beschwerdegegner,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug
A.- Der 1937 geborene F.________ leidet an hochgradi-
ger Innenohrschwerhörigkeit und wurde deswegen von der Aus-
gleichskasse des Kantons Zug mit einem Hörgerät versorgt.
Da das alte Gerät nicht mehr den heutigen Anforderungen
entsprach, ersuchte er um Neuversorgung. Mit Verfügung vom
23. November 1998 sprach ihm die IV-Stelle Zug die leih-
weise Abgabe zweier Hörgeräte "Widex Senso C9-T" im Betrag
von Fr. 5336.- zu.
B.- Beschwerdeweise beantragte F.________ die Über-
nahme der gesamten Kosten von Fr. 6243.-. Das Verwaltungs-
gericht des Kantons Zug hiess die Beschwerde mit Entscheid
vom 31. Mai 1999 insofern gut, als es die Verwaltungsver-
fügung aufhob und die Sache zur ergänzenden Abklärung des
Sachverhalts an die IV-Stelle zurückwies.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst die
IV-Stelle auf Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids
und Bestätigung ihrer Verfügung vom 23. November 1998;
eventuell sei die Sache zur Festsetzung des Leistungsan-
spruchs an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während F.________ Abweisung der Verwaltungsgerichts-
beschwerde beantragt, schliesst das Bundesamt für Sozial-
versicherung (BSV) auf deren Gutheissung. Das Verwaltungs-
gericht des Kantons Zug nimmt in abweisendem Sinne Stel-
lung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach der Rechtsprechung stellt der Rückweisungs-
entscheid einer Rekursinstanz eine im Sinne von Art. 128 in
Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 VwVG mit Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versiche-
rungsgericht anfechtbare Endverfügung dar (BGE 120 V 237
Erw. 1a mit Hinweisen). Auf die Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde ist demnach einzutreten.
2.- Die Vorinstanz hat die hier massgebenden gesetz-
lichen und verordnungsmässigen Bestimmungen über den An-
spruch auf Hilfsmittel (Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG; Art. 2
Abs. 1, 3 und 4 HVI) zutreffend dargelegt. Darauf kann ver-
wiesen werden. Nach Ziff. 5.07 HVI-Anhang (in der seit
1. Januar 1993 gültigen Fassung) gibt die Invalidenver-
sicherung Hörgeräte ab bei Schwerhörigkeit, sofern das Hör-
vermögen durch ein solches Gerät namhaft verbessert wird
und Versicherte sich wesentlich besser mit der Umwelt ver-
ständigen können.
Die versicherte Person hat in der Regel nur Anspruch
auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen,
notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebe-
nen Umständen bestmöglichen Vorkehren. Denn das Gesetz will
die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als
diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist. Fer-
ner muss der voraussichtliche Erfolg einer Eingliederungs-
massnahme in einem vernünftigen Verhältnis zu ihren Kosten
stehen (BGE 124 V 110 Erw. 2a, 121 V 260 Erw. 2c, je mit
Hinweisen).
3.- Es steht ausser Frage, dass der Beschwerdegegner
an Schwerhörigkeit leidet und demzufolge Anspruch auf zwei
Hörgeräte mit Selbstregulierung hat. Streitig ist, in wel-
chem Umfang die Kosten des angeschafften Geräts von der
Invalidenversicherung zu übernehmen sind.
a) Die IV-Stelle lehnt die vollständige Kostenübernah-
me ab mit der Begründung, weil die Versorgung grundsätzlich
einfach und zweckmässig zu erfolgen habe, die angepassten
Hörgeräte jedoch einer bestmöglichen Versorgung entsprä-
chen, könne eine Kostenvergütung nur nach Tarif 62.15 und
nicht nach Tarif 62.17 erfolgen. Nicht jedes Hörgerät sei
je nach Situation des Versicherten einfach und zweckmässig.
Vielmehr handle es sich bei Geräten der Tarifposition 62.17
schon zum Vornherein um solche mit verschiedenen Spezial-
funktionen und Technologien im Sinne einer bestmöglichen
Versorgung, weshalb sie in der Regel die Voraussetzung der
Einfachheit und Zweckmässigkeit übersteigen würden. Falls
solche Geräte unter ganz bestimmten Voraussetzungen trotz-
dem zu übernehmen seien, müsse der Facharzt ausdrücklich
darauf hinweisen, was mit Bezug auf die vom Beschwerdegeg-
ner beantragten Hörgeräte nicht der Fall sei. Vielmehr habe
Dr. med. S.________ eine binaurale Versorgung im Sinne der
Basisversorgung in einfacher und zweckmässiger Form unter-
stützt (Berichte vom 21. November 1997 und 17. Januar
1998). Ein Gerät ohne digitale Signalverarbeitung und
Multimikrofontechnologie vermöge diesen Ansprüchen zu genü-
gen.
b) Das kantonale Gericht ging demgegenüber davon aus,
der Facharzt habe sich zur Frage, ob beim Beschwerdegegner
eine wesentlich bessere Versorgung nötig sei, nicht in
nachvollziehbarer Weise geäussert. Zwar habe sich Dr. med.
S.________ klar für eine binaurale Versorgung ausgespro-
chen, ohne jedoch eine Antwort darauf zu geben, ob für die
Ausübung der Erwerbstätigkeit eine digitale Signalverarbei-
tung, die Multikanal- und die Multimikrofontechnologie
erforderlich seien. Es wies daher die Sache zur Klärung
dieses Punktes an die Verwaltung zurück.
c) Gemäss Rz 5.07.8 der vom BSV herausgegebenen Weg-
leitung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invali-
denversicherung (WHMI) in der seit Januar 1993 gültigen
Fassung werden Hörgeräte, deren Anschaffungskosten die
Kostenlimiten übersteigen, nur dann zu Lasten der Invali-
denversicherung abgegeben, wenn keine preisgünstigeren
Geräte den Anforderungen zu genügen vermögen; die Schluss-
expertise hat sich darüber auszusprechen. Wählen Versicher-
te ein Gerät, dessen Kaufpreis über demjenigen der Modell-
gruppe liegt, die nach Ansicht der Experten oder Akustiker
den Anforderungen genügen würden, so haben sie gemäss
Rz 5.07.9 WHMI das Hilfsmittel selber anzuschaffen und die
Mehrkosten zu tragen. Nach dem IV-Rundschreiben 125 vom
14. August 1997 betreffend die einfache und zweckmässige
Hörgeräteversorgung können Hörgeräte der Tarifpositionen
60.11 bis 60.17 ohne besondere Begründung durch Fachärzte
abgegeben werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in
Einzelfällen nicht auch Geräte einer höheren Tarifposition
abgegeben werden dürften. Zweifelt die IV-Stelle in einem
solchen Fall jedoch an der Einfachheit und Zweckmässigkeit
einer Versorgung, muss sie vom Arzt eine entsprechende
Begründung verlangen. Ist diese nicht nachvollziehbar, dür-
fen die Mehrkosten nicht übernommen werden.
Nach mehrmonatigen Versuchen mit den HdO-Geräten
"Widex Senso C9-T" nahm Dr. med. S.________ die Schlusskon-
trolle vor. Gemäss Bericht vom 17. Januar 1998 resultierte
bei der Messung mit und ohne binaurale Versorgung ein
durchschnittlicher Hörgewinn von über 20 dB, bei deutlicher
Verbesserung der Diskrimination. Des Weitern führt der Spe-
zialarzt aus, auf Grund der subjektiven Angaben des Ver-
sicherten und der objektiven audiometrischen Messresultate
werde Kostenübernahme der binauralen Versorgung im Sinne
der Basisversorgung in einfacher und zweckmässiger Form
beantragt. Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass nicht
genau ersichtlich ist, was der Arzt mit dieser Aussage
meint. Mangels einer begründeten Stellungnahme kann nicht
schlüssig beurteilt werden, ob die zur Diskussion stehenden
oder allenfalls welche anderen Hörgeräte aus medizinischer
Sicht unter Berücksichtigung der vom Versicherten ausgeüb-
ten Tätigkeit die Voraussetzung der Einfachheit und Zweck-
mässigkeit erfüllen. Der vorinstanzliche Rückweisungsent-
scheid lässt sich unter diesen Umständen nicht beanstanden.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge-
richt des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozial-
versicherung zugestellt.
Luzern, 17. Januar 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: